Review: Nelly Furtados Stil-Mix in der Jahrhunderthalle

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nicole brevoord /

Kurz vor acht: die Leute drängeln sich in Scharen in die restlos ausverkaufte Jahrhunderthalle in Höchst, während draußen noch Verzweifelte versuchen, Tickets zu ergattern. Von einer Vorgruppe weiß die Sicherheitskontrolle nichts. Kim Frank muss man ja auch nicht kennen, aber man kann. Der Sänger, dessen Erfolge mit der Band "Echt" auch schon ne Weile her sind, wills jetzt noch mal wissen. Aber irgendwie wollte er an dem Abend musikalisch so gar nicht zu Nelly Furtado passen. Schon vor 20 Uhr begann er auf der mit schwarzem Tuch verhangenen Bühne mit dem Vorprogramm und endete viertel nach mit welchem Titel? Ja genau. Mit "Du trägst keine Liebe in Dir". Den Song kennt man wenigstens noch aus alten Zeiten. Die Stimmung konnte er in der Jahrhunderthalle mit dem Titel dann doch noch heben und die Leute zum Mitsingen animieren - "Huhuuu". Doch Kim Frank geht, das Licht erstrahlt in aller Grelligkeit und was passiert? Nichts. Warten, Raunen, Pfiffe, Nelly-Rufe. 15 Minuten geht das so weiter.

Dann ein erlösender Aufritt – gleich passiert was. Ein Gitarrist und ein Rastamann mit elektrischer Violine betreten die Bühne und heizen mit "Come With Me" (wir erinnern uns: Godzilla und Puff Daddy) kräftig in der Jahrhunderthalle ein. Der Langhaarige entpuppt sich als wahres Multitalent, rockt, singt R´n´B, geigt und lässt sich mit seinem Aussehen und seiner Coolness ohne Weiteres mit Wycliff Jean vergleichen. Doch sein wirklich guter Auftritt ist ein undankbares Unterfangen, denn die Meute verlangt nun endlich nach Nelly Furtado. Erste Rufe wie "Shut up man" fallen aus dem Publikum. Nach 15 Minuten ist das Programm zu Ende, das Licht geht wieder an, es folgen wieder Nelly-Rufe und wieder heißt es warten.

Doch das Warten hat sich gelohnt. Um 21.10 Uhr beginnt endlich die "Nelly Furtado-Show". Der schwarze Vorhang hebt sich und enthüllt einen zweistufigen Podest – die Spielfläche für die sechsköpfige Band und die vier Tänzer. Weiße geraffte Vorhänge bilden den Hintergrund und die Projektionsfläche, auf der man gerade den Furtado-Hubschrauber landen sieht, während rotierende Suchscheinwerfer den Saal erleuchten. Man sieht, wie Nelly aus dem Helikopter steigt und gleich darauf ganz real auf der Bühne auftaucht.

Ein sehr einfallsreicher Auftrakt für die Show, die mit "Afraid" gleich poppig beginnt. Das Publikum bricht in Begeisterung aus. Bei "Turn Off the Light" dreht die quirlige Kanadierin mit den portugiesischen Wurzeln gleich noch mehr auf, hüpft ausgelassen auf der Bühne und wirft ihre Faust in die Luft. In der Jahrhunderthalle knistert es vor Energie. Doch all das findet mit „Powerless“ noch eine Steigerung. Nein, Powerless ist Nelly Furtado so gar nicht. Mit ihrem schwarzen Glitzertop und der Pumphose springt die 29-Jährige über die Bühne, vor ihr ein Meer von wiegenden Armen des Publikums. Alle machen mit. Richtiges Gänsehautfeeling kommt auf.

Ab "Do it" aus dem aktuellen Album "Loose" wird die Musik ruhiger und balladiger. Leider verliert die Show an Tempo als Nelly die Bühne für einen Kostümwechsel verlässt und die vier Tänzer mit einer seltsamen Choreographie, bei der sie sich teils auf dem Boden wälzen, die Zeit überbrücken.

Doch kurz darauf taucht die Sängerin in einer magentafarbenen, langen Volantrobe wieder auf und verbreitet mit "Showtime" Glamour auf der Bühne. Sehr charmant kommt es rüber, wie Nelly Furtado mit dem Publikum flirtet, den Leuten an den Seiten des Raumes zuwinkt oder immer wieder Frankfurt grüßt. Doch befremdlich ist es schon, wenn sie ruft "Hello Frankfurt! Or shall I call it Hessen? Either way is okay?" Nun ja, als Kanadierin muss man auch nicht die Unterschiede kennen...

Einer der Höhepunkte der Show ist sicherlich "Crazy" – die Neuinterpretation des Hits von Gnarls Barkley. Statt der schnellen, fast tanzbaren Version der Charterfolgs, verleiht Nelly Furtado - nur von Gitarren und Tamburin begleitet - der Nummer den Funken Glaubwürdigkeit. Ja, man nimmt es ihr mit der getrageneren Version ab, wie sie langsam dem Wahnsinn verfällt und da ruft das Publikum auf ihre Frage hin gerne zurück, dass es eben so verrückt ist wie Nelly. Die Zuschauer singen mit, und Nelly Furtado gewinnt nicht nur die Herzen des Publikums, sondern auch ein pinkes, herzförmiges Plüschkissen.

"Stars" ist ihr neuester Song. Wieder ein langsames Lied, was jedoch ihrer leicht rauchigen Stimme Raum bietet. Es folgt "In God´s Hands" und ihr aktueller Titel "Say it Right". Emotional wird es bei "Try". Bei "All Good Things Come to an End" greift Nelly letztlich selbst zur Gitarre und pfeift die Melodie, unterstützt von einem Zuschauer, den sie auf die Bühne holt. Die Show scheint mit dem Song am Ende angelangt zu sein.


Doch weit gefehlt. Nelly Furtado verschwindet von der Bühne und da taucht der "Wycliff Jean"-Verschnitt wieder auf, der eigentlich zu Nellys Band gehört und die Congas spielt. Mit einem sensationellen Auftritt, unterstützt von der Backgroundsängerin, zeigt er, dass man für "Sexy Back" nicht unbedingt Justin Timberlake braucht. In die letzten Akkorde stimmt Nelly Furtado - jetzt ganz in weiß gekleidet - mit ein.


"I´m Like a Bird" darf in der Show natürlich nicht fehlen. Und kurz darauf folgt mit "Forca" eine Erinnerung daran, dass die WM doch schon länger her ist. Nelly hat sich ein deutsches Fussballtrikot übergestreift und lässt von den Tänzern Fussbälle in die Menge werfen. Der Song kommt zwar immer noch gut, doch die Fussballnummer hätte im letzten Sommer wohl noch mehr eingeschlagen. Mit "Promiscious" kommt dann endlich wieder die Energie zurück, mit der die Show so fulminant gestartet war. Doch das ist das letzte Stück, bevor das Licht ausgeht.

Das Publikum fordert eine Zugabe ein, muss aber wieder warten. Im sexy Paillettenkleidchen fegt Nelly Furtado wieder über die Bühne und lässt Salsaklänge den Raum erfüllen. "No hay igual" ist eine der Zugaben. Doch den krönenden Abschluss bildet "Maneater", bei dem die Bühne in rotes Licht getaucht ist und im Hintergrund Flammen lodern. Ein perfektes Bild, das zum kochenden Saal passt. Es ist 23 Uhr: Jetzt hält es niemand mehr auf seinem Sitzplatz aus. Der ganze Saal tanzt und ein recht gutes Konzert geht zu Ende.


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