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Sea+Air im Interview

Funky Cembalo

Sea+Air, das sind Eleni und Daniel Benjamin, „immer nur zu zweit“, wie sie betonen, „aber jedes verfügbare Körperteil spielt ein anderes Instrument, daher klingen wir wie eine ganze Band.“
Zum Instrumentarium von Sea+Air gehört auch ein Cembalo. Johann Sebastian Bach lässt grüßen. Am 6. März spielen sie im neu gestalteten Café von Sankt Peter in Frankfurt. Der Start einer neuen Konzertreihe und die richtige, weil intime Rahmen, neue Musik zu entdecken. Im Gespräch stellt sich das Ehepaar vor.

Das Cembalo - wie kommt man zu einem Renaissance-Instrument, dass mit Barock und Bach assoziiert wird und traut sich, so ein fragiles Teil mit auf Tournee zu nehmen?
Das Cembalo ist ein Familienerbstück. Es stand ne Weile in unserem Wohnzimmer. Dann kam die weiße Frau. Ein Wesen, das sein Unwesen im Dorf treibt. Normalerweise ruft sie um Hilfe und lockt Männer in den Wald. Dort finden nur die Wenigsten ihren Weg heraus. Sie zog bei uns ein und ließ nicht mehr vom Cembalo ab. Seitdem verlässt sie nicht mehr unser Haus. Also mussten wir dem Cembalo die weiße Frau austreiben, indem wir es mit auf Tour nahmen. Und es erweist sich bisher als ziemlich robust. Das Teil hat schon 350 Konzerte aufm Buckel. Und bevor wir es nutzten war es mit seinem ehemaligen Besitzer auch schon auf Tour. Reisen scheint seine Lieblingsbeschäftigung zu sein. Außerdem schätzen wir den rockigen Klang des Instruments. Spielt sich wie ein Klavier, hört sich jedoch wie ne Gitarre an, da die Saiten angezupft werden. Funky.

Aktuell widmet sich das Projekt des Jazzpianisten Michael Wollny, die Wunderkammer, auch dem Harpsichord. Tatsächlich gibt es so einige Songs in der Popgeschichte mit Cembalo. Beatles, Tori Amos, Björk. Fühlt man sich in dieser Gesellschaft wohl?
Keine Ahnung. Sind diesen Leuten noch nie begegnet. Außerdem haben die meisten davon ein paar Lieder auf dem Cembalo geschrieben, aber nicht ein ganzes Album. Aber wenn wir Tori Amos mal streichen und stattdessen Kate Bush reinnehmen und Scott Walker noch hinzufügen, wäre das die Gesellschaft der Genies. Dann könnte man meinen, dass jedes Genie schon mal ein Cembalo verwendet hat. Aber ob wir zur Genie - Gesellschaft oder zur Schön - Wärs Gesellschaft gehören entscheidet sich erst in ein paar Jahrzehnten.

Kammermusik, Melancholie, Heartsickness (steckt ja auch in dem vielschichtigen Albumtitel), musikalisches "Kunsthandwerk", das mögen was eure Musik betrifft. Aber ihr scheint ja nach dem Prinzip zu agieren, kein kalt ohne heiß, kein schwarz ohne weiß, siehe auch die Wertepärchen auf eure facebook-auftritt: rhythm + melody / new + age / greece + germany. Ihr bewegt euch zwischen kunstvollen Balladen und geschmackvollen Tempo-Songs. Also auch keine Angst vor purem Pop?
Wir lieben Extreme und wir lieben Popmusik. Kommt von populär. Und genau das wollen wir: ein möglich großes Publikum mit unserer Musik zu begeistern ohne uns musikalisch zu verstellen. Sonst könnten wir ja daheim bleiben und der weißen Frau unsere Songs vorspielen.

Welche Stilmittel sind für euch relevant: auch Folk (gibt es tatsächlich was spezifisch Griechisches im Sound), Singer/Songwriter-Traditionen, Art Rock?
Die ganz simple Grundformel: in jeder Musikrichtung gibt 1% Genie und 99% Gähnie. Wir waren grundsätzlich als Hörer immer am einen Prozent interessiert. Um das zu finden muss man sich leider oft wochenlang durch die 99 quälen. Für dieses Album haben wir den Versuch gewagt, klassische Melodieverliebtheit mit Stadionrock der Scorpionsschule zu vermischen. Zwei deutsche Kulturgüter also. Plus griechisches Rhythmusverständnis ergibt das eine Hälfte unseres Klangs. Die andere Hälfte ist einfach nur SEA + AIR: Musik die in uns steckt und unbeeinflusst rauskommt.

Mit eurem Konzert in Frankfurt wird auch eine Reihe Cafékonzerte in der Sankt Peter-Kirche gestartet. In Darmstadt veranstalten euch die bedroomdisco-Veranstalter (Wohnzimmerkonzert-Spezialisten), tv noir stand auf eurer Agenda – wie wichtig sind diese intimeren Locations für anspruchvollere Acts?
Intime Locations sind eine Art Reifeprüfung. Die Leute hören dich ungefiltert. Wenn man Schnupfen hat hören sie dich die Nase hochziehen, egal wie weit du dich vom Mikrofon wegdrehst. Wenn du die Nase nicht hochziehst, sehen sie sie tropfen. Und wenn die Songs gut sind, ist beides egal. Warum diese Art Konzerte momentan so populär sind liegt daran, dass man dieses Gefühl nicht runterladen kann. Man kann Alben runterladen, man kann Live - DVDs von großen Shows auf dem Sofa anschauen, aber man kann den ursprünglichen Folkgedanken, dass Musik da stattfinden sollte, wo Menschen leben nicht faken. Wir glauben fest an die Rückkehr des Albums und der aufrichtigen großen Shows, aber erstmal muss sich die Spreu vom Weizen trennen, Musik wieder gefährlich und unvorhersehbar werden und die Musikszene von Enthusiasten zurückerobert werden.

Sea + Air wie Sie und Er (by the way – Ist das ein Homonym? Frage an die Griechin), stehen darüber hinaus auch die Elemente Wasser und Luft für die beiden Charaktere in der (musikalischen) Beziehung?
Die Griechin sagt: Ja. Der Deutsche ist von der Schule geflogen weil er immer Musik gemacht hat anstatt zu pauken und kennt sich in Fremdwörtern nicht so aus. Dass Sea aus der Mittelmeerregion und Air aus den süddeutschen Bergen kommt passt sehr gut zur musikalischen Beziehung. Unterschiedlicher können zwei Charaktere nicht sein und genau das erzeugt die Spannung und Unvorhersehbarkeit in der Musik.

In welcher Besetzung spielt ihr live?
Immer nur zu zweit. Jedes verfügbare Körperteil spielt ein anderes Instrument, daher klingen wir wie eine ganze Band.
 
20. Februar 2013, 10.07 Uhr
Interview: Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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