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BAP – Rock'n'Roll, Kölsche Mantras und die Welt im Blick



Die Jahrhunderthalle ist auf das angenehmste gefüllt, nicht zuviel Publikum und nicht zu wenig. Genau richtig. Vor dem Konzert läuft klassischer Rock'n'Roll, Chuck Berry, Jerry Lee Lewis, "Roll over Beethoven", "Sweet Little Sixteen", das ganze Programm. Dann liest die deutsche Stimme von Robert de Niro aus Jack Kerouac "On the Road". Niedecken erzählt, dass er seit 32 Jahren auf Tour durch Deutschland ist und heute zum ersten Mal in der Jahrhunderthalle spielt. Es gibt eben doch immer mal wieder ein erstes Mal, jedenfalls bei irgendwas.

Dann spielen BAP vom "Radio Pandora"-Album das Stück Musik, die nicht stört. Eine empörte Beschwerde über die Radiosender, deren Musik man - wenn überhaupt - nur in Vollnarkose erträgt und die Forderung nach Stromgitarren, Musik, die stört und Musik, die Eier hat. Richtig, darauf kommen wir später noch mal zurück. Erst mal werden jetzt (auch vom aktuellen Album) die Weltprobleme behandelt: die Religionsfreiheit am Beispiel der unterschiedlichen Gottesdarstellungen (Kron oder Turban), die Sinnlosigkeit des Krieges, speziell der Falklandkrieg (Diego Paz) und das Elend der Kinder in der Dritten Welt, Kindersoldaten in Uganda (Noh Gulu). Alles richtig, alles aufrichtig, alles aufrecht. Und auch anrührend. Die Textzeile am Anfang von Noh Gulu "Die, die Glück haben, kommen in Flip Flops, alle anderen laufen barfuß" geht jedem, der Kinder in der dritten Welt gesehen hat, mitten ins Herz.

Dann laufen sich Band und Publikum langsam warm, viele ältere Songs, bis hin zum ewig wahren Kölschen Mantra: "Aff un zo" und "Et ess wie't ess". Das funktoniert immer: die Stimmung steigt. Und es ist ja auch richtig: Je öfter man ein Mantra mitgebetet hat, umso besser wirkt es. Das Leben ist voller seltsamer Wechselfälle, mit guter Laune lässt sich das einfach besser ertragen. Und das Publikum von BAP ist in einem Alter, in dem es mehr als nur eine Ahnung von den Wechselfällen des Lebens hat. Danach kommt der "Unplugged" Teil. Das nicht eingestöpselte wird dadurch dargestellt, dass die Musiker jetzt auf Barhockern Platz nehmen. Eine Geigerin übernimmt die Stimme der E-Gitarre. So geht Rockmusik auch ohne Strom. Das letzte Stück unplugged ist "Für immer jung", geschrieben von Bob Dylan für seinen neugeborenen Sohn und zitiert von Wolfgang Niedecken in der Geburtsanzeige für seinen Sohn. Heiliger Vater! nein, das ist die andere Abteilung.



Bei BAP geht das so: "Es ist okay, wenn Du nach den Sternen greifst und über jeden Zaun springst, denn dann bist du für immer jung"! Richtig, aber darauf kommen wir später zurück. Jetzt wird abgerockt. Einmal quer durch das BAP Repertoire. Alles als schönste Rockmusik dargeboten, geradeaus gespielt, grundsolide, feinste Handarbeit, mit Liebe ausgesucht, mit Respekt gespielt, alles genau richtig. Glück und Zufriedenheit breiten sich im Publikum aus wie bei satten
Säuglingen. Das Publikum war ohnehin von Anfang an sehr bereitwillig. Schon bei den ersten Tönen wird mitgeklatscht. Nur einmal kommt der Elan ganz kurz zum Erliegen, da reicht ein halblaut von Niedecken in den Saal gerufenes "He, wo seid Ihr?", und sofort recken die Fans die Arme in die Höhe wie ein Mann. Von jetzt an muß Niedecken niemanden mehr animieren, es wird mitgesungen, mitgeklatscht, gewippt, gezappelt und getanzt.

Zum beruhigenden Abschluß kommt "Du kanns zaubre" und Niedecken erzählt, früher seien bei diesem Stück immer Wunderkerzen und Feuerzeuge hochgehalten worden, jetzt aber mehr Handys, denn einer von beiden müsse ja immer zu
Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen. So läuft es aber nicht. Das Frankfurter Publikum hat die Wunderkerzen und Feuerzeuge zur Hand, Handys nur wenige. Ja, lieber Wolfgang Niedecken, aufwachen! Die Kinder sind jetzt groß und bleiben alleine zu Hause! Es könnte alles sein wie früher! Zugaben, klar, jede Menge und natürlich auch "Verdammp lang her". Jetzt zeigt sich, daß das Publikum vieles eigentlich auch alleine könnte. Jürgen Zöller zählt an, Helmut Krumminga spielt einen kurzen Melodiefetzen und Wolfgang Niedecken gibt einen Ton vor: dann singt das Publikum, textsicher sogar im Originalton.

Das war ein schönes Rockkonzert und ein vergnügter Abend, alles genau richtig. Es ist nichts passiert, kein Ton, kein Wort, nicht die geringste Kleinigkeit, die nicht zu erwarten gewesen wäre. Und jetzt müssen wir noch mal zurückkommen auf die Stromgitarren, die Musik, die Eier hat und die Zäune, über die man springen soll. Jungs, passt auf, sonst kriegen wir Musik mit Eiern in Aspik und das will ja wohl keiner von uns. Dass man nach den Sternen greifen kann, gilt nicht nur für Neugeborene! Wie wäre es denn mal mit einem falschen Text oder einer versauten Musik. Beim nächsten Mal möchte
ich sehen, wie ihr über den Zaun springt. Nicht über jeden, nur ab und zu und auch gerne mit einem angemessenen Anlauf. Geht schon!
 
29. November 2008, 19.44 Uhr
Barbara Leiff
 
 
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