Knast in Preungesheim

Neue Räume, in denen niemand freiwillig wohnt

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Am Montag eröffneten die Minister Jörg-Uwe Hahn und Thomas Schäfer das neue Justizvollzugsanstaltsgebäude in Preungesheim. Das JOURNAL FRANKFURT durfte schon mal einen Blick hinein werfen.

Greta Zicari /

Die Zimmer sind mit dem nötigsten eingerichtet. Ein Bett, schlichte Holzregale, ein Schreibtisch und Stuhl - das ist das Inventar jeder Zelle. Die Duschen sind im Gang. Abgesehen davon, dass die meisten Räume Einzelzimmer sind und mit dicken mechanischen Hochsicherheitstüren geschlossen werden, könnte man fast meinen, man befände sich in einer Jugendherberge. Eine 100 Millionen teure Jugendherberge allerdings.

Am Montagvormittag wurde das neue Gebäude der Justizvollzugsanstalt (JVA) feierlich eingeweiht. Zahlreiche Gäste erschienen, um diesem Event beizuwohnen und einen Rundgang durch das neue Gebäude machen zu dürfen. All das auf ungewöhnliche Weise untermalt: Mit Musik vom Blechbläserensemble des Landespolizeiorchesters Hessen. Soviel Tamtam wird den Insassen künftig nicht vergönnt sein. „Es wurden 564 neue Plätze geschaffen, darunter sind 516 Einzelunterbringungen“, sagt Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP), der die Gäste als Erster begrüßte. Für ihn ist es wichtig, dass nicht nur die negativen Nachrichten für „großes Kino“ sorgen, sondern auch mal etwas erfreuliches, wie eine Einweihung. Ab kommender Woche sollen die ersten Häftlinge das neue Gebäude beziehen. „Die Justizvollzugsanstalt in Offenbach gibt es bald nicht mehr und wir haben vor, die Anstalt in Höchst ebenfalls zu schließen“, so Hahn. Die meisten Häftlinge werden jedoch aus Weiterstadt kommen. Aus der bisherigen Untersuchungshaftanstalt bei Darmstadt sollen rund 300 Gefangene nach Preungesheim gebracht werden.

„Die neue Justizvollzugsanstalt gerade auf diesem beengtem Baufeld zu schaffen, war eine wirtschaftliche Entscheidung“, so Finanzminister Schäfer (CDU). „Der Standort genau zwischen den beiden benachbarten Justizvollzugsanstalten Frankfurt am Main II und Frankfurt am Main IV macht es möglich, die in der JVA Frankfurt III vorhandene zentrale Großküche und die Zentralwäscherei zu nutzen und keine entsprechenden neuen Einrichtungen bauen zu müssen. Auch wurde dadurch die Nutzung des bereits bestehenden modernen Blockheizkraftwerks der ortsansässigen Vollzugsanstalten möglich.“ Einen weiteren Grund nannte Hahn: Die Bereitschaft der Nachbarschaft sei größer, als in anderen Stadtteilen.
Thomas Platte, Direktor der Hessischen Baumanagements überreichte dem Staatsminister Schäfer einen symbolischen Schlüssel. „Ob dieses Gerät überhaupt hier rein darf?“, fragte sich Schäfer schmunzelnd und spielte auf den Metalldetektor an, durch den jeder Gast am Eingang passieren muss. Das ist nicht die einzige Vorsichtsmaßnahme: Über den bis zu 15- Meter hohen Mauern befinden sich jeweils drei Rollen Stacheldraht. Zahlreiche Bewegungsmelder und Videokameras verfolgen das Geschehen. Alle Türen sind mit elektronischen Schließanlagen gesichert. Frank Lob, der Anstaltsleiter, zeigte im Rundgang ein Mobilfunkgerät, dass jeder Mitarbeiter in der Justizvollzugsanstalt bei sich trägt. Über dieses Gerät kann man jederzeit geortet werden und es alarmiert die Kollegen, falls der Beamte überwältigt würde. „Es hat sogenannte Abreiß- und Liegefunktionen. Liegt das Gerät mehr als zehn Minuten, so alarmiert das Gerät die Kollegen, dass der Mitarbeiter wahrscheinlich überwältigt wurde und am Boden liegt“, erklärte Lob. Im sogenannten „grünen Hof“ befinden sich überall an den Wänden graue Kästen, die mit den Mobilfunkgeräten verbunden sind. Der Blick auf den freien Himmel wird nur von einem Helikopterabwehrnetz leicht getrübt. Ansonsten gleicht der Hof mit seinen Tischtennisplatten und dem Basketballfeld einem Schulhof. „Wir hoffen, dass die Häftlinge unsere Architektur als Chance für einen positiven Neubeginn begreifen“, erläuterte Axel Krüger, Generalplaner des bayerischen Architekturbüros „Plan2“. „Die Fußballtuniere, die vorher in der Anstalt in Höchst abgehalten wurden, werden selbstverständlich hier weitergeführt“, versprach Stadtrat Peter Mensinger.

Auf eine weitere Besonderheit machte Albrecht Häberle, Generalunternehmer BAM Deutschland AG und Ed. Züblin AG, aufmerksam: „Die Gitter an den Fenstern sind eine Besonderheit. Sie bestehen nicht aus vielen einzelnen Stücken, sondern wurden in einem Guss aus 15 Millimeter starken Stahlmanganplatten gegossen. Mit Laser wurde dann die Form aus den Stahlplatten geschnitten. Manganstahl ist mechanisch nicht ohne weiteres bearbeitbar und einmal hart geworden, auch nicht wieder schmelzbar. 400 Brunnen Mangan wurden für den Bau benötigt.“ Zwischen den Zellen, von denen die Mehrzahl Einzelzellen sind, befinden sich Detektoren. Diese Detektoren spüren Handys auf, sobald sie angeschaltet werden. Mobiltelefone sind für die Insassen streng verboten und werden sofort entdeckt, wenn doch Jemand eines hereingeschmuggelt haben sollte.
Im Inneren gibt es rote Gänge, außen glänzen die Wände von einem grellen Gelbgrün bis hin zu einem starken, knalligen Grün. Nancy Faeser, Vorsitzende des Unterausschusses Justizvollzug, findet das wichtig: „Die Farbgebung ist entscheidend, wenn man schon den ganzen Tag hinter verschlossenen Türen steht.“ Dabei denkt sie nicht nur an die Häftlinge, sondern auch an die Mitarbeiter.

Bereits 2007 war der der Grundstein für die neue JVA gelegt worden. Die Arbeiten, die drei Jahre dauern sollten, haben sich nach hinten verzögert. Häberle, der den Aufbau der neuen Anstalt mit einem Marathon vergleicht, sagt: „Wie beim Laufen, gab es auch beim Bauen Reibungen, aber wichtig ist, dass es gelungen ist.“


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