Solomon Burke - Samtsessel, Sitztanzen und Schweiß auf der Stirn

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Barbara Leiff /



Die Hugenottenhalle in Neu Isenburg hatte sich, so gut sie kann, herausgeputzt. Im Saal waren Stehtische aufgestellt, so dass die sonst karge Halle doch wenigstens einen Hauch von Club- und Kneipenatmosphäre verströmte. Beim leider nicht allzu zahlreich erschienenen Publikum kam das gut an. Auf der Bühne stand ein riesiger rote Samtsessel, üppig mit Gold verziert. Überhaupt: üppig wurde der Abend. Das Opening kommt im Stil von Ray Charles von den beiden Keyboardern, üppige Orgelklänge von einer wunderbaren altmodisch-antiquierten Orgel. Dann Auftritt der weiteren Musiker. 13 Musiker und Musikerinnen kommen auf der Bühne, unter anderem 2 Gitarristen, 3 Bläser, 2 Geigerinnen und 2 Sängerinnen. Eine üppige Besetzung, alle festlich gekleidet in Smoking und
Abendkleid, ein seltsamer Kontrast zu dem überwiegend im Anorak und mit Wanderschuhen erschienenen Publikum.

Jetzt Licht aus und im Dunkeln schafft sich irgendwie Solomon Burke auf den riesigen Sessel, ein üppiger Mann im Glitzeranzug. Solomon Burke bittet das in verlorenen Grüppchen herumstehende Publikum zunächst einmal ganz nach vorne an die Bühne zu kommen. Er liebt uns alle, er will uns alle sehen und er will uns alle mitnehmen, das erklärt er uns mit seiner wunderbar warmen und vollen Stimme, die er in allen Nuancen einsetzt: ganz laut, ganz leise und mit Zwischentönen ohne Ende. Er singt Songs von Tom Waits und von Eric Clapton und er spricht darüber, was ihn mit diesen Musikern und ihrer Musik verbindet: die Liebe. Er kommt immer wieder auf sein zentrales Thema zurück, auf die Liebe, die glückliche und die unglückliche Liebe. Er bringt das Publikum dazu, zusammen mit ihm den Blues zu singen: when I lost my baby, I almost lost my mind! Im Chor singen die Zuhörer. Und: always keep your diamonds, dazu wirft er üppig glitzernde Halsketten ins Publikum.

Die Band unterstützt den Gesang akzentuiert aber unaufdringlich. Die Solisten treten nach vorne an den Bühnenrand, es wird ganz ohne technische Effekte gespielt, eine wunderbar eingespielte und sauber geradeaus spielende Band. Solomon Burke zeigt die Zusammenfassung seines (üppigen) musikalischen Schaffens: Blues und Soul, auch Country und Rock’n’Roll. Er erzählt uns, dass er gerne alle 800 Songs, die er aufgenommen hat, für uns aufführen würde, das ginge nur deswegen nicht, weil dann die Kosten für seine (üppigen) Mahlzeiten zu hoch würden. Er gibt sein Bestes, um uns möglichst viel zu zeigen. Er singt "Can’t Stop loving you", "Sitting on the dock of the bay" und "Land of 1000 dances". Seine Ausstrahlung sagt: er hat Spaß an seiner Musik. Das überträgt sich auf das Publikum, alles tanzt und wiegt sich mit der Musik und Solomon Burke entpuppt sich als der Weltmeister im Sitz-Tanzen, sein massiger Körper swingt und tanzt, ohne dass er sich auch nur einmal von seinem Thron erhebt.

Solomon Burke wird von seinen Background Sängerinnen in jeder Hinsicht, nicht nur musikalisch, unterstützt. Sie tupfen ihm den Schweiß von der Stirn, reichen das Glas zu, öffnen seinen Kragen und später auch seine Weste über dem massigen Bauch. Die Background Sängerinnen sind nahe Verwandte: eine seiner Töchter und eine seiner Enkelinnen. Beide haben Solo Nummern, danach gibt es noch eine Fülle von Zugaben. Die Damen im Publikum erhalten rote Rosen und werden auf die Bühne gebeten zum Tanzen und zum Foto-Shooting. Und dann kommt sein großer Hit "Everybody needs somebody to love", den jeder in unzähligen Coverversionen kennt, aber heute ist es ein ganz besonderer Song, denn er kommt aus der Seele. Das Publikum ist begeistert, ein unvergesslicher Abend. Alle, die nicht da waren, tun uns leid. Das war Weltniveau in Neu-Isenburg!


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