Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat eine Ausnahmegenehmigung zur Vergabe von Diamorphin an Schwerstabhängige bis zum 30. April 2010 (synthetisches Heroin) für die Stadt Frankfurt erteilt. Die Erlaubnis umfasst die Aufnahme von neuen Patientinnen und Patienten bis zur Gesamtversorgungskapazität der Betriebsstätte (Grüne Straße) von 150 Patienten, einschließlich der schon behandelten Personen. Das teilte Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann heute mit.
Das Diamorphin (synthetisches Heroin) wird wie bisher nur an Schwerstabhängige verabreicht. Die bestehenden hohen Sicherheitsstandards werden in der Studienambulanz genau so aufrechterhalten wie die begrenzte Vorratshaltung des Ersatzstoffes. Die Ausnahmegenehmigung zur Vergabe von Diamorphin wurde im öffentlichen Interesse erteilt.
Damit wurde dem Antrag der Stadt Frankfurt ohne Abstriche stattgegeben. "Die Fortführung der Heroinambulanz in Frankfurt ist erst einmal gesichert. Das gibt den Patientinnen und Patienten und der kommunalen Drogenpolitik der Stadt Frankfurt am Main die Sicherheit, die wir dringend gebraucht haben. Wir konnten das Ende dieser erfolgreichen Therapieform in Deutschland vorerst verhindern", so Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann. Dies sei jedoch nur ein Zwischenerfolg auf dem Weg zu einer gesetzlichen Regelung der Heroinvergabe in Deutschland und einer fairen Lastenverteilung für diese Therapieform zwischen Bund, Ländern, Kommunen und den Krankenkassen.
"Das BfArM hat mit der Erteilung der Erlaubnis erstmalig festgestellt, dass die Vergabe von Diamorphin als Arzneimittel im öffentlichen Interesse liegt", so die Gesundheitsdezernentin. Dies komme einem Paradigmenwechsel in der Auffassung des BfArM gleich. "Die Diamorphinvergabe ist für eine bestimmte Gruppe von Patienten alternativlos. Der Bund hat sich nun unserer Argumentation angeschlossen, dass schwerstabhängige Patientinnen und Patienten in Deutschland einen Anspruch auf Zugang zu dieser erfolgreichen Therapieform haben." Nach Einschätzung der Dezernentin kann diese Therapieform nun auch den anderen Städten, die einen ähnlichen Bedarf für Schwerstabhängige wie Frankfurt haben, nicht mehr verwehrt werden.
Das Einlenken des Bundes auf der Verwaltungsebene könne aber nur eine Zwischenlösung darstellen. Die gesetzgeberische Klärung dieser wichtigen Frage könne dadurch nicht ersetzt werden. Die Kommunen hätten sich bei Beginn der Heroinstudie 2002 darauf verlassen, dass - sollte Diamorphin als Arzneimittel zulassungsfähig sein - eine gesetzliche Regelung erfolgt. "ln Anbetracht der erheblichen finanziellen Belastungen, die ein solches Projekt mit sich bringt, ist eine gesetzliche Regelung unabdingbar, denn die Lasten dürfen nicht nur bei den Kommunen abgeladen werden", so Rottmann.
"Der Zugang zur kontrollierten Diamorphinvergabe berührt das Grundrecht von Bürgerinnen und Bürgern auf eine ausreichende medizinische Versorgung. Dies sehen offenkundig auch die Behörden des Bundes mittlerweile so. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sind deshalb in der Pflicht, sich diesen rechtlichen Argumenten zu öffnen und eine gesetzliche Grundlage für die notwendigen Therapien für Schwerstabhängige zu schaffen. Gerade wer eine berechenbare und eingrenzbare Regelung der Therapie mit Diamorphin will, muss sich nun für ein Gesetzgebungsverfahren stark machen. Der Rückgriff auf immer neue Provisorien und Ausnahmegenehmigungen darf kein Dauerzustand werden."
Ein verabschiedungsreifer Gesetzentwurf liege längst vor, so die Stadträtin. Der Regierende Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, habe vor einigen Wochen mit der Unterstützung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch eine Bundesratsinitiative angekündigt. Diese müsse nun endlich auf den Weg gebracht werden, um den Zustand des Hinhaltens und der Provisorien endlich zu beenden. Es sei zu hoffen, so Manuela Rottmann, dass sich weitere Bundesländer dieser Initiative anschließen. Gleichzeitig gebe es verschiedene Initiativen im Bundestag, die jedoch bisher ohne Erfolg geblieben sind. Auch hier erwarteten die Kommunen nun einen neuen Anlauf im Parlament.
"Ich erwarte, dass unsere durch das BfArM bestätigten rechtlichen Argumente für die Heroinvergabe auch im Bundestag nun zu einem Umdenken führen. Eine weitere Verzögerung und Verweigerung lässt sich angesichts der neuen Lage nicht mehr rechtfertigen", sagte Manuela Rottmann abschließend.
Quelle: PIA Stadt Frankfurt, Foto: Harald Schröder