Lübcke-Prozess: Tag 15

„Er ist voller Hass“

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Im Prozess um die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke haben zwei Mithäftlinge von Markus H. ausgesagt. Die Männer beschreiben den Mitangeklagten vollkommen unterschiedlich.

Elena Zompi /

Es war wohl kein besonders guter Tag für die Verteidigung von Stephan Ernst. Geladen waren an diesem Verhandlungstag zwei Mithäftlinge des Mitangeklagten Markus H., der laut Ernst bei der Tat dabei gewesen und treibende Kraft hinter den Plänen gewesen sein soll. Die beiden Zeugen hatten H. in ihrer Vernehmung durch Kriminalbeamte bereits zuvor schwer belastet. Doch wer an diesem 15. Prozesstag erwartet hat, von einer Offenbarung des Mitangeklagten gegenüber seinen Mithäftlingen zu hören, wie man sie aus Spielfilmen kennt, wurde eher enttäuscht.

Hasan E. habe Markus H. in seiner Zeit als Hausarbeiter in der JVA kennengelernt. Zusammen mit Youssef E. hätten sich die drei über alles Mögliche unterhalten: Hobbys, Familie – und auch über die Tat. Besonders der letzte Punkt interessiert den Strafsenat, denn noch immer muss die Frage geklärt werden, ob Markus H. direkt an der Tat beteiligt war, so wie es Ernst behauptet. Markus H. habe ihm erzählt, dass er festgenommen wurde, weil er Stephan Ernst eine Waffe gegeben habe, berichtet E. Zwar habe jeder Häftling darüber gesprochen, warum er in der in der JVA sitzt, jedoch nur immer nur auf oberflächliche Weise. Über Stephan Ernst habe Markus H. gesagt, dass er immer „ein guter Junge“ gewesen sei und die Tat von ihm nicht erwartet habe. H. selbst habe ihm gegenüber immer seine Unschuld beteuert, sagt Hasan E.. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Thomas Sagebiel, ob E. ihm diese Unschuld geglaubt habe, sagt Hasan E.. ironisch: „Naja, in der Untersuchungshaft sind 90 Prozent unschuldig.“

Hasan E. beschreibt Markus H. als „ganz normalen, ruhigen Typ“. H. habe ihm zwar erzählt, dass er zusammen mit Ernst auf einer „Demo gegen Ausländer“ gewesen sei, doch „den Ausländerhass habe ich bei ihm nicht gesehen“, antwortet E. auf die Frage von Ernsts Verteidiger Mustafa Kaplan, warum er selbst als Mensch mit einem Migrationshintergrund zugunsten von Markus H. aussagt.

„Er ist voller Hass“

Anders als Hasan E. hat der zweite Zeuge an diesem Tag, Youssef E., keine netten Worte für Markus H. übrig: „Ich sehe ihn nicht als starken Menschen, eher als Kind, das einen Knacks hat. Er ist voller Hass.“ Auch habe H. ihm gegenüber gesagt, dass er „Arier“ sei und eine „riesige Abneigung gegen jüdische Menschen“ habe.

Youssef E. belastet seinen ehemaligen Mithäftling an diesem Tag schwerer als Hasan E. Es ist eine mühselige Befragung und der Wert seiner Aussagen dürften nach diesem Prozesstag eher fraglich sein. Youssef E. hatte sich in Hoffnung auf Strafmilderung Notizen zu Gesprächen mit Markus H. von Hasan E. anfertigen lassen, da der aus den Niederlanden stammende Youssef E. zwar Deutsch verstehe, jedoch nicht schreiben könne. Mehrere DIN A5- Seiten füllen diese umfangreichen Notizen, doch im Zeugenstuhl kann sich Youssef E. an vieles nicht mehr genau erinnern. Der Satz „Ich kann mich nicht mehr erinnern, aber wenn das dort so steht, dann wird er es mir so auch gesagt haben“, fällt nicht selten an diesem Tag. So spricht er zunächst davon, dass Markus H. dem Angeklagten Stephan Ernst eine Waffe vermittelt habe, bei genauerer Nachfrage des Vorsitzenden Richters, ob H. ihm wirklich gesagt habe, er habe die Waffe vermittelt oder vielleicht doch von verkaufen gesprochen habe, weiß Youssef E. keine Antwort.

Licht ins Dunkle bringen dann besagte Notizen, die im Gerichtssaal über einen Dokumentenbeamer gezeigt werden: „Vor 4/5 Jahren Waffe verkauft, nicht vermittelt“, steht dort auf Niederländisch unter Punkt 1. Bisher war das Gericht davon ausgegangen, dass H. die Waffe lediglich vermittelt habe. Auch soll Markus H. sich besorgt darüber gezeigt haben, dass Ernst aussage, H. sei bei der Tat dabei gewesen. Er sei an dem Tatabend zu Hause gewesen, habe jedoch niemanden, der das bezeugen könne, habe Markus H. Youssef E. erzählt. Auch eine mögliche DNA-Spur auf einem nicht näher definierten Beifahrersitz habe H. beunruhigt.


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