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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Jürgen von Nazareth im Stalburg

Wer nix wird, wird Messias

Der Vater ist Zimmermann, die Mutter Jungfrau und der Sohn - taugt nix. In seinem Theaterstück "Jürgen von Nazareth" erzählt Michi Herl eine altbekannte Geschichte neu: mit Skyline-Kulisse und Apple-Laptop.
Der Wickeltisch Herodes kam nicht so gut an. Auch nicht der Esstisch Judas für 13 Personen. Also muss Zimmermann Josef (Heinz Harth) Ikea-Regale nachbauen und zu Dumpingpreisen verhökern. Und während sich der Papa abrackert, um für seine dreiköpfige Familie zu sorgen, hängt Sohn Jürgen nur in seiner Krippe rum und lässt sich von Mutter Maria (Matthias Scheuring als bärtige Jungfrau) betüdeln - ein Wurstbrot hier, ein Kaffee da - und das geht schon seit über 30 Jahren so.

Willkommen bei Familie von Nazareth. Schrecklich nett und dysfunktional.
Jürgen (Philip Hunscha), wie er so den ganzen Tag apathisch dasitzt, weltfremd guckt und auf seinem Laptop herumtippt, bringt seine Eltern zur Verzweiflung. Sie haben keine Ahnung, was er den ganzen Tag so treibt. Ständig kommen Postboten und bringen Briefe aus aller Welt, vom König von Arabien, vom US-Präsidenten und vom Papst - und können sich nicht erklären, was das soll. Vor allem, als sie die Matratze voller Geld finden.

Vielleicht sollten sie einfach mal fragen statt sich nur Gedanken zu machen und miteinander zu spekulieren, wie sie es die meiste Zeit über tun. Aber in einer dysfunktionalen Familie ist eben klassischerweise die Kommunikation gestört und so reden Vater und Mutter nicht nur aneinander, sondern auch am Sohn vorbei, bis sich gegen Ende endlich mal der Vater aufrafft und den Sohn zur Rede stellt. "Das würdet ihr nicht verstehen", sagt Jürgen. Und tatsächlich ist es schwer zu begreifen, dass der ungelernte Tagedieb, der Nichtsnutz und Gammler doch zu etwas gut ist, eine "Inselbegabung" hat, für das ihm Menschen auf der ganzen Welt - und jenseits davon - dankbar sind. Wer nichts wird, wird halt Messias.

Stalburg-Leiter Michael Herl geht in seinem Stück "Jürgen von Nazareth" der Frage nach, die sich viele Bibelleser schon gestellt haben: Wie kommen die Eltern damit klar, wenn ihr Sohn keinem klassischen Beruf nachgeht, sondern eine außerordentliche Karriere am Rande der Gesellschaft anstrebt? So modernisiert der Autor die altbekannte Jesus-Geschichte in der Tradition von Monty Pythons "Das Leben des Brian". Die Adaption hat einen hohen Wiedererkennungswert und schlägt doch die Brücke in die Gegenwart, wie etwa mit einer Frankfurter Skyline-Kulisse und Requisiten wie einem Apple-Laptop.

Dabei geht es albern zu, kalauerhaft und auch mit ein bisschen Fäkalhumor. Nicht unbedingt blasphemisch, aber dass bei dem ein oder anderen Sensibelchen "religiöse Gefühle" verletzt werden könnten, ist nicht auszuschließen. Wer in der Adventszeit oder gar an Weihnachten mal einen etwas anderen Jesus sehen will, könnte hier auf seine Kosten kommen. Und schließlich regt es auch ein wenig zum Grübeln an. Denn nach anderthalb Stunden bleibt die quälendste aller existenziellen Fragen offen: Was ist die Mehrzahl von Post?

"Jürgen von Nazareth" wurde bereits in Dresden und in Göttingen inszeniert. Das Stalburg Theater bringt es im Zelt "Spektaculatium" an der Bockenheimer Warte auf die Bühne. Noch bis Ende Dezember ist es in Frankfurt zu sehen.

>> Jürgen von Nazareth, Spektakulation, Bockenheimer Warte, bis 30.12., 32-35 Euro. Karten gibt es hier.
 
11. Dezember 2014, 12.00 Uhr
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