Projekt der BG Unfallklinik

Gemeinsam Barrieren überwinden

Favorisieren Teilen Teilen

Sitzt ein Mensch nach einem Unfall oder einer Erkrankung plötzlich im Rollstuhl, ist der Informationsbedarf hoch. Die BG Unfallklinik möchte Betroffenen den Weg in den Alltag erleichtern – und setzt auf die Hilfe anderer Betroffener.

Nicole Nadine Seliger /

Circa 100.000 Querschnittsgelähmte gibt es in Deutschland, jedes Jahr kommen etwa 2.000 Neubetroffene dazu. Um die Frischverletzten bei ihrer Rückkehr in den Alltag zu unterstützen, hat die BG Unfallklinik nun ein Projekt ins Leben gerufen: Beim sogenannten Peer Counseling lernen die Patienten von Erfahrungen anderer Rollstuhlfahrer. Betroffene beraten Betroffene, so lässt sich das Konzept zusammenfassen. „Wir als Ärzte können beraten, aber das Gespräch mit Betroffenen hat eine andere Wichtigkeit für die Patienten“, sagte Rafaela Korte, Geschäftsführerin der BG Unfallklinik.

Barrieren im Alltag
Fast fünf Monate verbringen Frischverletzte durchschnittlich in der Klinik, in den letzten vier Wochen der Reha-Maßnahmen soll dann der Kontakt zu den Peers entstehen, die bei praktischen Fragen zum Wohnungs- und Autoumbau, aber auch zum Sozialrecht helfen. Das Angebot soll als Ergänzung zu Fachleuten dienen, denn Vieles bleibe in Gesprächen mit Ärzten unausgesprochen, erklärte Chefarzt Oswald Marcus aus der Abteilung für Rückenmarkverletzte. Er hat erlebt, dass Patienten manchmal lieber mit Betroffenen sprechen, die den Alltag im Rollstuhl selbst erleben. „Ein Behindertenschild oder eine Behindertentoilette macht noch kein barrierefreies Leben. Die Barrieren liegen oft woanders“, sagt er.

„Ihr seid besser als das Internet“
Wichtig seien der direkte Kontakt und die eigenen Erfahrungen der Peers, sagt Marcus. „Diese Authentizität kann das Internet nicht bieten“, betont er einen Vorteil des Projekts. In den ersten drei, vier Monaten nach der Klinik-Entlassung sollen die Peers beraten. Einer von ihnen ist Jean-Marc Clément (im Foto links, mit einem Patienten), der als Folge einer schweren Erkrankung seit mehr als 30 Jahren im Rollstuhl sitzt. „Weil ich selber viel Hilfe bekommen habe, möchte ich etwas weitergeben“, erzählt der 63-Jährige.

Egal, ob die Patienten im Anschluss an ihre Reha oder erst Monate später mit den Peers arbeiten wollen – das Angebot gelte lebenslang, betonen die Verantwortlichen.

Deutschlandweites Netzwerk geplant
Für die Frankfurter BG Unfallklinik sind zunächst fünf der ehrenamtlichen Berater im Einsatz. Ausgewählt und regelmäßig geschult werden sie von der Fördergemeinschaft der Querschnittsgelähmten e.V. (FGQ).Das Konzept des Peer Counseling gibt es bereits seit 1981, doch erst jetzt wird es unter dem neuen Projektnamen professionalisiert. Langfristig möchte die FGQ ein deutschlandweites Netzwerk aus etwa 120-140 Peers etablieren.


Anzeige
Anzeige

Mehr Stadtleben-News

Anzeige
Anzeige

Ausgeh-Tipps

 
Anzeige
 
Anzeige
Anzeige

Kalender

Anzeige