Neues Chima-Album "Von Steinen und Elefanten"

Das Rebstockbad, große Gefühle und der Glaube an sich selbst

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Der Frankfurter Sänger Chima hat ein Album veröffentlicht, in dem er den Kampf beschreibt, seinen Weg zu gehen, auch wenn der Erfolg ausbleibt. "Irgendwann wirst du belohnt", sagt er im Interview.

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Journal Frankfurt: Du sprichst ganz offen davon, dass dieses Album ein autobiographisches ist. Was gab es denn alles zu verarbeiten?
Chima: Vorneweg gesagt - ich würde es eher biographisch nennen. Viele Songs beruhen auf meinen eigenen Erfahrungen oder auf Erfahrungen aus meinem Freundeskreis. Dahinter steht oft die Frage, wie man persönliche Katastrophen bewältigen kann.

Kann man sich bei Dir jetzt nicht so vorstellen... Das letzte Album von 2012 war ein Erfolg, insbesondere die Single "Morgen". Was ist denn da schiefgelaufen?
"Morgen" war der Wendepunkt, das war das Ende eines wirklich manchmal steinigen Weges. Als ich 2006 von 3P wegging, stand mein Leben als Musiker auf der Kippe. Ich wusste nicht, ob mein Traum zum Leben reicht, wusste nicht, woher das Geld kommen sollte. Also hab ich ein paar Jahre diverse Jobs gemacht, unter anderem in Unternehmensberatungen. Das war jetzt nicht schlecht, ich will da echt nicht drüber jammern. Aber: Es war nicht das, was ich mir immer vorgestellt hatte. Ich wollte dieses Leben eigentlich nicht.

Es gibt soviele Musiker, die irgendwann in einer Bank arbeiten und die Gitarre verstaubt zuhause im Keller ...
Oh man, ja. Ich hab das bei vielen Weggefährten gesehen und hab mich immer gefragt: Sind die glücklich? Bin ich glücklich? Will ich das jetzt mein Leben lang machen? Und was ist mit meinen Träumen?

Wie kommt man da raus?
Ich sag mal so: Es ist nie falsch ab und an, sein Leben generell zu hinterfragen. Spannend ist, welche Schlussfolgerungen man daraus zieht. Das Selbstvertrauen nach einem Misserfolg ist natürlich erstmal weg. Ich wusste, ich muss mir Strategien zurechtlegen, um mich selbst aus der Misere zu ziehen.



Im Song "Morgen" scheint sich das in Reinform zu kristallisieren, da heißt es: "Morgen, bin ich wieder dabei/ Und morgen, sind die Ausreden vorbei/ Morgen, weil ich heut nicht kann/ Morgen, fang ich von vorne an.."
Der Song beschreibt alles, was ich damals gefühlt habe. Den Prozess, das Sich-Nicht-Aufraffenkönnen, den Traum, der unerreichbar scheint. Und dann wurde ausgerechnet dieses Lied, das mit so nahe ist und das so persönlich ist, ein Erfolg. Das hat mir gezeigt: Im Grunde sind wir selbst für alles, was wir sind, selbst verantwortlich. Das meine, wenn ich singe "wir legen uns den Weg des Lebens selber, Stein für Stein".



Ein anderer großer Teil des Albums beschäftigt sich mit Beziehungen - auch welchen aus der Vergangenheit wie Deiner Jugendliebe aus dem Rebstockbad. Weiß die Dame von ihrem Glück dort verewigt worden zu sein?
Sie weiß davon und soweit ich weiß, hat sie sich drüber gefreut. Ach, weißt du, da geht es ja nicht in erster Linie um die erste Liebe.

Sondern um die Erinnerung - vielleicht ist es deswegen mein Lieblingslied ...
Wirklich, den Song findest Du am besten? Wie kommt das?

Naja, ich hab in meiner Jugend zwar keinen Sommer im Rebstockbad mit dem Ferienpass verbracht, aber er erinnert mich schlicht an eine in der Rückschau einfachere Zeit, eine gewisse Unbeschwertheit, den Moment von Gegenwärtigkeit.
Das ist es eigentlich auch. Ich habe mich damals das erste Mal von meinen Eltern emanzipiert, habe Frankfurt das erste Mal für mich entdeckt. Es war das Gefühl von Freiheit, das mich durchströmte wie die Sonne auf der Liegewiese. Zugleich ruf ich mir die Zeit gern in Erinnerung, wie "Voyage, voyage" von Desireless aus den Lautsprecherboxen lief ... und kurze Zeit später redeten plötzlich alle nur noch von "Abi, Abi, Abi" und waren megagestresst. Ich hab es locker genommen und bin glaub ich auch ganz gut da durchgekommen.

Auch so eine Lebensprüfung ...
Ja, aber im Nachhinein ja bei Weitem nicht die härteste... Weißt Du, es gibt so eine Anekdote aus meiner Heimat, meine Oma hat sie immer erzählt. Also in Nigeria haben wir auf Holzbetten geschlafen, in denen sich regelmäßig Holzböcke einnisteten. Um sie wieder loszuwerden, hat man ab und an kochendes Wasser über die Bettgestelle geschüttet, doch natürlich kamen sie wieder. Einige überlebten immer. Das Wasser kommt schnell und kochend heiß - doch es wird auch schnell wieder kalt, meinte meine Oma. So ist das mit dem Leben auch. Es geht weiter - und der Schmerz vergeht.



>> Chima - Von Steinen und Elefanten
erschienen bei Universal
Interview: Nils Bremer


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