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Dosch@Berlinale 2013 Teil 3

Bon appetit?

Große Filme und Stars gibt es derzeit bei der Berlinale zu sehen und das JOURNAL FRANKFURT ist mit dabei. Unser Kinoredakteur Andreas Dosch berichtet über Lust und Last der Filminteressierten.
So, anderswo ist die Zeit der fröhlichen Narretei vorbei (Mist, schon wieder ein Reim!), und es wird ab jetzt brav enthaltsam gelebt. Nichts dergleichen auf der Berlinale. Hier feiert man einfach fröhlich weiter, ein Empfang jagt den nächsten: hier noch ein Gläschen, da noch ein Häppchen – eine Fastenzeit gibt es nicht für die Abertausenden Branchenmenschen, die sich Filme reinstopfen, als ob sie den Hals gar nicht mehr voll kriegen können. Das ist so ein bisschen wie eine Süßigkeitenmesse für einen Schokoladenfanatiker: „Ham, ham, ham, was habe ich da eigentlich gerade gegessen? Egal, weiter, das da sieht ja auch noch appetitlich aus. Ham, ham, ham, ups, hat aber nicht wirklich geschmeckt. Was soll's. Ham, ham, ham ...“

Ich muss gestehen: Früher war ich auch so einer. Alles mitnehmen, was nur geht, lautete die Devise. Keine Atempause – vielleicht wird ja irgendwo Filmgeschichte gemacht. Selbst auf dem Berlinale-Filmmarkt trieb ich mich rum und schaute mir Sachen an, die nie wieder irgendwo das Licht der Öffentlichkeit erblickten. Damals, so vor 18 bis 20 Jahren (Shit, ist das schon lange her), war es aber auch noch wesentlich einfacher, mit einem Presse-Badge die Tore des Filmmarktes zu entern. Überhaupt gestaltete sich das ganze Festival wesentlich übersichtlicher.

Heute schubsen dich die Einlasskontrolleure schon von der Fußmatte, wenn du dich nicht gleich als internationaler Einkäufer zu erkennen gibst. Presseausweis? Pfff! Geh' doch nach Hause, du alte Scheiße! Schade, so entgehen mir vielversprechende Dinge wie etwa „Kung-Fu Jacques“. Das ist mein diesjähriger Lieblingstitel. Ich kenne nur das Poster, aber es scheint sich dabei tatsächlich um einen mit Martial-Arts-Fähigkeiten ausgestatteten Franzosen zu handeln. Hätte ich lieber gesehen als beispielsweise den drögen deutschen Wettbewerbsbeitrag „Layla Fourie“, bei dem immerhin die in Frankfurt und Köln beheimatete Pandora-Film ihre Produktionsfinger mit im langweiligen Spiel hat. „Aber Kung-Fu Jacques“ – da spielen sich doch sofort Bilder im Kopf ab: Wie Jacques, alleine, nur mit einem knüppelharten Baguette bewaffnet, einer herannahenden Horde von Angreifern trotzt. Wie er Froschschenkel trickreich als tückische Tötungswaffen einsetzt. Wie sein fliegendes Baskenkäppi bullige Widersacher außer Gefecht setzt. Von dem Showdown in der Camembert-Fabrik ganz zu schweigen … ah, oui!

Apropos Käse: Okay, die Überleitung ist gewagt, aber traditionsgemäß luden die Hessen heute wieder zum großen Empfang in die Landesvertretung. Das tun sie jedes Jahr, und immer bietet sich das gleiche Bild. Massen von mal mehr, mal weniger bekannten und mit dem Hessenland irgendwie verbundenen Menschen (ein Blick in die Menge brachte u.a. Hubertus Meyer-Burckhardt, Claudia Dillmann, Maria Wismeth, Dr. Bernd „wir wollen die Allianz des Bewegtbildes“ Kracke und Regisseur Christian Petzold zum Vorschein) drängen sich erst an der Garderobe, dann im Saal, wo die Reden gehalten werden, und schließlich am Büffet. Ist das alle, trifft man sich – man hat sich ja eine Stunde lang nicht mehr gesehen – im Meistersaal beim Empfang des Deutschen Filminstitutes wieder, geht dann aber, nach ein paar warmen Worten der Gastgeber, gleich zum Trinken über – mittlerweile wird es draußen ja schon dunkel. Und, wer weiß, vielleicht kommt man danach noch bei der „Kung-Fu Jacques“-Party rein (dem „Talk of the Town“ ... excusez-moi: natürlich der „Conversation de la Localité“!) und lässt sich den Champagner flaschenweise schmecken.

Ich hab' das nicht gemacht. Ich war langweilig, bin ins Kino gegangen und führte mir einen belgischen Film zu Gemüte, „The Broken Circle Breakdown“, in dem einem flämischen Bluegrass-Musiker erst die kleine Tochter an Knochenkrebs und danach die Frau durch Selbstmord wegstirbt. Tja, das hab' ich nun davon, Sie hätten wahrscheinlich den Schampus gewählt. Aber was soll ich sagen? Der Film war einer der besten hier! Ich habe dieses Jahr noch nicht solch tosenden Publikumsapplaus erlebt wie nach dieser tragischen Sterbeorgie. Das war ein Riegel dunkler Bitterschokolade, der wirklich gut gemundet hat. Ham, ham, ham – mehr davon!
 
13. Februar 2013, 11.50 Uhr
Andreas Dosch
 
 
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