Musik für alte Leute? Ganz im Gegenteil! Am gestrigen Abend versammelte sich vorwiegend junges Publikum, um den neuen Stern am deutschen Jazzhimmel zu sehen. Zum jährlichen Opern Air vor der Alten Oper hatte HitRadio FFH neben Avril Lavigne und Bryan Adams auch das Jazztalent Roger Cicero geladen.
Sein Name müsste uns noch vom Eurovision Song Contest dieses Jahres in Helsinki ein Begriff sein. Mit dem Titel „Frauen regier’n die Welt“ war der 36-Jährige am 12. Mai für Deutschland an den Start gegangen. Seine Musik kann man als eine Mischung aus Pop, Jazz und Swing beschreiben und begeistert mit amüsant-ironischen Texten über die allseits bekannten Probleme zwischen Mann und Frau, verschrottete Autos und George W. Bushs Waden. Sein mittelmäßiges Abschneiden (19. Platz) kann man nach dem grandiosen Auftritt gestern nur auf mangelndes Musikwissen der abstimmungsberechtigten Zuschauer zurückführen.
Mit dem Glockenschlag ging es um 20 Uhr mit einem Intro der elfköpfigen Big Band los. Stilecht waren alle im Anzug, Hut und Sonnebrille gekleidet, was dem ganzen Auftritt noch das besondere Etwas verlieh. „Bühnenauftritte mit einer Big Band, zwölf Typen, alle in dunklen Anzügen, alle verschieden, alle lässig, alle genau bei der Sache - das ist schon eine sehr männliche Geschichte", geriet Roger Cicero einmal ins Schwärmen. Unter großem Jubel trat dann auch er auf die Bühne, natürlich ebenfalls in Anzug und mit Hut, worunter sich nach eigenen Angaben „wohlsortierte Haare“ befinden.
Gespielt wurden so gut wie alle Titel von seinem ersten Soloalbum „Männersachen“, das Ende Mai 2006 erschien. Sein bekanntestes Stück „Zieh die Schu’ aus“ durfte dabei eben so wenig fehlen, wie die eigene Interpretation des Rio Reiser-Klassikers „König von Deutschland“. Das begeisterte Publikum ließ sich zu Chorgesängen verleiten und wippte dabei nicht nur mit den Füßen. Die Atmosphäre war fantastisch und die Zuschauer merkten einfach, dass Sänger und Band es nicht nur stimmlich und musikalisch richtig drauf, sondern auch wirklich Spaß an ihrem Job haben.
Nach gut 90 Minuten verabschiedete sich Cicero samt Big Band mit einer kleinen Parade über die Bühne, wurde aber sehr bald vom Publikum für insgesamt drei Zugaben zurückgerufen.
Sein musikalisches Talent wurde Roger Cicero wurde von seinem Vater Eugen Cicero mitgegeben, der seinerseits ein bekannter Jazzpianist war. Während Rogers Musikstudium in Amsterdam entdeckte er insbesondre seine Liebe für Soul. Lange Zeit galt er als Geheimtipp in kleinen Bars, heute kann er jeweils eine Gold- und Platinauszeichnung für 200.000 verkaufte Alben und seit dieses Jahres einen Echo in der Kategorie „Bester Künstler Rock/Pop National“ sein Eigen nennen. Am 5. Oktober erscheint sein neues Album und auch konsequente Jazzverweigerer sollten einmal reinhören. Es lohnt sich!