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Dosch@Berlinale 2012 – Teil 4: Ich sehe Sterne

Andreas Dosch, unser Mann auf der Berlinale, berichtet über sehenswerte Filme, Stars und Sternchen, den ganzen Hype um das Filmfestival und warum er cineastische Orgasmen erwartet.
Die Berlinale, man muss sie aber auch mal in Schutz nehmen. Alljährlich wird gemault, gemeckert, sich beschwert. Ich nehme mich dabei gar nicht aus. Aber es ist schon ein Riesending, so ein 19-Millionen-Euro-10-Tage-400-Filme-Projekt auf und rund um den Marlene-Dietrich-Platz zu wuppen. Meiner Ansicht nach gelingt das Festivaldirektor Dieter Kosslick durchaus ausgezeichnet, auch wenn ich manchmal nicht weiß, ob seine inzwischen routinierte Selbstironie nicht eher an Galgenhumor grenzt. Aber dazu kenne ich den Mann zu schlecht. Und wenn 2012 das Programm wieder nicht zu Orgasmen des Kinoglücks Anlass gab, so funktioniert das Ganze trotzdem nach dem bekannten Klischee-Prinzip: Mit der Berlinale geht nicht, aber ohne sie auch nicht. Sie küssten und sie schlugen sich – macht ja auch immer wieder Spaß, sich aneinander zu reiben. Selbst wenn schlussendlich nur ein Coitus Interruptus dabei rausspringt.
Das ewige Beklagen über das Nicht-Erscheinen von Stars zum Beispiel: Was ist denn nun ein „Star“? Klar, Angelina, Brad, Shah Rukh, das sind welche. Schillernde, scheinbar überlebensgroße Medienfiguren. Meryl Streep, die Empfängerin des aktuellen Ehrenpreises, ebenso. Aber – und das wollen uns solche Festivals gerade immer vor Augen führen – die Welt besteht eben nicht nur aus Hollywood-Glamour. Wir hatten hier auch großartige, weltbekannte Filmkünstler wie Isabelle Huppert, Charlotte Rampling, Selma Hajek, John Hurt, Antonio Banderas, Clive Owen, Michael Fassbender, Matthew Modine, Corinna Harfouch, Jason Reitman, Udo Kier, den Musiker und Komponist Ryuichi Sakamoto, die Scorsese-Cutterin Thelma Schoonmaker, Mike Leigh, Jake Gyllenhaal, Charlotte Gainsbourg, Barbara Sukowa, Francois Ozon, Anton Corbijn, Ashgar Farhadi, den algerischen Schriftsteller Boualem Sansal (die letzteren acht alle Vertreter der Wettbewerbsjury). Das nur als kleine Auswahl mit dem Fazit: insgesamt einfach irre, was hier aufschlägt. Die latent um sich greifende Boulevard-Journaille mag insgesamt das ganz große Schaulaufen der Superpromis vermissen. Doch zur Not kann man immer noch ein Bild von der grinsenden Hannelore Elsner ergattern. Die taucht überall auf, wo die roten Film-Teppiche ausgerollt werden. Und findet alles „wunderbar“.
Auf dem alljährlichen Hessen-Happening des Landes Hessen in der Landesvertretung Hessen durfte man Mario Adorf, Volker Schlöndorff und Andreas Dresen bestaunen. Auch nicht schlecht. Beim anschließenden Empfang des Deutschen Filminstitutes (Frankfurt) freute sich DIF-Chefin Claudia Dillmann den Über-Fotograf Jim Rakete zu begrüßen, der ja inzwischen schon zur Familie gehört. Wer also will, der findet seine Prominenten.
Bei all diesem Wirrwarr an Menschen – namhaft oder nicht – fällt es manchmal schwer, den Überblick zu behalten. Es ist schon ein Hobby geworden, in den öffentlichen Verkehrsmitteln die Mitreisenden auf ihre nationalen Herkünfte abzuklopfen („Ein Finne! Nee, doch nicht. Österreicher? Schweiz? Bayern …?“). Nicht alle diese Menschen sind wegen der Berlinale hier, und die meisten meiner Journalistenkollegen egal welcher Nationalität erkenne ich sowieso daran, dass sie ihr Wichtigbändchen mit dem um den Hals baumelnden farbigen Akkreditierungkärtchen auch noch bei McDonald's am Pissoir spazieren tragen. Das ist das ebenso Faszinierende wie Abschreckende an dieser Stadt: Allein wenn man eine Rolltreppe vom S-Bahnsteig nach unten nehmen will, fühlt es sich an, als wolle man eine der nachmittäglichen Festival-Pressevorstellungen wahrnehmen – unmenschliches Gedränge, nicht zum Aushalten. Da setze ich mich doch lieber in ein 80 Minuten währendes, sterbenslangweiliges amerikanisches Independent-Werk über gestrandete Existenzen mit homo- oder bisexueller Gesinnung, ganz nach dem Motto: das Leben kann so öde sein. Obwohl, wenn ich's mir genau überlege – dann nehme ich doch lieber die S-Bahn.
Was ich aber mochte waren Filme wie „Diaz“ (bereits erwähnt), den britisch-irischen Thriller „Shadow Dancer“, den überraschend lustigen „Iron Sky“, Steven Soderberghs Action-Fingerübung „Haywire“ mit dem coolsten Filmende dieses Berlinale, größtenteils Christian Petzolds „Barbara“ und Billy Bob Thorntons nicht durchweg geglückte Tragikomödie „Jane Mansfield's Car“, 90 von den 144 Minuten der Bob-Marley-Doku „Marley“ (unfassbar kreativer Titel) und eigentlich den gesamten sympathischen Dok-Film „Unter Männern – Schwul in der DDR“.
Für diesen hätte ich mir allerdings einen effektiveren Titelsong gewünscht. Und zwar auf das Intro von Bruce Springsteens „Born In The USA“. So, und jetzt alle, zwo drei, vier: „SCHWUUL IN DER DDR, ich war SCHWUUUL IN DER DDR …!“ Okay, Zeit Schluss zu machen. Wie Andreas Dresen beim Hessentreff vielsagend meinte: „Die Phase des Berlinale-Zusammenbruchs ist da.“ Stimmt. In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
 
17. Februar 2012, 15.23 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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