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Dosch@Berlinale 2013 – Teil 4

Ein Platz für Tiere

In Berlin steppt immer der Bär und derzeit vor allem der cineastische. Der Kinoredakteur des JOURAL FRANKFURT, Andreas Dosch, weilt in der Hauptstadt und berichtet von der Berlinale und potentiellen Preisträgern.
Jetzt geht sie also für dieses Jahr langsam zu Ende, die Zeit der fröhlichen Bärenhatz. Am Samstagabend wird das Vieh geschlachtet, und wer das beste Stück davon abbekommt, ja, darüber kann momentan nur spekuliert werden. Eine Lieblingsbeschäftigung der Anwesenden bei jeder Berlinale – manch einer weiß bereits am zweiten Tag, wer die Preisträger sein werden.

Ich persönlich befürchte jetzt mal, dass das strenge „Eine Frau leidet“-Drama „Camille Claudel 1915“ des kunstbeflissenen Franzosen Bruno Dumont ganz vorne landen wird. Dass man der Hauptdarstellerin des chilenischen „Eine ältere Frau will nicht mehr leiden“-Dramas „Gloria“, Paulina García ihr Name, eine Trophäe in die Hände drückt. Und dass die allegorische Selbstreflektion „Paradé“ des nach wie mit Berufsverbot belegten Iraners Jafar Panahi diverse Solidaritätspreise abräumen wird – schon allein aus dem Grund, dass er es geschafft hat, einen Film zu drehen, obwohl er das eigentlich gar nicht darf. Selbst wenn kein Schwein die Handlung kapiert hat: Hier geht es um Politik, nicht um Inhalte. Wir sind schließlich in Berlin.

Da ich aber nun mal nicht über hellseherische Fähigkeiten verfüge und beim Tippen meistens sowieso daneben liege, folgt hier meine ganz eigene Siegerehrung für den Berlinale-Jahrgang 2013.

Trommelwirbel, Fanfare, los geht’s: Beginnen wir mit dem wabbeligen Gummibärchen für den besten Beitrag in der Kategorie „Ich weiß zwar nicht, was da los war, aber immerhin sah es gut aus“: Dieses geht ganz klar an den konfusen, aber mit vielen hübschen Postkartenmotiven (in Zeitlupe abbrechende Eiszapfen und so) ausgestatteten Eröffnungsfilm, das von seiner eigenen Grandiosität überwältigte Kung-Fu-Melodram „The Grandmaster“ von Wong Kar Wai. Alternativ kriegt es auch noch Preise für die meisten Großaufnahmen von Köpfen und die lautesten Schnarchgeräusche im Zuschauerraum.

Den fröhlichen Tanzbär verleihe ich „Don Jons Addiction“ von und mit Joseph Gordon-Levitt, dem wohl lustigsten Film über Pornosucht der Filmgeschichte – für jetzt und alle Zeiten, da lege ich mich fest. Ich denke, Patrick Nuo dürfte mir da zustimmen (das war jetzt ein Insider-Joke, den wahrscheinlich kaum einer verstehen wird).

Der aufgebundene Bär mit baumelnden Überraschungseiern geht zu gleichen Teilen an die beiden US-Produktionen „Promised Land“ von Gus Van Sant und Steven Soderberghs „Side Effects“ sowie an den europäischen Beitrag „The Best Offer“ von Guiseppe Tornatore, die uns Berlinale-Zuschauer allesamt hinters Licht führen wollten, was ihnen jedoch nur mit durchwachsenem Erfolg gelang. Immerhin: Versuchen kann es ja mal. Also kommt noch der zappelnde Labor-Panda dazu.
Den kuscheligen Knuddel-Koala bekommen natürlich Julie Delpy und Ethan Hawke für ihre neuerlichen beziehungstherapeutischen Bemühungen in „Before Midnight“, dem man aufgrund seiner (verbalen) Freizügigkeiten auch gleich noch den dauergeilen Rammel-Grizzly hinterherschmeißen sollte. Für diesen bewarb sich zwar auch die französische Lesben-Groteske „Vic + Flo haben einen Bären gesehen“, aber diese unverschämte Preisbuhlerei im Titel war dann doch allzu offensichtlich.
Bleibt noch mein Spezialpreis, das güldene Glücksbärchi. Den kriegt „The Broken Circle Breakdown“ aus Belgien, vom dem ich an dieser Stelle ja schon berichtet habe. Wie ich soeben erfuhr, ist dessen deutscher Kinostart für den 25. April anvisiert. Wenn Sie also ein bisschen heulen möchten, sei es wegen der tragischen Todesfälle oder der seelenerweichenden Bluegrass-Musik, dann streichen Sie diesen Termin ruhig im Kalender an und legen Sie ein paar Taschentücher bereit.

Ich habe mir auch bereits ein Datum vorgemerkt: den 6. Februar 2014. Na, was findet da wohl statt? Richtig: die 64. Internationalen Filmfestspiele Berlin! Same procedure as every year. Wenn ich in meinem kleinen Schöneberger Hotel wieder mit den Worten begrüßt werde: „Wann waren Sie das letzte Mal bei uns?“ „Vor einem Jahr.“ „Ach, wirklich? Ich habe das Gefühl, Sie waren erst kürzlich hier“. In diesem Sinne: Und jährlich grüßt das Murmeltier. Ach nee, ist ja ein Bär. Hat sich sicher bloß verkleidet, der alte Narr. Na, egal – Hauptsache Fell. Bei der Kälte.
 
15. Februar 2013, 10.53 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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