David Sievekings neuer Film ist eine Doku über die Alzheimer-Krankheit seiner Mutter. Bei der Hessenpremiere erntete der gebürtige Bad Homburger die Hochachtung der Presse und das Lob alter Bekannter.
Mélanie Lachner /
„David ist mein Jüngster und dreht einen Film über mich“. Irgendwann halfen selbst Merkzettelchen wie dieser Gretel Sievekings Gedächtnis nicht mehr auf die Sprünge. Die Diagnose Alzheimer bestätigte, was sich seit Jahren abzeichnete. Gretel verschwand immer mehr in einer Welt, zu der selbst ihr engster Familienkreis kaum Zugang fand. Die Zeitfenster, in denen Mutter und Kinder, Enkel oder Ehemann sich noch erleben können, verengten sich. Alzheimer wirkt wie ein „Abschied auf Raten“ – Gretel ist noch da, und doch ist sie einfach nicht mehr dieselbe. David Sieveking fand in seinem Film einen Weg, die kostbaren Momente mit seiner Mutter zu konservieren. Sein Dokumentarfilm „Vergiss Mein Nicht“ ist eine feinfühlige Entdeckungsreise zu seinen Wurzeln, ein Tribut an diese Säule im Familienclan, die neben Mutter auch Frau war. In sensibler Beobachtung zeigt der Jungregisseur, wie ein Schicksalsschlag die Familie zusammenschweißte. „Es ist kein Krankheitsfilm, sondern ein Liebesfilm geworden“, betont David Sieveking. Lieben bedeutet eben auch Loslassen.
Für David und seine Mutter waren die Dreharbeiten gleichsam Therapie. „Zunächst war ich skeptisch, wie Gretel auf die ständige Begleitung des Kameramanns reagieren würde. Aber er ist ein alter Freund von mir und seine Präsenz schien ihr gut zu tun.“ Die internationale Veröffentlichung des Films ist nun eine neue Herausforderung. „Es macht angreifbar, so etwas Privates, Intimes preis zu geben“. Dabei erntete der Film durchweg positive Kritiken, gewann auf den Filmfestivals in Locarno, Montreal und Leipzig sowie den hessischen Filmpreis. Auch das Publikum im Caligari Filmtheater Wiesbaden reagierte begeistert. Zur Hessenpremiere am Mittwoch, 6. Februar, kamen zahlreiche Freunde und Bekannte des Jungregisseurs aus Bad Homburg.
Trotz des bedrückenden Themas berührt die Familien-Introspektive gerade durch seine vielen humorvollen Momente. Darf über die Verwirrtheit einer alten Dame überhaupt gelacht werden? „Natürlich“, versichert Sieveking, „gute Laune verbreiten, Lachen, Gefühle zeigen – das ist erwünscht und im Sinne der Erzeuger!“