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Foto: Andreas Dosch
Foto: Andreas Dosch

Dosch@Berlinale 2015 – Teil 2:

I Get Around

Für unseren Filmredakteur Andreas Dosch hat die diesjährige Berlinale endlich an Fahrt aufgenommen. Und das nicht nur in öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch im Kino selbst ...
„Hallo, ich bin Marius Müller-Westernhagen. Ihre nächste Station ist: Potsdamer Platz.“ Man hört das täglich, wenn man sich per U2 (nee, nicht die Band – die Bahn!) auf den Weg Richtung Festivalzentrum macht. Als regelmäßiger Hauptstadt- und Berlinalebesucher ist man es ja schon gewohnt, dass unvermittelt jemand zusteigt, „Musik“ (eher: kakophonischen Lärm) machend oder eine Rede haltend (meist Wohnsitzlose, Osteuropäer oder beides). Aber der Herr „die Frankfurter Festhalle ist Scheiße!“ Westernhagen hat hier natürlich keinen Zweitjob angenommen, um seinen Armani-Kleiderschrank aufzubessern. Nein: Dies ist eine Aktion der Berliner Verkehrsbetriebe mit dem Hintersinn, die werten Fahrgäste bei Laune zu halten. Spitzenidee! Ich freue mich immer schon auf: „Hallo, hier ist Brigitte Grothum. Sie kennen mich sicher vom 'Jedermann' im Berliner Dom.“ (Nö.) Oder: „Hallo, hier ist Henning Baum“ (der „Letzte Bulle“-Typ mit dem herb-maskulinen Reibeisen.) „Ihre nächste Station ist … Wittenbergplatz!“ Wuuh, da wird die mitreisende Weiblichkeit aber reihenweise wuschig, wenn er so kernig „Wittenbergplatz!“ ins Mikro raspelt.

Apropos wuschig: Während die Berlinale letztes Jahr in einen kollektiven Euphorie-Orgasmus verfiel, als endlich George Clooney über den roten Teppich stolzierte, ist der „Wow“-Faktor anno 2015 bislang eher verhalten. Nicole Kidman? Ach, kommen Sie mir doch nicht mit der. Erstens wirkt sie in Werner Herzogs (amüsant misslungenem) Wettbewerbsbeitrag „Queen of the Desert“ wie reinretuschiert. Zweitens bin ich sowieso der Meinung, das hier in Berlin war nicht sie selbst, sondern ihr Klon. Wenn die Dame – oder was von ihr übrig ist – weiter solche Misserfolge dreht, muss sie sich vielleicht bald mal Gedanken machen, zu einem günstigeren Chirurgen zu wechseln. Wen gäbe es da noch? Natalie Portman? („Kid-Man“, „Port-Man“, was ist da los?) Ja, die fand ich mal umwerfend. Inzwischen sieht aber auch sie nicht mehr wirklich natürlich aus. Portman ist in „Knight Of Cups“ zu sehen, einem dieser typischen Innerlichkeits-Dramolette des anstrengenden Hollywood-Esoterikers Terrence Malick. Ebenfalls in besagtem Film und als persönlich anwesender Glitzerklunker eingekauft: Cate Blanchett. Darauf kann man sich schon einigen. Die strahlt Eleganz aus, gleichermaßen Star-Appeal. Ist aber nicht so mein Typ. Was Festivalboss Dieter Kosslick nicht weiter jucken dürfte. Sonst lüde er vielleicht Emma Thompson ein (ist grammatikalisch richtig – hab's gegoogelt).

