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Grünen-Spitzenkandidatin Jennifer Bartelt

"Ich habe mich noch nie nur als Deutsche gefühlt"

Erst seit fünf Jahren ist Jennifer Bartelt Mitglied der Grünen und schon ist die 30-jährige Wahlfrankfurterin die hessische Spitzenkandidatin für die Europawahl. Ihr größtes Ziel: Eine fairere Asyl- und Flüchtlingspolitk.
Journal Frankfurt: Warum sind Sie den Grünen beigetreten?
Jennifer Bartelt: Den Grünen bin ich kurz nach dem Ausbruch der Krise beigetreten. Denn damals habe ich den Stimmungsumschwung gegenüber Europa mitbekommen und dagegen wollte ich politisch etwas tun. Ich habe mich gefragt, was gut ist, für Europa. Und für mich waren die Grünen damals – und das sind sie auch immer noch – die Europapartei.

Sie sind erst seit fünf Jahren Mitglied. Wie haben Sie es so schnell auf die Europaliste geschafft?
Das hatte ganz viel mit Glück zu tun. Weil ich Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden, Europa und Internationale Politik bin, hat man mich gefragt, ob ich kandidieren möchte. Und auf der Bundesparteitag im Februar diesen Jahres bin ich dann – und das war für mich auch echt überraschend – auch gleich auf einen ziemlich hohen Listenplatz gewählt worden.

Woher kommt ihre Affinität zu Europapolitischen Themen- und Fragestellungen?
Ich glaube es kommt vor allem daher, dass ich als Halbgriechin schon mit zwei ganz unterschiedlichen Kulturen groß geworden bin. Ich habe mich noch nie nur als Deutsche gefühlt. Ich interessiere mich für unterschiedliche Menschen und Kulturen, Vielfalt fand ich schon immer großartig. Und bei meinem Erasmus-Aufenthalt in Barcelona bin ich mit ganz vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zusammengekommen. Ich mag es, wenn verschiedene Sichtweisen aufeinander treffen, man sich austauschen und voneinander lernen kann.

Europa steht immer mehr in der Kritik. Wie gefällt Ihnen das derzeitige Bild der Europäischen Union?
Ich finde es sehr, sehr schade. Aber ich glaube, das Bild, was viele Menschen von Europa haben, sehr viel mit der Kommunikation zu tun hat. Die ganzen positiven Aspekte, das Umweltverständnis zum Beispiel, oder die ganzen europäischen Standards, das sind alles Errungenschaften Europas. Das vergessen viele – oder halten es einfach für selbstverständlich. Gerade meine Generation ist ohne Grenzen aufgewachsen, wir haben keine Konflikte oder gar Kriege im vereinigten Europa miterlebt. Das ist natürlich gut, das ist wunderbar. Aber es ist eben nicht selbstverständlich. Die Ukraine zeigt, dass das es eben nicht normal ist, dass militärische Eingriffe verhindert und Konflikte auf politischer Ebene gelöst werden.

Ein großes Thema der Europäischen Union und ja auch der Stadt Frankfurt ist die Armutsmigration aus Osteuropa und die damit zusammenhängenden Probleme wie Ausbeutung, Arbeits- und Obdachlosigkeit. Haben Sie ein Rezept, wie man der angesprochenen Problematik adäquat begegnen könnte?
Gerade erst war ich beim Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen, die sich um genau diese Problematik kümmert und als Anlaufstelle für Migranten dient. Der Verein bemüht sich darum, Menschen, die zumeist mittellos nach Deutschland kommen und hier – meist aufgrund irgendwelcher Versprechungen – auf ein besseres Leben hoffen, zu beraten und vor Ausbeutung zu schützen. Ich finde, es sollte mehr solcher Stellen geben. Und der Staat muss mehr kontrollieren. Bei diesen Dingen spielt auch der Zoll eine große Rolle. Und auch hier ist die mediale Darstellung dieser Dinge ein großes Problem. Die Bürger hier bekommen das Gefühl vermittelt, dass die Migranten aus Osteuropa hierher kommen um von Sozialleistungen und Kindergeld zu leben und unseren Staat und uns als Steuerzahler auszunehmen. Die andere Seite, dass es diesen Menschen meisten sehr, sehr schlecht geht, sie in ihrem Heimatland keine Perspektive für sich und ihre Familien sehen und hier auf Arbeit und ein besseres Leben hoffen, wird dabei häufig nicht dargestellt.

