Gestern abend läutete die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker mit ihrer hervorragenden Compagnie Rosas aus Belgien das Ende der diesjährigen Maifestspiele am Staatstheater Wiesbaden ein. "D'un soir un jour" ist ein zweiteiliger Tanzabend zu Musik von Claude Debussy, Igor Strawinski und George Benjamin, es spielte das Hessische Staatsorchester Wiesbaden unter der Leitung von Naohiro Totsuka. Ein wundersamer Abend voller Ironie und Poesie, an dem De Keersmaeker gekonnt mit den Mitteln des Theaters spielt - so wird zu Anfangs erst einmal eine Bühne bereitet: Auf dem Boden liegt ein Gestell mit einer Batterie von Neonröhren, im Bühnenhintergrund weiße Leinwand. Beides wird langsam in die Höhe gezogen, das aufsteigende Licht der brennenden Neonröhren verwandelt den Raum, bis es gewissermaßen das Dach der Bühne bildet und die Leinwand ihren Abschluss zum Hintergrund.
Mit leiser Ironie inszeniert De Keersmaeker Körper von Kraft und Stärke, mit nackten Füßen wirbeln die Tänzer Sand auf, der den Boden in einer dünnen Schicht bedeckt und jeden Schritt akustisch, jedes geworfene Bein optisch durch einen Staubschleier begleitet. Passanten durchschreiten das Bild und werfen filmische Referenzen auf, die in einer eingespielten Filmsequenz aus Antonionis "Blow Up" ausgesprochen werden. Ihre Tänzer nehmen die Bewegung der Schauspieler auf der Leinwand zum Anlass, kopieren und variieren sie voller Tanzfreude. Eine dichte Auseinandersetzung, sowohl mit der Musik als auch mit dem Film, und ein höchst lohnenswerter Theaterabend.