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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Gesichter der Stadt: Frank Dievernich

Bauen am Wir

Frank Dievernich, seit Oktober Vorstandsvorsitzender der Polytechnischen Gesellschaft, will Frankfurt voranbringen. Passend dazu hält er auf dem Neujahrsempfang der IHK nun eine Rede zum Thema „Mutig sein – Frankfurt bricht auf“.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Professor Dievernich, Sie sind seit dem 1. Oktober 2022 Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Wie kam es zu diesem Wechsel von der Hochschule zur Stiftung?
Frank Dievernich: Als Hochschulpräsident hatte ich schon immer Frankfurt im Blick, die Hochschule ist ein Teil der Gesellschaft. Meine Ansätze waren dort bereits klar: Was können wir für die Gestaltung der Stadt tun? Wie gestalte ich die Gesellschaft, die mich unmittelbar umgibt, mit? Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft möchte dezidiert allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt dienen und dort helfen, wo etwas fehlt oder wo der Staat nicht hinkommt. Und das war genau das, was mich an der neuen Funktion gereizt hat: Nicht nur über eine Bildungsinstitution in eine Stadt hineinzuwirken, sondern in der gesamten Bandbreite der Themen: Bildung, Wissenschaft, Humanitäres, Soziales und Kultur. Ich möchte einfach gerne noch mehr für Frankfurt tun.

Sie sind in Frankfurt geboren. Wie ist ihr Blick auf die Stadt?
Frankfurt ist eine Stadt mit einer unglaublich großen Vielfalt. Aber Vielfalt alleine bringt noch nichts. Vielfalt braucht Zusammenhalt und dieser entsteht nur dann, wenn wir die Potenziale der hier lebenden Menschen fördern und einfordern, sie zusammen und miteinander ins Gespräch bringen. So entsteht Teilhabe und neue Ideen für die Herausforderungen unserer Zeit. Zudem ist Frankfurt bei aller Internationalität und Dynamik dennoch überschaubar, fühlbar und begreifbar. Hier gibt es ein starkes Wir-Gefühl. Aber Frankfurt könnte noch mehr glänzen. Wir erleben Zeiten der Transformation und darin liegt eine Chance für Frankfurt, sich neu zu erfinden. Frankfurt ist eine Stadt mit vielen ungeahnten Potenzialen.

Frankfurt ist eine Stadt mit vielen Stiftungen. Was muss eine Stiftung heutzutage leisten?
Stiftungen können im Gegensatz zu Verwaltungen schnell und unbürokratisch reagieren und Ideen produzieren, ohne das gleich ein ganzer Verwaltungsapparat anspringen muss. Ich halte die Wiedereinführung von schnellem Handeln für enorm wichtig. Wir haben so viele Themen und Probleme in dieser Stadt, die nicht aufgeschoben werden dürfen. Wenn eine Stiftung so aufgebaut ist wie die Stiftung Polytechnische Gesellschaft kann sie die Bürger in die Stadt bewusst wieder „reinholen“ – mit ihren Stimmen, Wahrnehmungen und Bedürfnissen. An welchen Stellen müssen diese Stimmen laut werden? Wo ist Hilfe nötig? Und wo müssen wir als Bürger darauf drängen, dass behindernde Strukturen, die kluges Agieren blockieren, abgebaut werden?

Wie ist hier die Rolle der Stiftung Polytechnischen Gesellschaft zu sehen?
Ich würde die Stiftung als Katalysator beschreiben, der Teilhabe an unserer Gesellschaft ermöglicht: In den letzten 15 Jahren besonders im Bereich der Bildung, etwa der Sprach- und Familienbildung. Wir sind eine internationale Stadt, in der viele Jugendliche mit Migrationshintergrund aufwachsen. Wir möchten diesen jungen Menschen Chancen geben, die sie vielleicht nicht aus ihrem Elternhaus bekommen haben. Wir wollen dazu beitragen, dass Menschen Teil dieser Gesellschaft werden, die sie dann auch bewusst gestalten können – und sich daher als Teil dieser erleben.