An männlicher Front zeigt sich hier – wie bereits erwähnt – James Franco allgegenwärtig. Aber der kam in „Queen of the Desert“ als Kidman-Lover nicht nur unfreiwillig komisch rüber mit seinem bekifften Poesie-Geschmachte (zum Glück war er nach einer halben Stunde aus dem Film verschwunden), er hat sich privat auch einen dieser ungepflegten Zottelbärte zugelegt, die ja gerade so super-hip sind. Wenn das so weitergeht, kann die Firma Gillette Konkurs anmelden. Ein potenzieller Sponsoring-Partner weniger für künftige Berlinalen.
Man munkelt auch, Brian Wilson sei in der Stadt (hoffentlich ohne Bart). Brian wer? Na, Brian Wilson. Von den Beach Boys. „God Only Knows“! „Good Vibrations“! „California Girls!“ „Surf's up, mmuuhm“ ... Hallo?! Ja, genau, DER Brian Wilson. Okay, taugt wohl kaum als Sex-Symbol mit seinen inzwischen 72 Jahren und dem einer bewegten Drogen- und Schizophrenie-Vergangenheit geschuldeten tapsigen Auftreten. Aber dass er sich überhaupt noch in einen Flieger setzt, ist schon ein Wunder. Grund ist „Love & Mercy“, ein begeisterndes Biopic über diese fabulöse Pop-Legende, wahrscheinlich mein Lieblingsfilm hier. Gespielt wird er von Paul Dano (Brian jung) und John Cusack (älter). Beide machen das toll, obwohl Cusack eher wie Paul McCartney aussieht. Das, liebe Produzenten, wäre doch mal eine große Sache: der Macca-Film! Über Lennon gibt es ja schon etliche, aber meinem großen Helden Paule sollte endlich auch mal einer gewidmet werden. Titelvorschlag: „Uhuhuuuh“. Besetzungstipp: John Cusack. Oder alternativ: Bastian Pastewka.

Der Trend geht ja zur Musiker-Biografie (Cash. Charles. Cobain. Brown. Hendrix. Heino?) Auf der diesjährigen Berlinale hat die aktuelle Themenschnüffelnase neben dem offiziell ausgerufenen „Starke Frauen“-Ding (Binoche, Kidman, Blanchett usw.) aber noch etwas anderes gewittert: Im deutschen Film, zumindest dem in der Wettbewerbs-Sektion, ist gerade ganz großes „Besoffene-Heranwachsende-machen-eine-lautstarke-Hauptstadt-Sause“ angesagt. Sowohl Andreas Dresen („Als wir träumten“) als auch Sebastian Schipper („Victoria“) tun das – letzterer gar in einer einzigen ungeschnittenen 140-minütigen Handkamera-Einstellung. Okay, sie tanzen und gröhlen da nicht die ganze Zeit, zwischendurch wird auch mal ein Bankraub verübt. Was man eben so macht in Berliner Nächten, wenn man sonst nichts vorhat. Hätten ja auch ins Kino gehen können, die Jungs (eine stilles Ethno-Drama aus Guatemala vielleicht?). Schippers Film ist schon sehr aufsehenerregend und mitreißend (Dresens nicht ganz so). Gewöhnungsbedürftig, aber mutig, zudem absolut energiegeladen. Was man ebenfalls von Rosa von Praunheims Doku-Drama „Härte“ über Kindheit & Karriere eines gewaltbereiten Zuhälters sagen kann, den ich im „Panorama“ sah. Nix für Weicheier (siehe Titel), aber mit Katy Karrenbauer (neulich noch im „Dschungelcamp“, jetzt mit Rosa auf der Berlinale) als sexuell übergriffige Monstermutter und sogar einem richtig anrührenden Real-Life-Happy-end. Oh, sniff, how sweet!

Sorry … also: Entschuldigung, wenn ich wieder in diese Anglizismen verfallen. Aber bitte vergeben Sie mir. Hier auf dem Festival spricht sowieso keiner mehr deutsch. Am Kartencounter: „Next please!“ Im Kinosaal: „Is this seat free?“ „Keine Ahnung.“ „What?“ „No!“ Im eben beschriebenen Wettbewerbsbeitrag „Victoria“: „I'm just three months in Berlin, I don't speak any German“ (arbeitet aber in einem Café). Und in der U-Bahn, um wieder auf mein Eingangsthema zurückzukommen: „Mind the gap between platform and train!“ „Was hat sie gesaaaaa …?!“

In diesem Sinne: Hi, ich bin Andreas Dosch. Ihr kennt mich aus dem JOURNAL FRANKFURT. Eure nächste Station ist: Textende.

>> Berlinale-Blog 2015
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9. Februar 2015, 09.46 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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