Autor Daniel Holbe schickt Ermittlerin Julia Durant ein weiteres Mal auf Verbrecherjagd – im neuen Buch „Die Hyäne“. Deshalb lud er zu einer ungewöhnlichen Lesung: einer Velo-Taxi-Tour, die zu den Schauplätzen führte.
Christina Weber /
Eine Kolonne von dreizehn Velo-Taxen rollt durch Fechenheim. Das fällt auf. Passanten gucken verdutzt, Autos hupen, Kinder winken. Normalerweise deutet so ein Anblick auf eine Hochzeitsgesellschaft oder einen Junggesellenabschied hin, erklärt ein Velo-Taxi-Fahrer. In diesem Fall aber wandelt die Gruppe auf den Spuren eines Mörders. Glücklicherweise ist der Verbrecher nur fiktiv, er ist dem Kopf von Krimi-Autor Daniel Holbe entsprungen. Und der hat, gemeinsam mit HR-Info, zu einer ungewöhnlichen Lesung geladen: einer Tour, die von Schauplatz zu Schauplatz seines neuen Buches „Die Hyäne“ führt.
Startpunkt ist die Carl-Ulrich-Brücke, die Fechenheim mit Offenbach verbindet. Von hier aus geht es zu einem halb überfluteten Feldweg, den die Teilnehmer entlang zum Fundort der Leiche folgen. „Beim nächsten Buch achte ich drauf, dass es für Outdoor-Lesungen geeignet ist. Das war bisher kein Kriterium“, sagt der Autor scherzhaft, der in Friedberg geboren ist. Dann, inmitten von Feldern mit Blick auf die Wohnhaussiedlung in der Bürgeler Straße, findet der erste Teil der Lesung statt. Die Gruppe steht im Halbkreis um Holbe. Vor ihnen ist der Fundort mit Sperrband markiert. „Ich arbeite immer so, dass ich zu den Schauplätzen fahre und die Geschichte dort entwickele“, erzählt der Autor. Der Junge, der im Buch ermordet wird, wohnte in der Wohnsiedlung. „Man bekommt schon einen Kloß im Hals, wenn man sich vorstellt, er ist hier gestorben, in Rufweite seines Elternhauses“, so der 38-Jährige, der vor knapp drei Jahren in die Fußstapfen des verstorbenen Autors Andreas Franz trat. Seither führt er dessen Krimi-Reihe um die Detektivin Julia Durant weiter. „Die Hyäne“ ist bereits das 15. Buch mit der Ermittlerin in der Hauptrolle.
Der nächste Stopp ist eine Lichtung am Mainufer, auf der ein großer, markanter Baumstumpf aus dem Boden ragt. Hier hat sich im Buch die Clique des Opfers getroffen und hier gewährt Holbe einen Blick in die Abgründe der Gruppe. Denn die Jugendlichen haben „Choking Games“ veranstaltet. Dabei würgt man sich selbst so lange, bis man in Ohnmacht fällt – ein kostenloser, aber sehr gefährlicher Kick. Und dann wurden beim ermordeten Jungen auch noch Würgemale am Hals entdeckt ...
Nach einer Rundfahrt durch die Altstadt von Fechenheim, kommt die Gruppe wieder an der ersten Station an. Diesmal geht es aber nicht den Feldweg entlang, sondern zu einem mit Graffiti beschmierten Wasserhäuschen. „Das war einer der ersten Orte, an denen ich war“, erzählt Holbe von der Arbeit an seinem literarischen Werk. „Denn hier fängt der jugendliche Leichtsinn an“, sagt er und deute auf die verschmierten Wände des Hauses. Zum letzten Mal an diesem Abend liest Holbe aus seinem Buch, zeigt auch den Weg, auf dem der Täter flüchtete. Dann geht es zurück zur Carl-Ulrich-Brücke. Eine gelungene Veranstaltung, darin sind sich alle einig. „Ab jetzt wird jede andere Lesung langweilig sein“, sagt eine Teilnehmerin.