Mehr Kriminalität im Internet und eine riesige Dunkelziffer an Straftaten – im vergangenen Jahr ist die Anzahl gemeldeter Straftaten im Internet gestiegen. Das BKA geht davon aus, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
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Das Bundeskriminalamt (BKA) hat sein Bundeslagebild „Cybercrime“ für 2018 vorgestellt. „Cybercrime ist ein Massenphänomen, das nicht nur Privatpersonen, sondern auch die Wirtschaft immer stärker trifft. Cyberangriffe sind für Kriminelle ein lohnendes Geschäftsfeld, bei dem sie auch nicht davor zurückschrecken, im Sinne der Profitmaximierung kritische Infrastrukturen, wie beispielsweise Krankenhäuser, zu attackieren“, sagte Peter Henzler, Vizepräsident beim BKA. Rund 87 000 Fälle von Cybercrime wurden im Jahr 2018 bundesweit registriert. Das BKA geht jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Cybercrime umfasst etwa Identitätsdiebstahl, den Einsatz von Schadsoftware oder Datendiebstahl. Viele Geschäftsleute würden Angriffe aus dem Internet nicht anzeigen, weil sie um ihren Ruf als sicheren und zuverlässigen Partner fürchteten. Auch blieben viele Straftaten durch die Nutzerinnen und Nutzer unbemerkt, beispielsweise, wenn ihr Computer mit einem Virus infiziert und Teil eines Bot-Netzwerkes werde. Die strafbaren Versuche ein Verbrechen zu begehen, würden oft technisch abgewehrt und dadurch nicht bemerkt. Wie groß die Dunkelziffer ist, wird anhand der Zahlen zum entstandenen Schaden deutlich: Der Schaden der angezeigten Straftaten beträgt laut BKA rund 60 Millionen Euro. Schätzungen aus der Wirtschaft gingen laut BKA jedoch von 100 Milliarden Euro Schaden aus. Die Täterinnen oder Täter sind bei ihren Cyberattacken nicht nur auf schnellen finanziellen Gewinn aus. Auch der Diebstahl und Weiterverkauf von technologischem Wissen in Deutschland ansässiger Firmen ist eine Motivation für Cyberattacken. Das BKA geht für die kommenden Jahre von steigenden Zahlen aus. Grund dafür sei auch die steigende Anzahl von Angriffszielen, durch die voranschreitende Digitalisierung.
Über das Wissen, das erforderlich ist, um eine Cyberattacke durchzuführen, müssen die Täterinnen und Täter nicht selbst verfügen. „Crime-as-a-service“ nennt sich ein Geschäftsmodell, bei dem Cyberattacken als Dienstleistungsauftrag gehandelt werden. Neben Schadsoftware werden auf den entsprechenden Marktplätzen im „Darknet“ auch gestohlene Datensätze verkauft. Ein Beispiel für „Crime-as-a-service“ ist die Plattform „Webstresser“ – ein Marktplatz für DDOS-Attacken (Distributed Denial-of-Service). Webseiten werden bei DDOS-Attacken gezielt überlastet, um die Seite für andere Nutzende unerreichbar zu machen. Die Behörden gehen davon aus, dass über die Plattform „Webstresser“ rund vier Millionen DDOS-Attacken geführt wurden. 2018 wurde die Plattform im Rahmen einer international koordinierten Polizeiaktion zerschlagen. Da Teile der Plattform von Frankfurt aus betrieben wurden, war das BKA an der Aktion beteiligt.
271 864 Straftaten wurden mit dem „Internet als Tatmittel“ registriert. Damit sind Straftaten gemeint, bei deren Durchführung das Internet eine wesentliche Rolle spielt. Straftaten mit dem Internet als Tatmittel machen mittlerweile rund fünf Prozent der in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken aufgeführten Straftaten aus. Rund drei Viertel der Straftaten entfallen auf Vergehen im Onlinehandel, etwa wenn Waren überhaupt nicht oder in schlechterer Qualität als angegeben geliefert werden. Auch Straftatbestände wie Volksverhetzung oder Beleidigung fallen in diese Kategorie. Das BKA ruft dazu auf, Straftaten im Internet konsequent anzuzeigen.
Dass es möglich ist, Straftaten durch das Ausschalten von Sicherheitslücken und Verbesserungen im Identifizierungsverfahren vorbeugend zu bekämpfen, zeigt das Beispiel Online Banking: Die angezeigten Straftaten beim sogenannten Phishing, dem unrechtmäßigen Erbeuten von Kontodaten, sind um rund 50 Prozent zurückgegangen. Dies sei hauptsächlich durch technologische Verbesserungen seitens der Banken erreicht worden, so das BKA. Auch das BKA will künftig noch stärker gegen Kriminalität im Internet vorgehen. Die bestehende Zusammenarbeit zwischen Ermittlerinnen und Ermittlern und IT-Expertinnen und Experten soll weiter verbessert werden, neue Stellen würden geschaffen. Peter Henzler fasst zusammen: „Unser Ziel ist klar: Wir wollen mit den Tätern nicht nur auf Augenhöhe sein. Wir müssen ihnen voraus sein, um sie für ihre Taten zur Rechenschaft zu ziehen.“