Im aktuellen JOURNAL FRANKFURT haben wir Ihnen zwei neue Projekte des Hessischen Rundfunks kurz vorgestellt. Hier nun ein ausführlicher Text zu Klangbiennale, das neue hr-Festival zeitgenössischer Musik, das zwischen 11. und 13. Mai im HR stattfinden wird.
KRAFT-WERKE heißt die erste "Klangbiennale" des hr-Sinfonieorchesters, die von nun an alle zwei Jahre in vielfältiger Form Zugänge zur zeitgenössischen Musik eröffnet. Von Freitagabend, 11. Mai, bis Sonntagnachmittag, 13. Mai, wird innerhalb und außerhalb des hr-Sendesaals den Kraftpotenzialen der Musik, ihren unterschiedlichen Energie- und Aggregatzuständen nachgespürt. Die Kulturwelle hr2 zeichnet zahlreiche Konzerte des Festivals auf und sendet sie während des Radiokultursommers in der hr2-Sendung "Artist's Corner, samstags, 23 Uhr.
Das hr-Sinfonieorchester (Leitung: Sian Edwards) und mehrere seiner Ensembles stellen "Kraft-Werke" gegenwärtiger Musikproduktion, darunter zahlreiche Uraufführungen, vor. Herausragende Künstler wie Elliott Sharp, Jens Joneleit, Matthias Kaul und Robyn Schulkowsky geben Workshops, in Werkstattgesprächen kann mit den Komponisten diskutiert werden. Beteiligt ist zudem die Offenbacher Hochschule für Gestaltung: 14 Klanginstallationen verwandeln weite Areale des Hessischen Rundfunks in ein Experimentierfeld von Ton und Raum. Der Eintritt ist frei, die beiden großen Orchesterkonzerte kosten je 14 Euro (Kombi 20 Euro - Studenten und Schüler 50 Prozent). Kinderbetreuung ist möglich.
Musik ist schwingende Energie. Indem sich die Kraft des Musikalischen aber weit über schiere Lautstärke hinaus mit der Kunst von Verdichtung und Auflösung verbindet, mit Nachdruck und Rücknahme, mit Unbehauenem und fein Gesponnenem, mit Beharrlichkeit und Flüchtigkeit, ergibt sich eine breite Palette von Möglichkeiten. Diese in ihrer Vielfalt aufzufächern und erfahrbar zu machen ist das Ziel des hr- Sinfonieorchesters und seiner verschiedenen Ensembles, wie dem Hába- Quartett, dem Bärmann-Trio, den Blechbläsern des hr-Sinfonieorchesters und dem hr-Ensemble für Neue Musik. Sie präsentieren Kompositionen, die sich auf ihre je eigene Weise dem Phänomen Energie widmen. Erkki-Sven Tüürs minimalistische Auslotung eines einzigen Tons in seinen "Architectonics", Maria de Alvears erotisch-spirituelle Tour de Force "Sexo", Franz Martin Olbrischs Orchesterzergliederung "Grain" oder James Tenneys Wahrnehmungsprobe "Critical Band" lassen mit grundverschiedenen Mitteln klangliche Energien Gestalt werden.
Zahlreiche Uraufführungen werden zu hören sein: Jens Joneleit, Jay Schwartz, Elliott Sharp, Matthias Kaul, Frank Gerhardt, Robyn Schulkowsky, Dániel Péter Biró und Larry Kucharz wurden vom hr beauftragt, sich mit neuen Werken dem Klangbiennale-Thema zu nähern. Joneleits Stück "Phon", das für die Blechbläser des hr- Sinfonieorchesters entstand, lässt ahnen, welcher Parameter das musikalische Geschehen dominiert; Elliott Sharps Orchesterstück "On Corlear's Hook" verspricht eine neue Klangoffensive des New Yorker Experten für pulsierende Rhythmusgeflechte. Mit tieftönenden Spektren wartet das neue Werk des in Köln lebenden Amerikaners Jay Schwartz auf: Acht Kontrabässe verlangt seine Komposition. Mit dem Streichquartett "Stollen" des Frankfurter Komponisten Frank Gerhardt steht eine Komposition auf dem Programm, die sich sogar "unter Tage" begibt und durch Bohrungen und Freilegungen Kraftquellen unterschiedlicher Qualität und Intensität erschließt.
Zusätzlich zu den Konzerten bietet die Klangbiennale des hr- Sinfonieorchesters in Podiumsgesprächen und Workshops die Möglichkeit, Arbeits- und Denkweisen von Komponisten und Interpreten näher kennen zu lernen. Neben Jens Joneleit und Elliott Sharp geben die in Neuer Musik und Freejazz gleichermaßen renommierte Schlagzeugerin Robyn Schulkowsky sowie der von Kritikern als "Elementarereignis der Schlagkraft" gewürdigte Perkussionist und Komponist Matthias Kaul Einblicke in ihre Arbeit und Schaffen.