Am Donnerstag (22. Mai) kommt Nani Vazana in den Konzertsaal der Bonifatuskirche in Frankfurt. Sie bringt ein „Tribute To Nina Simone“ auf die Bühne. Achtung: Das Konzert wurde verlegt aus dem Netzwerk Seilerei.
Detlef Kinsler /
JOURNAL FRANKFURT: Auch wenn Sie diesmal Nina Simone auf die Bühne bringen: Kann man sagen, dass Ihr Schwerpunkt die Ladino Music ist? Was verkörpert sie für Sie? Auch ein Miteinander der Kulturen? Nani Vazana: Ich schreibe in Ladino, weil ich immer auch die Zukunft sehe, wenn ich auf die Vergangenheit schaue. Es ist eine jüdisch-spanische Sprache, die meine Großmutter sprach, und ich hatte viel zu wenig gemeinsame Zeit mit ihr. Sie ist gestorben, als ich noch sehr jung war, aber ich habe sie sehr geliebt. Sie war ein wichtiges Vorbild, in ihrem Verhalten und ihrer Unabhängigkeit und Lebensfreude, als ob sie nie etwas gebraucht hätte. Ladino war ein Teil davon, es war eine Sprache, die wir im Geheimen sprachen, weil mein Vater uns verbot, sie zu Hause zu sprechen. Also war es eine Herausforderung und auch unsere private, kleine Art, miteinander zu kommunizieren, die niemand sonst verstand. Es war unser besonderes Band.
Wie kann man Ladino beschreiben? Natürlich ist Ladino eine Sprache, die aus mehreren Dialekten besteht. Denn die Juden wurden von der iberischen Halbinsel ins Osmanische Reich und dann nach Nordafrika, auf den Balkan und nach Griechenland vertrieben, so dass es so viele Einflüsse und kulturübergreifende Bezüge gibt, dass es einem manchmal den Atem verschlägt. Viele der berühmtesten Volkslieder, die wir heute kennen, wurden ursprünglich in Ladino geschrieben und später in andere Sprachen übersetzt. Ladino ist also wirklich ein riesiger kultureller Mix und ein wunderbarer Schmelztiegel. Außerdem ist es ein Matriarchat, das uns eine Perspektive bietet, die wir in der anderen Mythologie oder Anthropologie nicht oft finden.
„Nina Simones emotionale Bandbreite ist phänomenal“
Ihre zweite Leidenschaft gilt der Interpretation der Musik von Nina Simone. Was bedeutet die Musik von Simone für Sie und wofür steht Sie als Sängerin und Persönlichkeit? Ich liebe Nina Simone ob vieler Dinge: Für mich ist sie eine außerordentliche Künstlerin, sowohl ihr Gesang als auch ihr Klavierspiel sind auf einem sehr hohen Niveau, emotional wie technisch. Außerdem macht sie als echte Künstlerin alles live so gut. Es ist so schwer, diese einzigartigen Künstlerinnen zu finden, die alles auf die richtige Weise machen. Dazu kommt: Nina Simones emotionale Bandbreite ist phänomenal. Sie kann in manchen Songs wie ein kleines gebrochenes Mädchen wirken, das am Rande der Verzweiflung steht, wie in „Little Girl Blue“, aber dann auch wieder ihrer Stimme stark und machtvoll gegen die Apartheid erheben wie in „Mississippi Goddamn“.
Aber sie hat noch andere Talente... Eine andere von Nina Simones großen Stärken ist ihr Songwriting – meine Lieblingskünstler sind immer Songwriter, weil das eine Ebene ist, die über die reine Interpretation von Musik hinausgeht. Dann ist da noch ihre Improvisation, das Komponieren im Moment ist für mich die höchste Form der Komposition, wie auch des spirituellen Ausdrucks. Nicht zuletzt bewundere ich an Simone ihre Inspiration und Verbindung zur klassischen Musik und insbesondere zu Johann Sebastian Bach, der neben Debussy auch mein Lieblingskomponist ist.
Nina Simone wollte die erste schwarze klassische Pianistin werden, doch fehlende finanzielle Mittel und der allgegenwärtige Rassismus hinderten sie daran, dies zu tun. Stattdessen schmuggelte sie einige Bach-Zitate in ihre Musik (vor allem beim Improvisieren) und vermischte auch bekannte Spirituals mit seiner Musik. In meiner Show gehen wir noch einen Schritt weiter, denn sie ist wirklich eine Hommage an Simone und Bach zugleich.
Wie bringen Sie Simone auf die Bühne – in welcher Besetzung, mit welchem Instrumentarium? Normalerweise spielen wir in Quartettbesetzung: Klavier, Kontrabass, Schlagzeug und ich am Gesang, Posaune und bei einigen Songs spiele ich auch Klavier. In Frankfurt spiele ich allerdings solo, ich singe, spiele Posaune und Piano. Es wird also sehr viele intimer, aber trotzdem rockig.
Info Nani Vazana: „A Tribute To Nina Simone“, Ffm., Konzertsaal Bonifatiuskirche, Holbeinstraße 70, 22.5., 20 Uhr, Eintritt: 30 Euro
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.