Sommerstipendien

Frankfurt und die Welt

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Jedes Jahr bietet das Goethe-Institut in Kooperation mit drei Stiftungen den besten Deutschschülern aus Frankfurts Partnerstädten die Möglichkeit drei Wochen am Main zu verbringen.

Greta Zicari /

Der 17-jährige Ido Shlolnik (Foto links) lernt seit drei Jahren Deutsch. Einmal die Woche für drei Stunden übt er Vokabeln, schreibt und liest in der deutschen Sprache. Doch nicht etwa in der Schule, denn in den Schulen in Tel-Aviv wird kein Deutsch angeboten. Dass er trotzdem privat Deutsch lernt, stößt in seinem Umfeld auf Unverständnis. „Die anderen aus der Schule fragen mich, wieso ich Deutsch lerne, obwohl ich doch die Geschichte kenne. Aber es ist 2011. Ich vergesse zwar nicht, aber trotzdem möchte ich Deutsch lernen.“ Für ihn ist es wichtig eine Verbindung zu Deutschland aufzubauen, sowohl persönlich als auch symbolisch. Das hat er auch in seinem Aufsatz geschrieben, der ihn nach Frankfurt brachte.
Er ist einer der 28 Stipendiaten der „Frankfurter Sommerstipendien für die besten Deutschschüler aus Frankfurts Partnerstädten“, die vergangenen Sonntag eingeflogen sind und nun für drei Wochen die Stadt kennen lernen sollen. Die zwischen 15 und 17 Jahre alten Teilnehmer stammen alle aus Frankfurter Partnerstädten und wurden mit Hilfe eines Schreibwettbewerbs ausgesucht. Sie kommen also aus der ganzen Welt: Lyon, Mailand, Krakau, Budapest, Toronto, Dubai, Kairo und viele mehr, den Frankfurt schmückt sich mit stolzen 14 Partnerstädten. In diesem Jahr sind auch zwei japanische Teilnehmer aus Yokohama dabei. Eine Stadt, die im Herbst offiziell eine Partnerstadt werden soll. In den Heimatstädten der Stipendiaten rief das dortige Goethe-Institut sogenannte „Experten für Unterricht“ zur Hilfe, die die Bewerber aussuchten. Das Schreiben, dass die Jugendlichen einreichen sollten, war ein Motivationsschreiben, in dem sie erklären sollten, wieso sie gerne nach Deutschland wollen und was sie besonders an dem Land interessiert.
Ido schrieb, dass er einen Großvater in Deutschland habe, der Deutsch spricht und sich sehr darüber freut, dass sein Enkelsohn es nun lernt.

Für die drei Wochen hat sich das Goethe-Institut ein besonderes Programm für ihre Stipendiaten ausgedacht: Von einer Rundführung durch den neuen Campus Westend, einem Empfang im Römer bis hin zu einer Stadtführung ist alles dabei. Und natürlich: Deutsch-Unterricht. Das ist nichts Neues für die 17-jährige Sherry Ishak (Foto rechts), die in Kairo auf die deutsche Schule gegangen ist, wie schon ihre beiden älteren Schwestern vor ihr. „Dort wird nur auf Deutsch unterrichtet, also auch Biologie, Chemie und Mathe“, erzählt sie, „außer andere Sprachen.“ Als ihre älteste Schwester sechs Jahre alt war, sind ihre Eltern von Deutschland nach Ägypten gezogen. Den Eltern war es jedoch wichtig, dass die Tochter weiterhin Deutsch lernen sollte. Ihre älteste Schwester lebt heute in Deutschland und ist mit einem Deutschen verheiratet. Ob Sherry eines Tages in Deutschland studieren wird? Das weiß sie noch nicht: „Es ist interessant, aber ich habe auch ein bisschen Angst alles zurückzulassen.“

Die Goethe-Stiftung organisiert schon seit Jahren Jugendkurse mit dem Fokus von Sprache und setzt sich für „die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes ein“, so Günther Schwinn-Zur, Leiter des Goethe-Instituts. Auch Roland Kaehlbrandt von der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt schätzt den Wert dieses Projekts: Er möchte den aktuellen Trend umdrehen, den Trend in die englischsprachigen Länder zu reisen und möchte zeigen, dass es sich lohnt, Deutsch zu lernen. Deutsch ist die Muttersprache von 100 Millionen Menschen, ist Platz zehn der Weltsprachen und 16 Millionen Menschen lernen Deutsch als Fremdsprache. Diese Zahlen solle man nicht unterschätzen, so Kaehlbrandt. „Sprache ist mehr als nur der Aufstieg zur Bildung, sondern trägt auch zur Entfaltung der Persönlichkeit bei“, sagt Kaehlbrandt.

Auf der Liste der teilnehmenden Studenten sorgt eine Stadt für Verwirrung: Leipzig, die deutsche Partnerstadt Frankfurts. Wieso sollte ein Schüler aus Leipzig einen Deutschkurs nötig haben? Schwinn-Zur erklärt: „Das dortige Schulamt steht in Verbindung mit drei Schulen dort und sucht Kinder mit Migrationshintergrund für das Projekt aus. Dieses Jahr ist ein Mädchen aus Russland dabei, das erst seit diesem Jahr in Leipzig wohnt.“

„Das Niveau der Stipendiaten ist nie ganz gleich“, berichtet Günther Schwinn-Zur. „Allerdings wurden wir informiert, dass es dieses Jahr einheitlicher ist.“ Barbara Brosius, Vice Chairman der UBS Deutschland AG und Vorsitzende des Vorstands UBS Optimus Foundation, schätzt es als gute Erfahrung, wenn die ausländischen Kinder in ihrem Hause aufeinander treffen. „Es ist wunderbar zu sehen, wie sie miteinander umgehen“, sagt sie. „Da sieht man wieder, wie einfach Völkerverständigung doch sein kann.“

Das Heinrich-von-Gagan-Gymnasium unterstützt das Projekt, in dem es hilft für die 28 Stipendiaten Gastfamilien zu suchen. Denn im Unterschied zu den normalen Jugendreisen des Goethe-Instituts sollen die Schüler auch außerhalb des Programms von deutschsprachigen Menschen umgeben sein. Hier wird versucht darauf zu achten, dass die Schüler gleichaltrige Gastgeschwister haben. „Einige Familien sind seit zwei Jahren begeistert dabei“, berichtet Schwinn-Zur zufrieden.

Und wie reagieren die Gäste auf das Wetter in Deutschland? Die 17-jährige Sherry lacht und berichtet, dass es für sie sehr ungewohnt ist. „In Kairo ist es im Sommer immer sehr warm und im Winter sehr kalt. Da scheint nicht die Sonne und im nächsten Moment fängt es an zu Regnen. Das kenne ich gar nicht.“


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