Propaganda für den Erhalt der Galopprennbahn

Aufs falsche Pferd gesetzt

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Am 21. Juni sollen Frankfurt entscheiden, ob die Galopprennbahn Niederrad weiterbestehen soll. Die Band "Vielleicht Anna" versucht, mit einem Musikvideo Stimmung zu machen. Das funktioniert nur leidlich.

Lukas Gedziorowski /

Message-Songs sind peinlich. Wenn man versucht, mit eingängigen Melodien und pathostriefenden Texten für eine Sache zu begeistern, geht das meistens nach hinten los. Außer vielleicht in Nordkorea. Im Rest der Welt aber braucht man sich nur einmal "Heal the World" von Michael Jackson anzuhören und wer halbwegs mit Hirn oder Geschmack gesegnet ist, kann sich eines Gefühls zwischen Ekel und Fremdscham nicht erwehren.

Trotzdem wird immer wieder versucht - auch außerhalb von Nordkorea - Stimmung mit Liedern zu machen. Besonders beliebt bei Fußball-WMs und Wahlkämpfen. Sport und Politik betreffen die Massen - also bietet sich Propaganda im anbiedernden Gewand der Popmusik an. Die nächste Wahl in Frankfurt steht am 21. Juni bevor. Falls dieses Datum noch nicht in Ihrem Kalender rot markiert ist: da dürfen Sie entscheiden, ob sie die Galopprennbahn Niederrad erhalten wollen oder ob dort ein Leistungszentrum des Deutschen Fußball-Bundes errichtet werden soll. Pferde oder Fußball also. Sie haben die Wahl. Die Weisen, die unsere Stadt regieren, haben sich längst für den DFB entschieden. Doch einige Querulanten wie der Frankfurter Renn-Klub und eine Bürgerinitiative sähen lieber die Pferdchen weiter im Kreis laufen.

Unterstützung kommt nun also von der Popmusik: Die Band "Vielleicht Anna" hat für ihren Song "Die Stadt am Main" ein Musikvideo auf der Galopprennbahn gedreht und fordert am Anfang und Ende des Videos dazu auf, am 21. Juni für die Rennbahn und gegen den DFB zu stimmen. Doch weder Video noch Song liefern dafür auch nur ein gutes Argument.



Wir sehen die Band, eine Horde von vier jungen Männern, mit Caddies über die Rennbahn düsen und herumblödeln, eine Wackelkamera soll die ausgelassene Stimmung einfangen. Aber in dieser winterlichen, trostlosen Landschaft will der Funke nicht so recht überspringen. In dem Song, der bloß aus einer Aufzählung angeblicher Vorzüge der Stadt Frankfurt besteht, wird die Rennbahn allerdings wird nur einmal genannt - und das in dem unvorteilhaften Zusammenhang, dass man dort beim Wetten "all sein Geld verlieren" könne. Und auch wenn es im Refrain heißt "Sattel die Pferde, heute reiten wir aus" - im Video ist nicht einmal eines der Tiere im Bild. (Ganz zu schweigen davon, dass die Rennbahn kaum für "Ausritte" gedacht ist.) Ja, man ist nach dieser Einlage geneigt zu sagen: Macht den Laden jetzt erst recht dicht, damit das Gelände mal sinnvoll genutzt wird - statt als Hipster-Spielplatz.

Die Idee hinter dem Clip - wenn es denn überhaupt eine gibt - ist wohl diese Logik: Wer Lokalpatriot ist, ist auch für die Rennbahn. Aber das Machwerk taugt nicht einmal dazu, der "Stadt am Main" zu schmeicheln, da können die Jungs noch so oft "Frankfurt, Frankfurt, Frankfurt" hauchen, es erschließt sich aus dem Text nicht, warum man eine Stadt gut finden sollte, in der man - so besagt es das Lied - nicht in die Clubs reinkommt.

Entstanden ist das Video übrigens nicht im Auftrag des Renn-Klubs oder der Bürgerinitiative. Man kann nur hoffen, dass sich die beiden Organisationen anständige PR-Berater suchen, um für ihre Sache zu werben und aus diesem Beispiel lernen: Bitte keine Lieder mehr!


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