Seit Ende 2019 gehen die Frankfurter Strafverfolgungsbehörden mit einem neuen Konzept gegen den Straßenhandel im Bahnhofsviertel vor. Erste Erfolge sind zwar zu verzeichnen, doch ein genauer Blick auf die Zahlen wirkt eher ernüchternd.
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Mit einem „Drei-Säulen-Modell“ gehen Frankfurter Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht seit November 2019 gegen gewerbsmäßigen Drogenhandel im Bahnhofsviertel vor. Damit sollen den Strafverfolgungsbehörden effektivere Mittel gegen den gewerbsmäßigen Straßenhandel zur Verfügung gestellt werden. Denn lange Zeit sah die Arbeit der Beamten so aus: Straßendealer, die am Morgen festgenommen wurden, waren oft noch am selben Tag wieder auf freiem Fuß. Ein Polizist habe Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) dann auf ein ähnliches Modell in Köln aufmerksam gemacht.
Bei den drei Säulen handelt es sich zum einen um eine Orientierungshilfe, die den Beamten dabei helfen soll, schneller zu erkennen, ob jemand gewerbsmäßig mit Drogen handelt. Zum anderen soll ein beschleunigtes Verfahren dafür sorgen, dass Täter bei einem einfachen Sachverhalt mit einer vergleichsweise klaren Beweislage und einer geringeren Straferwartung innerhalb einer Woche verurteilt werden. Bis zur Hauptverhandlung können die festgenommenen Straßendealer außerdem in Haft bleiben. Als dritte Säule greift die Vermögensabschöpfung: Geldbeträge, die bei Festgenommenen gefunden werden, die mit Drogen gehandelt haben oder typischerweise in Zusammenhang mit Straftaten stehen, können eingezogen werden.
Als „großen Erfolg“, „klares Signal an die Täter“ und „Paradebeispiel für die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei“ beschrieb Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann am Montag mit lobenden Worten das Konzept. Die Summe der eingezogenen Vermögenswerte wirkt eher ernüchternd: 100 000 Euro sind seit 2020 bei Straßenhändlern sichergestellt worden. „Die Summe setzt sich aber aus einer Vielzahl an kleineren Beträgen zusammen“, betont Justizministerin Kühne-Hörmann. Auch bei der Zahl der beschleunigten Verfahren ist ein Erfolg bisher nicht recht zu erkennen. Zwar wurde dafür extra eine zusätzliche Richterstelle plus Geschäftsstelle eingerichtet, doch solche Verfahren habe es „noch nicht so viele“ gegeben, wie Amtsgericht-Präsidentin Susanne Wetzel erklärte. Häufig seien die gesetzlichen Voraussetzungen für ein solches Verfahren nicht gegeben, für eine Verurteilung brauche es geständige Tatverdächtige oder Zeugen.
Im Gegenzug sind erste Erfolge aber im direkten Vergleich der Anklagen sichtbarer: Waren es im Jahr 2019 – also noch vor Einführung des Modells – nur zwei Verfahren wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Drogenhandels, die beide letztendlich eingestellt wurden, stieg die Zahl 2020 bereits auf 35 Verfahren, von denen 16 zur Anklage kamen. Im Jahr darauf wurden laut Staatsanwaltschaft 50 Verfahren eingetragen und in 18 Fällen davon Anklage erhoben.
Auch Polizeipräsident Gerhard Bereswill berichtet zumindest über sichtbare Erfolge: Dass die Zahl der Verurteilungen seit 2020 steigt, habe eine „erkennbar abschreckende Wirkung auf die polizeibekannten und seit längerem agierenden Straftäter“. Susanne Wetzel betonte aber auch, für ein effektives Vorgehen sei ein interdisziplinärer Ansatz nötig, in den kommunale Behörden und soziale Einrichtungen eingebunden sind.