Seit 25 Jahren sorgt das Nippon Connection Festival für volle Kinosäle und begeistertes Publikum in Frankfurt. Das bunte Programm schlägt weiterhin Brücken zwischen den Kulturen.
Gregor Ries /
Es war einmal vor 25 Jahren: Da huldigte ein siebenköpfiges Organisationsteam um Japan-Filmfans Marion Klomfaß und Holger Ziegler den innovativen Produktionen aus dem Land der aufgehenden Sonne – und zwar mit einem Festival. Zu Beginn präsentierte man rund ein Dutzend Beiträge an einem verlängerten Wochenende im Pupille-Kino der Goethe-Universität. Dies stieß sofort auf reges Interesse.
Schon damals erwies sich das Rahmenprogramm inklusive Zen-Workshop, Girl-Band-Auftritt, Kochkurs und Teezeremonie als wertvoller Bonus. Mancher Purist machte jedoch kehrt, als er sah, dass sich der von Ziegler bediente 16-mm-Projektor beim Frühstückskino direkt im Saal befand.
Das ist lange her: Heute kann man auf modernste Digitaltechnik und bequemere Sitze im Mousonturm bauen, wo sich inzwischen samt Naxos-Halle gegenüber das Festivalzentrum befindet. Auch das Mal Seh’n-Kino und Cinéma für die Wiederholungsvorstellungen, das Internationale Theater für die Kultur-Events und (seit 2003) das DFF-Kino für die Retrospektive sind zum aktuellen Jubiläum wieder vertreten. Bei zuletzt rund 19 000 Zuschauern hat man zum Glück den Pandemie-Knick längst überwunden.
Verschiedene Genres des japanischen Films
Mit Toshiaki Toyodas gewalttätigem Bandendrama „Pornostar“, Nobuhiro Yamashitas minimalistischer Slacker-Komödie „Hazy Life“ und dem wüsten Zombie-Rock-Spektakel „Wild Zero“ erinnert Nippon Connection nun noch einmal an sein allererstes Jahr. Zudem wird Stammgast Toyoda seine neueste Regiearbeit „Transcending Dimensions“ vorstellen, auch Yamashita hat sein Kommen angekündigt.
Neben einer Ausstellung in der Naxos-Halle mit allen Festivalplakaten der 25-jährigen Historie soll eine Podiumsdiskussion mit Leiterin Klomfaß, Filmwissenschaftlerin Jenny Flügge und Japanologe Alex Zahlten die bewegten Jahre Revue passieren lassen. Entsprechend richtete man die Retrospektive „Turning Point – Japanese Cinema Of The 90s“ mit wegweisenden Werken wie Sabus Krimigroteske „Postman Blues“, Kiyoshi Kurosawas Rache-Thriller „Serpent’s Path“ oder Hirokazu Koreedas Trauer-Meditation „Maborosi“ aus.
Ein zweiter Schwerpunkt: die kleine Erinnerungsreihe „80 Jahre Kriegsende“. Der „Nippon Visions Award“-Preisträger Shinya Tsukamoto legt mit „Shadow of Fire“ ein dichtes Kammerspiel über psychische und körperliche Kriegswunden vor. Das Überlebensdrama aus einer Trümmerstadt bricht bewusst mit Zuschauererwartungen.
Dreistündige Langfassung eines Hiroshima-Animes
Von dem mehrfach prämierten Anime „In this Corner of the World“ über eine Überlebende des Hiroshima-Desasters will man die knapp dreistündige Langfassung zeigen. Ein weiteres Highlight bietet Kazuya Shiraishis Historiendrama „Bushido“ über einen in Ungnade gefallenen Samurai. Im Gegensatz zu früheren Werken setzt der „Blood of Wolves“-Regisseur seltener auf Action denn auf ein sezierendes episches Porträt der Edo-Ära um Ehre, Machtgefüge und die untergeordnete Rolle von Frauen.
Die Komödie „90 Years Old – So What?“ als Eröffnungsfilm basiert auf einem erfolgreichen Essayband über eine pensionierte Schriftstellerin: Von einem verschrobenen Chefredakteur zurück an den Schreibtisch gelockt, entwickelt sich ihr Buch zum Überraschungserfolg.
Beim „Nippon Rising Star Award“ wollte man laut Marion Klomfaß dieses Mal das Augenmerk auf einen Animationskünstler lenken. Nicht zuletzt gehören Trickfilme stets zu den Publikumsfavoriten, doch deren Macher würden insgesamt zu wenig wahrgenommen.
Künstler und Art Director Kôsuke Hayashi verantwortete bei zahlreichen bedeutenden Produktionen wie „Corner“ die Hintergründe. Der Preisträger wird seinen neuesten Film „The Imaginary“ vorstellen. Sowohl der Anime „Ghost Cat Anzu“ als auch die Manga-Adaption „The Birth of Kitaro“ beschäftigen sich derweil mit dem schwierigen Zusammenleben von Menschen und Geistern.
Neben einer Reihe mit Arbeiten japanischer Regisseurinnen dürfen Specials wie das populäre „Nippon Heimkino“ aus live kommentierten Popkultur-Klassikern oder ein Konzert der Girl-Rockband Яeal nicht fehlen. (Weiblicher) Rock ’n’ Roll gehört schließlich seit dem Start vor einem Vierteljahrhundert unverzichtbar zum Festivalprogramm.
Info Nippon Connection, Ffm: Mousonturm und andere Orte, 27.5.–1.6., nipponconnection.com