Tag der Deutschen Einheit

DDR im Nordend

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Zwanzig Jahre Tag der Deutschen Einheit – und die DDR lebt in Johanna Gorkoschs Privatmuseum weiter.

Nicole Brevoord /

Die DDR liegt verborgen im dritten Stock, in der Mansarde eines ganz normalen Wohnhauses nahe der Berger Straße. „Ich habe gerade frisch gelüftet“, sagt Johanna Gorkosch, „denn hier riecht man noch den Mief des Sozialismus.“ Auf acht Quadratmetern versammelt die Frankfurterin Dokumente und Kuriositäten, die von der „sozialistischen Alltagskultur in der DDR und anderswo“ künden. Wer sich bei ihr anmeldet, der darf die rund 1500 Gegenstände umfassende Pa-rallelwelt betreten. „Die DDR-Sachen haben ihren eigenen Charme“, sagt die Sammlerin, deren Lieblingsstück ein Hosenfaltenbügler ist. Ein Gerät, das sich im Westen wohl nicht durchgesetzt hat. Auf den Regalen findet sich jedoch noch mehr: etwa Reisepässe, FDJ-Ausweise, Bilder von Lenin, Honecker und einem retuschierten Gorbatschow ohne Stirnfleck. Konserven, Orden, Militärmützen und Gasmasken, ein originalverschweißtes DDR-Kondom, alte Zeitungen und Propagandaplakate. Als hätte es die Wiedervereinigung nie gegeben. Aber Ostalgie sucht man vergebens. „Mir ging es nur darum, dieses Stück deutsche Wirklichkeit durch dieses klitzekleine Museum zu bewahren, bevor sie verloren geht.“ Sie selbst stammt nicht aus der DDR, jedoch ihr 1997 verstorbener Mann. Wolfgang Czakai wuchs in Jena auf, galt als „politisch unzuverlässig“ und weigerte sich, Dienst als Bausoldat zu tun. „Ausreise oder Knast. Er hatte die Wahl.“ Im Zuge der Ausreisewelle ging es 1977 unwiderruflich in den Westen. „Doch hier ist er nie richtig heimisch geworden“, sagt die Verwaltungsangestellte. Seine ostdeutschen Habseligkeiten hob Johanna Gorkosch auf. Anfang der 90er-Jahre wurden die Exponate, zumeist durch Sachspenden begeisterter Besucher, immer mehr. An den Mauerfall erinnert sich die 55-Jährige exakt: „Meine Schwiegermutter ist genau fünf Minuten vor der Wiedervereinigung gestorben.“ Die Vergangenheit nimmt Gorkosch aber mit Humor und richtet regelmäßig Museumspartys aus, auch am 3. Oktober. Mit Rotkäppchensekt und russischen Eiern. „So, wie sich das gehört.“

>> Kontakt: johanna.gorkosch@t-online.de


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