Seit 2008 gibt es den Record Store Day – eine US-amerikanische Erfindung zur Unterstützung unabhängiger Plattenläden. Denn die Käuferinnen und Käufer klassischer Tonträger müssen gepflegt werden. Und man muss sie schützen. Auch vor Corona.
Detlef Kinsler /
Der Temin stand lange fest. Am 18. April sollte der diesjährige Record Store Day stattfinden. Ein längst weltweites Ereignis, an dem jährlich Tausende von Menschen teilnehmen und den Handel besuchen. „In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind es nach Aussage der Koordinatoren etwa 180 Plattenläden“, erfährt man bei Wikipedia. „Ausgeschlossen von der Veranstaltung sind große Ketten und Online-Händler.“ Schwerpunkt des Interesses ist, so heißt es, das Vinyl. Das ist in den letzten Jahren zu einem Wachstumsmarkt geworden. Aber an die Bedeutung des Plattenladens in der Musikgeschichte muss dann doch immer mal wieder erinnert werden. Der US-amerikanische Singer/Songwriter Jeff Tweedy, legendär dank seiner Band Wilco, hat es einmal so formuliert: „Meine Einführung in all diese großartige Musik und in das Musikgeschäft kam von dem Herumhängen und schließlich von der Arbeit in unabhängigen Plattenläden. Es gibt nichts Schöneres, als in seinem Lieblingsgeschäft zu stöbern, Musik zu hören, dabei etwas Neues oder Altes zu finden, nach dem man gesucht habt. Und ohne diese Läden wäre Wilco einfach nicht mehr präsent."
Neo-Klassiker Max Richter hat diese Botschaft für potentielle Plattenkäuferinnen und -käufer: „Ein richtiger Plattenladen erinnert uns daran, warum wir überhaupt in die Musikbranche gekommen sind – ein Ort, an dem wir uns an alte Freunde erinnern lassen, eine Quelle unerwarteter Magie und klarer Erinnerungen – ein Ort, der uns an diese Musik erinnert ist mehr als dummes File sharing und die Verwaltung toter Daten durch gesichtslose soziopathische Unternehmen, sondern ein Lagerhaus von Träumen.“ Hard-Rock-Shouter Ian Gillan (Deep Purple) fasste sich kurz: „Buy real records in real shops, or I'll come round your house and scream at your mother.”
Behalten wir das alles im Hinterkopf, denn wir müssen uns 2020 noch ein wenig gedulden, bis wir uns in die Erlebniswelt Plattenladen stürzen können. „In Anbetracht der aktuellen weltweiten Lage zur Corona-Pandemie und den noch nicht abschätzbaren Entwicklungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wird der Record Store Day 2020 auf den 20. Juni verschoben“, ließ das PR-Kontakt-Büro in Hamburg wissen. „Mit dieser Entscheidung möchten wir unsere Verantwortung gegenüber allen Record Store Day-Besucher*innen und Teilnehmer*innen ernst nehmen, vor allem aber, auch den Grundgedanken des Record Store Day fest im Blick behalten: die unabhängigen Plattenläden zu unterstützen, die von den Auswirkungen der gegenwärtigen Unsicherheit besonders betroffen sind.
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.