Vor einem Jahr war „notleidende Banken“ das Unwort des Jahres, weil es Banken als Opfer verharmloste. Ganz nach oben auf das Unwort-des-Jahres-Treppchen schaffte es in diesem Jahr die Wortfügung „betriebsratverseucht“. In Frankfurt wurde die Formulierung von einer Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten aus 982 Vorschlägen als Sieger erkoren. Bekannt wurde der Ausdruck durch die ARD-Sendung ,Monitor‘. Dort berichtete am 14. Mai 2009 ein Mitarbeiter einer Baumarktkette, dass dieses Wort von Abteilungsleitern verwendet werde, wenn ein Mitarbeiter von einer Filiale mit Betriebsrat in eine Filiale ohne Betriebsrat wechseln wolle. Dort könne ihm dann vorgehalten werden, dass sein bisheriges Vertrauen in eine Arbeitnehmervertretung die Einstellung gefährde. „Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen ‚stört‘ zwar viele Unternehmen, sie als ‚Seuche‘ zu bezeichnen, ist indes ein zumindest sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen“, begründete der Jury-Sprecher Prof. Horst Dieter Schlosser die Entscheidung. Auch „Flüchtlingsbekämpfung“ und „intelligente Wirksysteme“ schafften es auf die vorderen Plätze der jährlichen Abstimmung. Mit „Flüchlingsbekämpfung“ beschrieb die Bundeskanzlerin, einen Teil des deutschen Beitrags zum Migrationsproblem, die Abwehr von Flüchtlingen an Europas Grenzen. „Es ist zu hoffen, dass damit nicht tatsächlich militärische Aktionen gemeint sind. In jedem Fall ist die Gleichsetzung einer Menschengruppe mit einem negativen und deshalb zu bekämpfenden Sachverhalt – wie in ‚Krankheits-‘, ‚Seuchen-‘, oder ‚Terrorismusbekämpfung‘ – ein dramatischer sprachlicher Fehlgriff“, so Schlosser. Zum Terminus „intelligente Wirksysteme“ merkte er an: „Hinter dieser nur scheinbar harmlosen Bezeichnung verbergen sich ausschließlich technologisch hochentwickelte Munitionsarten.
Bereits seit 1991 wird das Unwort des Jahres aus Vorschlägen aller Bürger und Bürgerinnen gekürt. Gefahndet wird nach sprachlichen Missgriffen aus der öffentlichen Sprache. Die Formulierungen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Kulturinstitutionen oder Medien zeichnen sich dadurch aus, dass sie grob unangemessen waren oder die Menschenwürde verletzen. Die Entscheidung über das „Unwort des Jahres“ trifft eine unabhängige Jury. Vorschläge für das Unwort des Jahres werden das ganze Jahr über entgegengenommen. Text: Ewelina Feil