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Dosch@Berlinale 2012 – Teil 3: Bye bye, Berlusconi!

In Berlin herrscht Krieg. Nicht der übliche Droschkenkrieg, den die Boulevardzeitungen alle paar Monate anzetteln, sondern richtiger Kriegs-Krieg - schließlich war die Berlinale noch nie als Lachparade bekannt, wie Andreas Dosch meint. Hier sein neuester Bericht von der Front.
Es herrscht Krieg auf der Berlinale. Zwischen den Besuchern, die besten Plätze zu ergattern? Ja, das auch. Zwischen Autos, Bussen, Radfahrern und Fußgängern rund um den Potsdamer Platz? Okay, sicher. Aber ich meine den richtigen, den echten, den Kriegs-Krieg.

Hier einige Programmauszüge zur Verdeutlichung meiner nicht sonderlich originellen These: „Bai Lu Yuan“ (China): „Die Warlords werden von den japanischen Invasoren, der Zweite Weltkrieg vom Bürgerkrieg abgelöst ...“ „Les Adieux à la Reine“ (Frankreich): „Das Volk begehrt auf, die Revolution steht vor der Tür ...“ „Rebelle/War Witch“ (Afrika): „Ein Bürgerkrieg in Afrika ...“ „Shadow Dancer“ (GB): „Schon in ihrer Kindheit hat Colette die blutigen Folgen des Nordirlandkonflikts zu spüren bekommen ...“ „In The Land Of Blood And Honey“ (USA/Bosnien): „Es ist 1992, und der Bürgerkrieg in Jugoslawien nimmt seinen Lauf ...“ Mai-Wei“ (Korea): „Der Zweite Weltkrieg, erzählt aus der Perspektive des von Japan besetzten Korea ...“ „Iron Sky“ (Finnland): „Im Jahr 2018 soll der Meteorblitzkrieg zur Unterwerfung der Erde stattfinden ...“ „La Mer à l'haube“ (D/Frankreich); „Oktober 1941 ...“ (ein Schlöndorff-Film!) „Jin Lí Shí San Chai“ (China) – der deutsche Titel spricht für sich: „Die Blumen des Krieges“.

Nun gut, die Berlinale zeigt rund 400 Filme, und nicht in allen gehen die (Volks-) Armeen aufeinander los. Es gibt auch Produktionen über Sex, Krankheit, Tod oder Homoerotik (dazu sogar eine ganze Festival-Sektion: das Panorama). Aber der filmische Trend zum kriegerischen Konflikt ist auch dieses Jahr nicht zu übersehen. Ein elementares Thema, keine Frage. Meinen persönlichen Lieblings-Kriegsfilm (wenn man das so nennen kann) habe ich bereits gesehen: „Diaz – Don't Clean Up This Blood“ heißt er, aus Italien kommt er und vom gnadenlosen Polizeimassaker an unschuldigen Demonstranten während des G8-Gipfels in Genua 2011 handelt er.

Drastisch, heftig und eindeutig ziemlich wütend zeigt Regisseur Daniele Vicari, wie die staatlichen Schlägertrupps am Rande des Gipfeltreffens eine organisierte Jagd auf vermeintliche Radikale machten, bei ihren Knüppel-, Tret- und Folteraktionen keine Rücksicht darauf nahmen, wer da gerade schmerzgekrümmt, um Erbarmen wimmernd vor ihnen lag: friedliche Globalisierungsgegner, berichtende Journalisten oder einfach harmlose Bürger aus ganz Europa, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten. Da wird drauflos gedroschen, die Faktenrealität nachträglich gefälscht, gelogen und geschönt. Silvio Berlusconi verteidigt das unverantwortliche Vorgehen im Fernsehen – natürlich tut er das. Und das Schlimmste daran: Alles beruht auf realen Tatsachen, bis heute wurden längst nicht alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Ein Mensch starb in Genua. Es hätten leicht mehrere sein können. „Diaz“ also: ein filmischer Schlag in die Magengrube. Hart, verdammt gut. Mal sehen, ob der es in die deutschen Kinos schafft. Vielleicht im Doppelpack mit der Dokumentation „The Summit“ zum selben Thema. Die steht ebenfalls auf dem aktuellen Schauprogramm, ich habe sie aber (noch) nicht gesehen.

Höchst unerfreulich also. Unsere Welt, was für ein Jammertal. Allerdings war die Berlinale eh noch nie als Lachparade bekannt. Warum ist eigentlich noch keiner auf die Idee gekommen, ein reines Komödien-Festival zu installieren? Zum Beispiel in Frankreich: „Festival de la Comédie Cinematique“ (kurz: FCC) – das klingt doch gleich nach was. Und wer weiß: Vielleicht sehnt man sich, eine Woche lang von permanenten Gags, grassierender Heiterkeit und endlosen frivolen Verwicklungen befeuert, beinahe hungrig nach Tod, Leid, Krankheit, Beziehungskonflikt, Psychodrama, Vergewaltigung, Staatsterror und Genozid. Kurz: Man freut sich wieder auf den Februar in Berlin.
 
14. Februar 2012, 09.43 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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