Das etablierte Festival für junges Theater ist nun auch in Frankfurt zuhause. Dort zeigt der Nachwuchs die Kunst der Selbstvermarktung. Wer seinen Burn-out mal zu Hause lassen möchte, möge hingehen.
Esther Boldt /
Auf der Jagd nach dem Neuen ist der Nachwuchs immer ein heiß begehrtes Gut. Heute ist er besser ausgebildet, künstlerische Studiengänge schießen wie Kraut aus dem Boden und Übersicht tut mehr not denn je. Wie gut, dass nun das große Nachwuchsfestival des freien Theaters auch in Frankfurt stattfindet: Seit 2004 wird „Freischwimmer“ jährlich von den Spielstätten Sophiensaele in Berlin, dem Hamburger Kampnagel, dem FFT Düsseldorf, der Gessnerallee Zürich und der brut in Wien veranstaltet. Zu einem ausgeschriebenen Leitthema können sich Nachwuchskünstler aus dem deutschsprachigen Raum mit Konzepten bewerben, die Ausgewählten werden in einer der Spielstätten produziert und touren gemeinsam durch alle beteiligten Theater. Nachhaltigkeit und Sichtbarkeit werden so allemal gewährleistet. Niels Ewerbeck engagierte sich dafür, dass auch der Mousonturm ins Veranstalternetzwerk des Festivals aufgenommen wurde, und so macht Freischwimmer im Januar in Frankfurt Station. Es tritt hier in die Fußstapfen des Plateaux-Festivals, das unter der Intendanz von Dieter Buroch und mit wechselnden Kuratoren Produktionen junger Künstler aus dem In- und Ausland zeigte. Auch wenn das Festival in den letzten Jahren wenig Überraschendes, Hinreißendes, Begeisterndes brachte, soll ihm hier doch eine Träne nachgeweint werden – war es doch in seinen besten Zeiten ein starker Gegenpart zu Freischwimmer. Und jetzt weiter im Text. Das Leitthema der sieben Produktionen ist ein Appell: „Verwerte dich“. Arbeiten zur Kunst der Selbstvermarktung sind also Programm, gilt doch der Künstler als Prototyp des marktförmigen Zeitgenossen, innovativ, kreativ, flexibel – und im Scheitern absolut eigenverantwortlich. So unternimmt Luise Voigt aus Berlin den Versuch, der allgemeinen Vereinzelung mit einem neuen Arbeiterlied zu begegnen – „Ausbrennen“ heißen ihre „Melodien für den Feierabend“. Thom Truong aus Zürich sucht in „Invest in me!“ nach der Überzeugungskraft der Performance. Es werden Einbauküchen erbaut und Überschüsse erwirtschaftet. Und wer voll Neugier auf das Theater von morgen ist, auf gesellschaftliche Neuentwürfe und handliche Utopien, wer seinen Burn-out mal zu Hause lassen möchte, der möge hingehen.
>> Freischwimmer Festival Ffm: Mousonturm, Waldschmidtstraße 4, 11.–19.1., www.mousonturm.de
Unser Foto zeigt das Stück von Luise Voigt, Titel: Ausbrennen - Songs von der Selbstverwertung oder Melodien für den Feierabend.