Da reibt man sich natürlich erst mal verwundert die Augen, wenn bei allen fünf Bands des Abends ein Mann mehr als angekündigt auf der Bühne steht. Des Rätsels Lösung: ein besonders engagierter Kameramann wuselte zwischen den Musikern umher für einen Imagefilm über das Festival. Ehrlich gesagt wünschte man sich ihn am liebsten erst mal in die Wüste, denn kein Gruppenbild war möglich ohne ihn darauf zu haben. Und selbst wenn man einen Solisten anvisierte, stand der Mann mit dem Gespür für die richtigen Bilder prompt auf Tuchfühlung daneben. Aber mit Fortdauer des Abends wurde Jochen Hasmanis (einst eine treibende Kraft hinter Newcomer TV, der vielleicht wichtigsten TV-Sendung für junge Bands, auch – natürlich – platt gemacht vom HR und aus dem Programm genommen ...) zu so was wie der heimliche Star der Veranstaltung. Denn ehrlich gesagt: keiner arbeitete körperlich so hart wie er, denn selbst die handlichen Kameras im Vergleich mit den Pioniertagen des Fernsehens haben ein nicht zu unterschätzendes Gewicht. Und er war – im Gegensatz zu einigen Instrumentalisten, gar Vokalisten – immer in Bewegung und überraschte zudem sogar mit so etwas wie Choreographien. Denn er war nicht nur auf Augenhöhe, sondern ging – nicht unbedingt persönlich zu nehmen – vor Männlein wie Weiblein auf die Knie, legte sich fast auf die Tasten, wanderte Gitarrenhälse empor, kroch beinah in Hosenbeine. So was nennt man vollen Einsatz!
Crayfish
Klar – Musik wurde auch gespielt. Crayfish entpuppten sich als sympathische, mit allen Wassern gewaschene „Poser“ mit Tennie-Verführer-Appeal, gut gestylten Frisuren und perfekt gespieltem harten Rock, der schon auf Interesse bei MTV stößt.
Rene Moreno
Bei der René Moreno Band tanzte dann das da noch überschaubare Fanvölkchem immerhin schon einmal. Einen Song wie „Karussell der Liebe“, dargeboten von Jana Josephina nebst Band möchte ich eigentlich nur von der leider viel zu früh verstorbenen Alexandra hören – mit tiefen, dunklem, verführerischen Timbre, viel Seele und Schmerz und geheimnisvoller Aura. Nicht gerade geflasht vom Auftritt von Cargo City vor wenigen Tagen beim Hazelwood Festival, erwartete ich wenig von der Band. Aber siehe da – Singer/Songwriter Simon Konrad wuchs an diesem Abend über sich hinaus. Schließlich spielte er in dem Laden, der wohl für seine musikalische Sozialisation nicht unwichtig war und stand nun endlich selbst auf der Bühne, auf der er vorher gestandene Kollegen gesehen hatte. Das beflügelte ihn wie seine Band, alle gaben – Melancholie hin, die mitunter von Mitmusiker geäußerte, selbstironische Einschätzung als „Weicheier“ her – Gas, Tonmischer Andi Kerl tat ein übrigens und plötzlich hatte Cargo City richtig Biss. Gut – diese irgendwie an NdW erinnernden Synthiesounds bleiben gewöhnungsbedürftig, aber Konrads Texte haben was, was ergründenswert ist in puncto Wortspiele, Lautmalereien, Form und Rhythmik.
Serum 114 schließlich bewiesen: Punx not dead. Und endlich kamen die kleinen Mädels in den Band-T-Shirts, die allerdings auch schon bei anderen Bands getanzt hatten, voll auf ihren Genuss, derweil sich heimspiel-Projektleiter Siniša Vrdoljak und Mainblick-Öffentlichkeitsarbeiter Uwe Berndt zum Wunderlecken trafen. Nicht, weil zu wenig Publikum gekommen war (klar, wünscht man sich immer mehr) oder man sich doch bessere Gruppen gewünscht hätte, nein, sondern weil ihre Eintracht gerade bei Schalke 04 mit wehenden Fahnen 0:2 untergegangen war. Und was wünsche ich mir fürs nächste Jahr? Kein Salsa oder Schlager beim Best of des heimspiels!