Bei der Menge an Konzerten können in der Printausgabe des JOURNAL FRANKFURT nicht alle interessanten Termine berücksichtigt werden. Mit San Fermin kommt am Donnerstag aber eine Band ins Zoom, die man nicht verpassen sollte.
Detlef Kinsler /
Mit San Fermin stellt sich diese Woche ein weiterer junger Act nach dem Electro Soul-Helden S O H N (was für ein Sänger!) im Zoom vor, der Booker Markus Gardian beim South By Southwest-Festival (SXSW) in Austin, Texas begeistern konnte. Words & Music by Ellis Ludwig-Leone steht schlicht in dem wunderschön illustrierten Klappcover des Albums ohne Titel, auf dem ein mächtiger schwarzer Bulle Eindruck schindet und Respekt einflößt. Da verwundert es kaum, dass beim Googeln des Bandnamens auch Bilder vom Encierro, dem weltbekannten Stierlauf von Pamplona, auftauchen, der Teil der Feierlichkeiten zu Ehren des heiligen Firmin von Amiens ist. Tatsächlich ist der Bandname eine Referenz wie Mastermind Ellis Ludwig-Leone bekennt. Bei aller Lächerlichkeit des Events bewundere er doch den Reiz des Adrenalins, der die Teilnehmer in die Gassen lockt, selbst wenn sie sich dabei in Gefahr begeben. Erst 24 ist der Mann am Klavier, der 2011 an der Yale University graduiert hat. Ein studierte Musiker also, der schon zeitgenössische Kammermusik geschrieben hat und als Assistent des US-Komponisten Nico Muhly früh an Oper, Ballett-, Film- und Theatermusik arbeitete wie auch an Stücken für die Pop-Avantgarde à la Antony and the Johnsons, Sufjan Stevens und Grizzly Bear. Was für Referenzen!
Kein Wunder also, dass ein eigenes Album, mit zwei Dutzend der talentiertesten Musiker über einen längeren Zeitraum eingespielt, wie der Soundtrack zu einem imaginären Film klingt, für den Ludwig-Leone auf all die genannten Inspirationen zurückgreifen konnte. Baroque Pop heißt es beim wikipedia.com, eine wahrlich eindimensionale Wahrnehmung dessen, was die 17 Kompositionen der CD an Klängen entfalten. Das Leben ist (wie) eine Oper könnte die Überschrift lauten, tatsächlich wird das Debüt als eine Art Konzeptalbum in einigen Kritiken beschrieben. Der Komponist und Texter mag das nicht bejahen, schließlich erinnere dieser Begriff zu sehr an Siebzigerjahre-Stile. Tatsächlich legt er seine Worte wahlweise einem Sänger und einer Sängerin in den Mund, lässt sie Dialoge führen, in denen nicht nur Romantisches diskutiert wird. Wenn man die Songtitel studiert, entdeckt man Casanova, Methusalem, einen Torero oder Daedalus. Viel Stoff für ein Septett, das mit Keyboards (Bass inklusive), Gitarre, Drums, Bariton-Saxophon, Trompete und Violine faszinierenden, kammermusikalischen Pop auf die Bühne bringt. Viel zu entdecken für ein Publikum, das Lust hat auf anspruchsvolle Musik, die trotzdem auch ins Ohr geht. Und selbst für den Urheber immer wieder ein spannendes Erlebnis, mit der Band auf der Bühne zu stehen. „Ich erlebe mich eher wie einen Voyeur in der von mir selbst geschaffenen Welt als dass ich selber mitten drin stehen würde.“
San Fermin Frankfurt, Zoom DO 24.4., 21 Uhr Tickets VVK 15 € zzgl. Gebühren