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Foto: Lukas Gedziorowski
Foto: Lukas Gedziorowski

25 Jahre Grenzen überwinden

Warum der Tag der Deutschen Einheit die Hölle ist

Wahrscheinlich tut sich unser Autor mit diesem Text keinen Gefallen, aber: Der Tag der Deutschen Einheit, der Frankfurt gerade im Griff hat, entspricht nicht seinen Vorstellungen. Was ist vom stillen Gedenken geblieben?
Ich kann mich noch an folgende Begebenheit aus meiner Kindheit erinnern. In der Nähe des Offenbacher Rathauses gab es den Platz des 17. Juni. Einmal im Jahr stand eine kleine Delegation dort und legte an einem Mahnmal einen Kranz nieder für die Opfer des Aufstands, der von der Roten Armee so blutig niedergeschlagen wurde. Kann sein, dass noch die Nationalhymne gespielt wurde, von Einigkeit und Recht und Freiheit, aber das war es dann auch.

Heute ist der Tag der Deutschen Einheit der 3. Oktober. Es gibt verschiedene Bühnen in Frankfurt, auf denen Popstars auftreten. Brücken werden illuminiert. Die Berliner Straße, ausgerechnet, gleicht einer Werbemeile für diverse Firmen. Überall sind Logos von Sponsoren oder gleich ganze Zelte. Es ist ein Feiertag, aber einer, der anscheinend auch wirklich gefeiert werden soll. Ich finde das falsch. Was gibt es zu feiern?

Ja, Deutschland wurde tatsächlich wiedervereint (oder sagen wir lieber: die DDR wurde in die Bundesrepublik integriert). Das ist der Kraft vieler Menschen zu verdanken, die für ihre Freiheit kämpften, einer geschwächten Diktatur und einem insgesamt veränderten Weltgefüge. Das ist völlig aus dem Blick geraten.

Ebenso aus dem Blick geraten ist der lange Arm der deutschen Geschichte, der überhaupt erst zur Teilung geführt hat. Von Deutschland ging, man muss das anscheinend in diesen Tagen nochmal betonen, einmal ein Krieg aus. Das sind natürlich keine Gedanken, die zu einer zweitägigen Feier passen, für die allein der Staat einige Millionen Euro ausgibt. Es soll nicht nachgedacht, es soll nicht erinnert werden, es soll lediglich die so gute Gegenwart gefeiert werden.

"Grenzen überwinden", lautet das Motto der Einheitsfeier in Frankfurt. Es geht wohl kaum zynischer. Während in Ungarn, ausgerechnet in Ungarn, Flüchtlinge mit militärischer Gewalt zurückgedrängt werden, während der bayrische Ministerpräsident davon faselt, dass man nicht jeden aufnehmen könne (hat das jemals jemand gefordert?), während die EU ihre Grenzsicherung verstärkt und zugleich keine großen Anstalten macht, ein gemeinsames Einwanderungsrecht auf den Weg zu bringen, während ein deutscher Stacheldrahtproduzent einen Auftrag aus Südeuropa ablehnt, weil er nicht möchte, dass eine geflüchtete Mutter und ihr Kind in deutschen Stahl rennen, während also all dies passiert, werden in Frankfurt Zelte aufgebaut, in denen Würste zum Pläsier des Publikums gebraten werden und Bands spielen auf, auf das sich alle glücklich in den Armen liegen und feiern. Grenzen überwinden. Wie schön.

Und irgendwo zwischen all den Buden und Bühnen, den lärmenden Musikern und dröhnenden Rednern werde ich stehen und mich daran erinnern, wie am Tag der Deutschen Einheit, wie am 17. Juni einfach nur ein Kranz niedergelegt und vielleicht noch die Hymne gesungen wurde.
 
2. Oktober 2015, 11.14 Uhr
Nils Bremer
 
 
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