Hat sie oder hat sie nicht? Das war ganz zu Beginn die Frage, die allerdings bald in den Hintergrund trat. Aber der Reihe nach: Frau F., 35 Jahre alt und Fahrerin in einer Bäckerei, steht wegen Betruges und Urkundenfälschung vor Gericht. Sie wird beschuldigt, die Unterschrift ihres (heute) geschiedenen Mannes auf einem Kreditantrag gefälscht zu haben. Kann ja mal passieren.

Sie selbst lässt über ihren Anwalt ausrichten, sie habe mit der Sache nichts zu tun und die Unterschrift stamme nicht von ihr.

Ihr Ex-Mann wiederum, der als Zeuge befragt wird, gibt an, den Kreditantrag nicht unterschrieben zu haben. Auftritt Herr V., von Beruf Bankkaufmann, heute 26, zum Tatzeitpunkt 22 Jahre alt. Nach seiner Aussage hat man auch als Normalbürger eine ungefähre Vorstellung davon, wie die große Finanzkrise im Kleinen zu Stande gekommen ist: 22jährige Banker, die mit Geld, das nicht ihnen gehört, um sich schmeißen, als seien sie nicht gesund. Anders gesagt: Da kann ein Arbeiter aus dem tiefen Odenwald einfach nach Frankfurt fahren und bekommt ohne Schwierigkeiten einen Kredit von 55000 Euro zu einem Zinssatz von 11,9 Prozent verpasst. Das Hauptwort von Herrn V. lautet „eigentlich“. Also: Eigentlich müssten beide Kreditnehmer zusammen erscheinen, aber manchmal schicke man den Antrag auch einfach mit der Post.

Eigentlich müsste die Filialleiterin den Antrag unterschreiben, „aber es ist auch schon passiert, dass man mit dem Stuhl einfach nach hinten zum Kollegen gerollt ist und gesagt hat: unterschreib das mal schnell.“ Herr V. leistet sich auch noch den Versprecher: „Da waren dann alle Unterschlagen, äh, Unterlagen
beisammen.“ Die Schriftsachverständige sagt, die Unterschrift auf dem Antrag stamme nicht von Herrn F. und wahrscheinlich von Frau F. Wie und warum sie dahingekommen ist, ist allerdings nicht zu klären. Schließlich wird das Verfahren gegen eine Geldbuße von 500 Euro eingestellt. Geld, so wissen wir nun, ist ja schnell zu beschaffen.Christoph Schröder