Wir leben ja bekanntlich in krisenhaften Zeiten. Wo steht Frankfurt und was muss getan werden?
Was ich feststelle ist, dass die Abstimmungsprozesse unglaublich lang brauchen. Das große Thema Frankfurts ist: Strukturen müssen aufgebrochen werden, um endlich in ein Handeln zu kommen. Beispielsweise beim Bau von Wohnungen, bei der Problematik im Bahnhofsviertel. Eine große Herausforderung wird die weitere Erwärmung der Stadt im Sommer sein. Ist die Stadt stressresistent gegen Hitze? Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft wird sich darum beispielsweise in Zukunft noch stärker mit dem Thema psychische Gesundheit in der Stadt auseinandersetzen. Die Stadt wächst, es leben immer mehr Menschen auf engem Raum. Das erzeugt Stress und Druck. Unsichere Situationen, wie etwa der Krieg und die Energiekrise, belasten die Menschen zusätzlich. Frankfurt muss lebenswert und gesund sein, Frankfurt kann zur gesundesten Stadt Deutschlands werden. Zumindest sollte das unser Ziel sein, wenn wir Frankfurt zukunftsfähig gestalten wollen.

Das ist ein hohes Ziel. Wie kann das angegangen werden?
Es kann nicht ohne bürgerschaftliches Engagement gehen! Wir brauchen viel mehr Menschen, die sich ehrenamtlich, für das Wir, engagieren. Wir brauchen eine viel größere Teilhabe am Ehrenamt. Ganz konkret wollen wir das Thema psychische Gesundheit als eine Säule in unserem Förderbereich verankern. Hier können sich dann Akteure aus der Stadt mit ihren Projekten um eine Förderung bewerben. Psychische Gesundheit, Zukunftsfähigkeit, Resilienz, Nachhaltigkeit – all das werden wichtige Themen der Stiftung in Zukunft sein. Außerdem wollen wir Unternehmen als Partner für Nachhaltigkeit und Ehrenämter gewinnen und Netzwerke aufbauen, die Menschen die Möglichkeit geben, ihr Leben umzustellen, um sich diesen Themen stärker widmen zu können.

Sind das nicht Aufgaben, die eigentlich der Staat übernehmen müsste?
Ja, aber die großen Herausforderungen unserer Zeit brauchen Koalitionen. Die Politik kann es nicht alleine schaffen. Der Staat muss in einem reichen Industrieland, wie wir es sind, die idealen Rahmenbedingungen schaffen. Aber er hat nur begrenzte Ressourcen, in Bezug auf Personal, Geld aber auch Ideen. Wir sehen den Bedarf beispielsweise in der Familien- und Sprachförderung, im sozialen Bereich, bei der Stärkung des Ehrenamts. Wir haben eingangs schon darüber gesprochen: Hier springen wir ein. Und ich hoffe auch innovativ.

Und was sollte sich in der Stadtpolitik ändern?
Ich empfinde, dass die Stadt beim Bohren so manch „großer Bretter“ einfach nicht vorankommt und oftmals der Mut zu klaren Entscheidungen und Handlungen fehlt. In der Gemengelage, in der unsere Gesellschaft, in der die Stadt Frankfurt ist, wählen wir zwar Volksvertreter, aber die Themen sind so komplex, dass die Politiker, die wir gewählt haben, diese nicht bewältigen können. Wir sollten zu ganz konkreten Einzelfragestellungen die Bürger an die Urnen holen, die über die Themen der Stadt entscheiden.

Zur Person: Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich, geboren 1970 in Frankfurt, hat BWL und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert. 2001 schloss er seine Promotion an der Universität Witten/Herdecke ab. Er war in unterschiedlichen Managementpositionen in der Wirtschaft tätig. Von 2014 bis Juni 2022 war er Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences und wechselte zum 1. Oktober 2022 als Vorstandsvorsitzender zur Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Die Stiftung wurde 2005 von der Polytechnischen Gesellschaft gegründet und ist sowohl fördernd als auch operativ in den Sparten Familienbildung, Sprachbildung, kulturelle Bildung und Förderung des Bürgerengagements tätig. Für die Errichtung der Stiftung stellte die Polytechnische Gesellschaft den größten Teil der Erlöse aus dem Verkauf der Frankfurter Sparkasse zur Verfügung.
www.wir-bauen-am-wir.de
 
26. Januar 2023, 11.32 Uhr
Jasmin Schülke
 
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. – Mehr von Jasmin Schülke >>
 
 
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