Geschichten hinter dem Budenzauber

Entdecken Sie den Weihnachtsmarkt neu

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Viele Stände auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt sind eines genaueren Blickes würdig. Dann entdeckt man beim Rundgang Erdbeerhonig und Frankfurter Käsefondue mit Handkäs sowie so einige Marktpersönlichkeiten.

Nicole Brevoord /

Denken Sie auch, Sie kennen den Weihnachtsmarkt? Ist doch immer dasselbe? Vielleicht lohnt ein genauerer Blick hinter die Kulissen. Angeführt von den beiden Weihnachtsmarkt-Organisatoren Thomas Feda und Kurt Stroscher wandern wir über den Römerberg und den Paulsplatz, begutachten ein paar der insgesamt 213 Stände genauer und erhalten schöne Einblicke in die Weihnachtsmarktkultur.

Es duftet nach Glühwein, Mandeln und Bratwurst. Vom Gefühl her könnte man meinen, dass die „Fressbuden“ hier in der Überzahl seien, doch Thomas Feda wiegelt ab. Nur 30 Prozent der Stände seien gastronomischer Art, rund 10 Prozent verkauften Süßwaren wie Mandeln oder Schaumküsse und ganze 60 Prozent verkaufen Geschenkartikel, etwa Weihnachtsdeko, Textilien oder Taschen. „Tatsächlich aber kommen rund 60 Prozent aller Besucher zum Essen und Trinken hierher“, sagt Feda, der natürlich die entsprechenden Erhebungen kennt. Die jährlich zu erwartenden 3 Millionen Besucher geben pro Kopf durchschnittlich 22 Euro aus. Übrigens sind nur 40 Prozent der Weihnachtsmarktbesucher Frankfurter, 10 Prozent sind Ausländer, die anderen Gäste kommen aus dem näheren oder weiteren Umland. „120 000 Übernachtungsgäste zählen wir im Zeitraum des Weihnachtsmarktes“, berichtet Feda.

Wir bewundern die lebensgroßen Krippenfiguren, die es erst seit zehn Jahren auf dem Weihnachtsmarkt gibt. Sie füllen die rustikale Bühne unter der Woche, wenn keine Chöre oder Musiker auftreten. Am Wochenende aber werden die Figuren mühsam in einen Raum hinter der Bühne geschoben. „Die Figuren haben wir dem Weihnachtsmarkt in Herne abgekauft“, sagt Kurt Stroscher, der schon 25 Jahre lang bei der Tourismus + Congress GmbH Feste und am Liebsten den zweitältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands organisiert und über die Jahre natürlich die Standbetreiber ganz genau kennt. Man habe in der Zeit massiv am Aussehen der Stände gearbeitet, auf fast allen Dächern habe man Girlanden und Figuren auf den Gauben angebracht. „Das haben wir durch kontinuierlich motivierende Worte bei den Händlern erreicht.“ Mehr als 90 Prozent der Stände werden von bewährten Betreibern geführt, manche Unternehmen unterhalten gleich mehrere Buden. „Aber wir sind weit von einer Kommerzialisierung entfernt“, sagt Feda. „Wir wollen den Markt nicht mit Fahrgeschäften vollstellen, es soll traditionell bleiben. Darum gibt es bei uns auch kein Riesenrad.“

Wir laufen vorbei am Stand von Willi Stier, der mit seinen 84-Jahren der zweitälteste Standbetreiber auf dem Weihnachtsmarkt ist und Germknödel und Waffeln anbietet. „Der war schon lange vor mir da“, sagt Stroscher. Man setze auf große Imbissbetriebe, die auch der hohen Nachfrage an den Wochenenden gewachsen seien. Ein hartes Geschäft hätten die Verkäufer von Weihnachtsdeko, nachdem Kaufhäuser ihre Etagen in eigene Weihnachtsmärkte verwandelten. Wer im kommenden Jahr einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt unterhalten will, der ist zu spät dran: Bewerbungsschluss war der 20. November. Die Standpreise variieren entsprechend der Lage und der Verwendungsart und werden pro laufenden Meter gezahlt.

Eines der Highlights des diesjährigen Weihnachtsmarktes ist der Stand am Römerberg nahe des nostalgischen Kinderkarussells, der „Frankfurter Käsefondue“ anbietet. „Saulecker“, schwärmt Thomas Feda. „Drei herzhafte Käsesorten gehören in das Fondue, eine davon ist Handkäse. Das ergibt so ein liebliches Aroma und eine andere Konsistenz als sonst", sagt Bettina Roie, deren Familie diverse Stände ihr eigen nennt. „Statt mit Chardonnay werde das Fondue standesgemäß mit Ebbelwei vermengt, dazu werde ein speziell gebackenes Brot als Deckel gereicht. 8,50 Euro kostet eine Einzelportion, für zwei sind 15 Euro fällig.

Wir laufen zum Paulsplatz und halten an der Braubachstraße, wo Malou Elter Elsässer Kulturgut verbreitet. „Ich habe den Frankfurtern 1982 den Flammkuchen gebracht und seit dem bin ich hier“, sagt die Standbetreiberin selbstbewusst mit dem charmanten Singsang in der Stimme. Nein, Besteck könne man dazu nicht haben, sagt sie und schaut empört. „Es muss auch Essen geben, was man einfach mit der Hand essen kann.“ Garniert mit Speck und Zwiebeln duften die hauchdünnen Teigfladen genauso gut wie sie letztlich auch schmecken.

Die Roies und Malou Elter sind mittlerweile ebenso alteingesessen wie Tilly Till, die mit 86 Jahren die älteste Standbetreiberin ist. Ihre Enkelin verrät aber, dass die Dame bei dem nasskalten Wetter doch lieber zu Hause arbeitet. Denn Frau Till bemalt und beschriftet Lebkuchenherzen. Diese kauft man, gerne auch personalisiert, am Stand nahe der Tourismusinformation ebenso wie die traditionellen Quetschemännche. „Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Quetschemännche verschenkt“, sagt Feda. Doch wenn die Beschenkte die Figur an den schenkenden Mann zurückgab, so war das gleichbedeutend mit einem Korb.

Einen ganzen Korb voller Waren, den würden Leckermäuler am Liebsten aus Wagners Honighaus mitnehmen. Eine Woche dauert es, bis das 320 Jahre alte Fachwerkhaus aus Lauterbach neben der Paulskirche aufgebaut ist. Mehr als 1000 Bienenvölker haben die Wagners und was aus dem Honig alles entstehen kann, vom Brotaufstrich bis hin zu Honiggrappa und -wein, sieht man auf zwei Etagen. Neuerdings darf man im ersten Stock auch alles verkosten. Das ist gut so, sonst wüsste man ja nicht, wie etwa Erdbeerhonig schmeckt, nur eine von 50 Honigsorten im Angebot. Da kommt man doch gerne wieder, um sich durch zu naschen.

Der Frankfurter Weihnachtsmarkt ist montags bis samstags von 10 bis 21 und sonntags von 11 bis 21 Uhr geöffnet und endet am 22. Dezember.


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