Berlinale-Blog, Teil 1

Lasst die Spiele beginnen!

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Frankfurt goes Berlin. Das JOURNAL FRANKFURT berichtet ab sofort regelmäßig von der Berlinale. Dort ist der Kinoredakteur Andreas Dosch unterwegs, schaut Filme ohne Ende und schmeißt sich ins Festivalgetümmel.

Andreas Dosch /

DRAMATISCHE MUSIK – DIE KAMERA NEIGT SICH AUS DEM BLAUEN, KAUM BEWÖLKTEN HIMMEL HINAB IN DIE METROPOLE – EIN TROMMELWIRBEL ERTÖNT – DIE MUSIK WIRD SANFTER – DER ERZÄHLER BEGINNT:

Es geschieht jedes Frühjahr. Mehr oder weniger prominente Zeitgenossen werden bei unwirtlichen Temperaturen in ein mit allerlei Tücken und Hindernissen ausgestattetes Terrain gepfercht, um sich eineinhalb Wochen lang auf engstem Raume unter Extremzuständen ihrem selbst gewählten Schicksal zu ergeben. Die Fotografen sind immer mit dabei. Am Schluss wird ein Sieger gekürt, alle kehren entkräftet nach Hause zurück – und ein Jahr später geht das Spielchen von vorne los, als wäre nie etwas gewesen.
Denn ja (TUSCH!): Auch die Berlinale kann ein Dschungel sein. Anstrengend, abenteuerlich, voyeuristisch, ärgerlich, undurchdringlich, voller prüfender Herausforderungen, manchmal gähnend langweilig, oft voll mitreißender Spannung, mit Fallstricken und Überraschungen an jeder Ecke. Ein Aufreger, ein Hingucker, ein Massenphänomen, ein Publikumsmagnet. Nur gibt es hier keine Penisse zu futtern. Obwohl – hinter so manchen Kulissen …
KURZES AUFLEBENDES MUSIKALISCHES ZWISCHENSPIEL – ABER DAS REICHT JETZT AUCH MIT DIESEM HANS ZIMMER-SOUNDTRACK. HÖREN SIE DOCH EINFACH DEM ERZÄHLER WEITER ZU:
(„Räusper“) Willkommen zurück also in der Manege cineastischer Künste, Eitelkeiten und Versagensängste! Der Wettbewerb um die Krone ist wieder eröffnet – zum 64. Mal. Der Goldene und einige Silberne und so weiter Bären stehen bereit, um von hoffnungsvollen Landesvertretern aus Nah und Fern in Empfang genommen zu werden. Fanfarenklänge lassen Palastmauern erzittern, das Volk steht applaudierend Spalier, Hannelore Elsner hat ihr bestes Kostüm aus dem Schrank geholt – nur der Oberbürgermeister, der vergnügt sich noch im Skiurlaub und hat seinen persönlichen Kulturstaatssekretär geschickt … ach nein, oh Mist, gerade zurückgetreten, Steuerhinterziehung, zu blöde aber auch. Na ja, egal: Es gibt da ja auch noch die „Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin“ namens „Prof. Monika Gütters MdB“, die im offiziellen Programmheft der aktuellen Internationalen Filmfestspiele Berlin ihre Grußworte verkünden darf. Sie lädt uns alle zu „faszinierenden Streifzügen“ ein. Während eine Spalte daneben Klaus Wowereit kurz vor Antritt seiner Winter-Holidays wohl dem persönlichen Praktikanten in die Tinte diktierte, dass „große Kunst, Stars und Glamour“ diese „ganze besondere Mischung“ ergäben, die „Herzen von Filmfans aus aller Welt im kalten Berlinale-Februar“ erwärme. Tja, Wowi, da war das Wunschdenken wohl Papi der routinierten Textvorlage: Während Sie sich in Davos oder sonstwo bei heißem Schampus und eisgekühltem Kaviar vergnügen, sitzt die Festivalgemeinde bei Sonnenschein und gefühlt zweistelligen Plusgraden auf dem PoPla (Anm. des Autors: kurz für „Potsdamer Platz“. Cool, wa?) und stößt unter kaum ausgelasteten Heizöfchen auf kommende Ereignisse an! Der ehemalige Kulturstaatssekretär beißt sich derweil in den Allerwertesten, dass er nicht persönlich große (vom Wuchs eher aber manchmal kleinere) Kino-Stars wie Tilda Swinton, Bill Murray, Ralph Fiennes, Willem Dafoe, Jeff Goldblum und Edward Norton in Empfang nehmen durfte, die am Premierentag allesamt auf dem Pressekonferenz-Podium saßen, weil sie (und noch viele mehr) im diesjährigen Berlinale-Eröffnungsfilm „Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson mitspielen. Für die Pressemeute war diese Auswahl an tollen Typen wie ein gigantisches Büffet: Man weiß gar nicht, was man nehmen soll – Hummer, Sushi, Steak, vegane Fasanenleber oder doch den getrüffelten Schweinebraten … fast zuviel des Guten.

Ich, kaum angereist und schon wieder im üblichen Festival-Fieberwahn, möchte daher meine ersten in dieser Form festgehaltenen Eindrücke mit den – sinngemäß wiedergegebenen – Worten Tilda Swintons beschließen: „Die Berlinale ist für mich wie ein Auftanken meiner cineastischen Batterien. Ich war mit meinem allerersten Film hier, seither bin ich in allen möglichen Funktionen zurückgekehrt. Mittlerweile habe ich mich schon als Putzfrau beworben, um hierher zu kommen, falls ich sonst nichts anderes mehr zu tun haben sollte.“ So eine wunderbare Liebeserklärung an dieses Filmfestival habe ich persönlich noch nie gehört. Und ich muss eins gestehen: Als Tilda das sagte, hatte ich ein kleines Bisschen Pippi in den Augen. Aber echt nur ganz kurz. Sekunden lang quasi. Kaum der Rede wert. Ganz wenig … DARAUF EINE SANFTE GEIGENMELODIE …? Schnauze!


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