Foto: © Harald Schröder
Frankfurt-Seckbach

Der Hausberg ruft

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Fränkisches Fachwerk, weite Streuobstwiesen und ein Weinberg über der Großstadt – Seckbach gleicht einem Dorf mit großem Garten. Allein die geografische Lage ist spitze: Höher kommt man in Frankfurt nicht.

Annette Friauf /

Keine Frage, das Panorama vom Lohrberg auf die Skyline ist zu jeder Jahreszeit schön. Aber wenn alles weiß-rosa blüht, dann verströmt der Volkspark ein einzigartiges, Landschaft gewordenes Gefühl. Die Kuppen der Bergstraße markieren den Horizont. Östlich des Weinbergs schaut scheu der Höhenrücken des Spessarts durch.

Behütet fast, wollte man meinen, liegt Seckbach mit seiner grünspan-grünen Kirchturmspitze im Tal. Bis zum höchsten Punkt Frankfurts, der an der Berger Warte 212 Meter misst, muss man noch ein Stückchen aufwärts nach Norden wandern, querfeldein durch Streuobstwiesen und Felder, immer den Taunus im Blick. Wer mag da nicht beflügelt mit den Bienen um die Wette summen? Es ist Frühling, Apfelblütenzeit!

Weinrich: „Apfelkultur ist heimischer Lebensraum“

Der Apfel, was für ein Goldstück. „Apfelkultur ist heimischer Lebensraum, schafft regionale Identität“, sagt Gerhard Weinrich. Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich der Vorsitzende des MainÄppelHauses (MÄH) mit seinem Team dafür, Streuobstwiesen in ihrer Vielfalt zu erhalten, zu gestalten und erlebbar zu machen. Etwa 3000 Bäume auf 25 Hektar Fläche hat der gemeinnützige Verein in Dauerpflege. Er erhält damit Streuobstwiesen im Frankfurter Grüngürtel, in der Wetterau und in Main-Kinzig, nicht zuletzt für den Genuss. Etwa 20 000 Liter fließen pro Jahr für Saft, Apfelwein und Secco aus der Kelter.

Streuobstwiesen sind seit 2021 als Immaterielles Kulturerbe geschützt. Vom Gehölzschnitt über das Mähen mit der Sense bis zur Mobilen Kelterei: Apfelfans können viel Know-how lernen und sich zum Landschaftsobstbauer zertifizieren lassen. Gerade ist das neue Akademiegebäude aus Lärchenholz fertiggeworden, ein langgestreckter Raum mit Platz für 50 Kursteilnehmer. Zum Streuobstfest mit buntem Programm Ende April wurde es eröffnet.



Familie des Apfels (von links): Gerhard Weinrich, Hanne Wittmann und Karsten Liebelt vom Streuobstzentrum MainÄppelHaus © Harald Schröder

So schmeckt die Streuobstwiese auf dem Lohrberg

Weinrich (77) hat den Garten, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Beispiel- und Beratungsgarten von der Stadt Frankfurt angelegt worden war, in das verwandelt, was er „das bodenständige Streuobstzentrum in Hessen“ nennt. Zeitweilig Biobetrieb, setzt das MÄH inzwischen auf Biodiversität. Das Obst wird nicht gespritzt, die Natur arbeitet mit. Und die gilt es im Erlebnisgarten rund um Hühner und Heidschnucken vielfältig zu entdecken. „Die besten Multiplikatoren sind Kinder“, sagt Weinrich. Das Angebot an Umweltbildung ist breit: Bienen, Schnecken, Fledermäuse – faszinierend, was in und auf der Wiese kreucht und fleucht. Vom neuen Insektenpfad bis zum Hofladen ist es ein kurzer Weg.

Dort kann man Eis aus dem Spessart schlecken, Wildschweinschinken einkaufen oder im Äppel-Bistro ein veganes Schmalzbrot essen. So schmeckt die Streuobstwiese. An Holztischen unter den Walnussbäumen kommt man ins Gespräch. Wo war noch gleich die Parzelle vom Opa? Namen von Eigentümern, die sich nicht mehr ums Obst kümmern können oder wollen, sind für das MÄH Gold wert. So kommen verwaiste Wiesen wieder auf einen grünen Zweig.



Der letzte verbleibende Weinberg Frankfurts © Harald Schröder

Team Riesling oder doch Team Apfelwein?

Das andere Gold des Lohrbergs ist die Rieslingtraube. In Seckbach wird seit dem 9. Jahrhundert Wein angebaut. Die Wingerte zählten zu den größten Anbauflächen der Grafschaft Hanau, die eine eigene Kelter im Dorf betrieb. Von den Rebhängen, die einst kilometerweit über den Berger Hang und weiter nach Osten reichten, ist der Frankfurter Lohrberger Hang geblieben.

Die sonnenverwöhnte Lage zählt zu den städtischen Weingütern und damit zum Anbaugebiet Rheingau. Etwa 10 000 Flaschen pro Jahr werden allein vom Lohrberg abgefüllt. Von 2026 an soll der Frankfurter Riesling nachhaltiger produziert und mit frischen Ideen kulinarisch vermarktet werden. Team Riesling oder doch Team Apfelwein? „Am besten beides probieren“, empfiehlt Hanne Wittmann vom Äppel-Bistro.


Foto: © Harald Schröder
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