Unser Kinoredakteur Andreas Dosch weilt in Berlin. Weil Berlinale ist. Vor einem Jahr weinte er an dieser Stelle Tegel noch Tränen nach. Jetzt landen alle dort wieder. Außerdem: Ein Blick auf die Gästeliste der Eröffnungsparty.
Andreas Dosch /
Klaus Wowereit, noch amtierender Regierender Bürgermeister der Gemeinde Berlin, spricht im Programmheft der aktuellen Internationalen Filmfestspiele – es sind die 63sten – salbungsvolle Worte: „Wir freuen uns auf zahlreiche Gäste aus aller Welt, auf internationale Stars und großartige filmische Entdeckungen. (…) Die Stadt ist wieder zur Filmmetropole aufgestiegen.“ Joh, is klar. Abgesehen davon, dass Kläuschen für diese alljährlich verfielfältigten Formulierungen eines aufstrebenden Rathaus-Praktikanten (bzw. einer Praktikantin … obwohl – nein: ein Praktikant!) höchstwahrscheinlich nur sein Passfoto plus Kopfnicken hingehalten hat, muss der Mann langsam mal über die Aussage nachdenken: Filmmetropole? Keine Frage. Aber FLUGHAFENmetropole …? Okay, steht zwar nicht im Text, trotzdem: ha ha ha. Wenn einer am Boden liegt, dann helfen wir ihm doch gerne mal unter die Arme. Denn: Wo landen sie denn alle, die zahlreichen Gäste aus aller Welt, die internationalen Stars? Auf TEGEL! Hallo?! Jawoll. Letztes Jahr goss ich dem angeblich scheidenden Hauptstadt-Airport an gleicher Stelle bittere Tränen nach. Und heute? Icke bin uff TEGEL jelandet – wat war dette für ne Freude! Schon im Vorfeld ließ ich diesen Dufte-Typ aus der Stadtregierung aber so wat von hochleben: Wowi, du bist des Größte! Und Platzeck, Du Pilotfisch aus der Mark Brandenburg, Du ooch: Ihr Zwei, wat, Ihr seid das „Dynamic Duo“. Ihr kriegt's schon hin, dass auch noch bei vielen kommenden Berlinalen der Zielflughafen als entzückendes Kürzel TXL auf meiner Boarding-Card steht – und nicht dieses blöde BER. Bei der Wiederwahl, wa, da habt Ihr meene Stimme. Obwohl: Isch komm aus Hesse. Hmm … Problääm. Schriftdeutsch gesagt: Da sind wir also wieder. Willkommen bei einem neuerlichen Festival der Banalitäten! Wobei ich natürlich nicht die – Fanfare – „63. Internationalen Filmfestspiele Berlin“ meine, sondern eher diese lockere, mit filigranen Sprachkalauern gewürzte Plauderei in diversen Fortsetzungen, wo sich einer der „zahlreichen Gäste“ (ich bin akkreditierter Pressevertreter, zähle also wohl zu dieser Gattung) möglichst effizient drumrumdrücken kann, wie er das neueste „existenzielle Menscheitsdrama“ aus Georgien fand, wo ein Filmemacher (Zitat!) „eine konformistische Kleinstadtgemeinde in das zermürbend surreale Hamsterrad ihrer Gewohnheiten“ sperrt. Okay, das war zwar fast die Inhaltsangabe von „Kokowääh 2“ – aber ich kann mir nicht helfen: irgendwas da dran klingt nicht wirklich einladend. Wie wäre es damit: „ein verstörendes, rauschhaft rasantes Zombie-Horror-Mystery-Thrillerdrama um ein experimentell durch die Möbiusschleife eines zeitlosen Orgamisums schicksalhaft miteinander verbundenes, identitätsloses Paar, das versucht, sein Leben zu retten.“ Das lassen sie mal einen Hoch-Feuilletonisten nach sechs Gläsern Rotwein aufsagen. Er muss dabei gar nicht auf dem Strich gehen. Mir einverleibt habe ich diese Filme noch nicht – es war der erste Tag! Bin schon froh, dass mein Flieger überhaupt gelandet ist (TXL), wenn auch mit Verspätung (d.h: Eröffnungsfilm auf den nächsten Tag verschoben). Doch wo die Zitate schon so eifrig flattern, hier noch eines von den BERlinale-Verantwortlichen: „Yesterday never ends – Die vorgefundene Welt so weit zu analysieren, dass Gestaltungsraum ensteht: Mit dieser Prämisse gingen eine ganze Reihe FilmemacherInnen aus allen Teilen der Welt an die Kamera“. Vorgefundene Welt! Gestaltungsraum! Bewegtbild! Heringsbrötchen! Ich bin beeindruckt. Zum Abschluss noch ein exklusiver Blick in die Gästeliste der diesjährigen glamourösen Berlinale-Eröffnungsparty: Hannelore Elsner.