Und wie könnte man die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa in den Griff kriegen?
Es wurden auf europäischer Ebene bereits verschiedene Dinge, wie zum Beispiel die Jugendgarantie, eingeführt. Aber das man mit einem Programm, in das sechs Milliarden Euro fließen, nicht die Jugendarbeitslosigkeit abschaffen kann, das ist klar. Man muss den Kern des Problems ansetzen und das ist die Krise. Seit der Wirtschaftskrise ist die Wirtschaft in Ländern wie Portugal, Spanien und Griechenland am Boden. Eine Lösung des Problems ist der Green New Deal – Investitionen z. B. in erneuerbare Energien. Denn die Ressourcen – Wind und Wasser – sind gerade in diesen Ländern zu Genüge vorhanden. Hier muss man investieren und neue Wirtschaftsbereiche beim Aufbau unterstützen. Es kann doch nicht sein, dass viele sehr gut ausgebildete junge Menschen ihre Heimatländer verlassen, um bei uns zu arbeiten und glücklich zu werden. Denn genau diese Menschen werden in ihren Ländern dringend gebraucht, um Innovationen anzuschieben und etwas zu verändern.

Ist die EU unsozial?
Also, sagen wir so: Der Sozialbereich hängt ziemlich hinterher und könnte ein großes Mehr an Europa gebrauchen. Einen Mindeststandard für Löhne beispielsweise. Und da geht es nicht um einen europaweiten einheitlichen Mindestlohn, sondern um einen Mindeststandard, der sich an den Verhältnissen in den einzelnen Mitgliedsstaaten orientiert.

Warum sollten die Bürger unbedingt wählen gehen?
Weil das die einzige Möglichkeit ist, direkten Einfluss in Europa zu nehmen und nach der Krise eine Richtung zu bestimmen. Die EU hat viele Zuständigkeiten und auch wenn es sich für viele Bürger anders aussieht: Es ist eben nicht egal, wer im Europaparlament sitzt. Gerade jetzt, wo sich in einzelnen europäischen Ländern nationalistische Ansichten manifestieren und die Anti-Europa-Einstellung wächst. Nationalistische, rassistische Parteien nutzen die Unsicherheit der Bürger aus und die Bedrohung von rechts darf nicht ausgeblendet oder verharmlost werden. Die Bürger sollten die Chance unbedingt nutzen und wählen gehen: Für ein gemeinsames Europa und gegen Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit.

Warum würden Sie Grün wählen?
Weil ich ein gemeinsames Europa will und die Grünen die Europa-Partei sind. Und weil ich ein Europa ohne Atomkraft und mit erneuerbaren Energien will. Es bringt nichts, wenn nur in Deutschland die Atomkraft abgeschafft wird, aber direkt an den Grenzen die Reaktoren weiterlaufen. Durch erneuerbare Energien wäre Europa auf lange Sicht unabhängig von russischem Gas und auch die Klimawende ist nur europaweit durchsetzbar. Außerdem bin ich gegen Gentechnik und ich will eine menschlichere Asyl- und Flüchtlingspolitik und eine handfeste Datenschutzverordnung.

Was ist Ihr wichtigstes politisches Ziel, wenn Sie in das Europaparlament einziehen sollten?
Eine neue, fairere und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitk in Europa.

Wenn ich von Europa träume, dann sehe ich …?
Meine Heimat, die es zu verbessern gilt und für die es sich lohnt zu kämpfen.
 
23. Mai 2014, 09.27 Uhr
Miriam Mandryk
 
 
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