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Bildungsverlierer

Alle sind gefragt

Bei der Bürgeruniversität der Goethe-Uni liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Bildung. In der Diskussion zum Auftakt ging es darum, wie man Kinder besser fördern kann - sowohl schwache als auch starke.
Der Begriff „Bildungsverlierer“ habe ihn ratlos gemacht, sagte Udo Rauin am Montagabend. Denn wenn es Verlierer gebe, müsse es auch einen Wettbewerb geben. Doch auch Rauin, Leiter der Akademie für Bildungsforschung und Lehrerbildung an der Goethe-Universität, musste eingestehen, dass Bildung offenbar ein Wettbewerb ist. Obwohl die Zahl der Akademiker steigt (30 Prozent in Deutschland) bleibt rund ein Fünftel der Bevölkerung zurück als funktionalen Analphabeten: Sie können Texte nicht verstehen oder Fahrpläne nicht lesen.

Diese Bestandsaufnahme stand am Anfang der Podiumsdiskussion, mit der die Hochschule ihre Reihe „Bildung ohne Gerechtigkeit?“ im Rahmen der Bürgeruniversität begann. Rauin sprach mit Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), Katja Cabrini, Direktorin der Sophienschule, und Roland Kaehlbrandt, Vorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, über die sogenannten Bildungsverlierer.

Die sozialen Folgen, wie Rauin darstellte, sind für diese Gruppe verheerend: Nicht nur, dass schlecht gebildete Menschen weniger Geld verdienen, sie haben häufig eine schlechtere Gesundheit, beteiligen sich auch oft nicht politisch, sind wenig ehrenamtlich aktiv, haben ein geringes Vertrauen in sich und die Gesellschaft, verhalten sich aber passiv. Die Ursachen für schlechte Bildung können unterschiedlich sein: Schicksalsschläge, Migration oder der soziale Hintergrund. Letzteres spielt in Ländern wie Japan, Norwegen und Schweden eine geringere Rolle als hierzulande.

Doch Deutschland hat nicht nur ein Problem damit, zu viele schlechte Leser zu haben, sondern auch zu wenig Spitzenleistung – jedenfalls im internationalen Vergleich. Hierbei spielt ein weiterer Faktor, eine große Rolle, der sowohl die schlechten als auch die guten Schüler zu Bildungsverlierern macht: unzureichende schulische Angebote. Rauin empfahl vor allem frühkindliche Förderung, das heißt Förderung vor dem Schuleintritt, und sozialpädagogische Angebote. Auch Spitzenschüler „könnten mehr, werden aber nicht ausreichend gefördert“, so Rauin.

Oberbürgermeister Feldmann nannte diesen Zustand „nicht akzeptabel“. Er hob die Bedeutung von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit hervor. Es gebe, sagte er, ein „Recht auf Teilhabe“. Zudem betonte er die Rolle der Kommune, die sich im Wettbewerb mit anderen Städten befinde: „Die Stadt Frankfurt ist zu reich für arme Kinder“, so Feldmann. Er kritisierte, dass der Stadtteil, in dem Kinder aufwachsen, häufig über die Bildungswege bestimme, da diese von Vorbildern abhänge. Daher sei es wichtig, Infrastrukturen zu schaffen, um „alle von klein auf mitzunehmen“, sagte Feldmann. So könnten Kindertagesstätten zu sozialen Stadtteilzentren werden. Dafür müsse Frankfurt aber „mehr Geld als bisher“ investieren.

Roland Kaehlbrandt sieht einen Teil der Lösung für das Problem in der Familie. Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft vergibt deshalb Stipendien, in denen Bildungsangebote für Familien in schwierigen Lebenslagen gemacht werden. Dadurch bekommen die Familien Selbstvertrauen. Die Angebote werden laut Kaehlbrandt gut angenommen: „Wir haben keine Familie verloren“, sagte er.

An der Sophienschule, einer der wenigen verbliebenen Hauptschulen Frankfurts, gibt es das sozialpädagogische Programm Regenbogen, in dem auch die Eltern mit einbezogen werden. Schulleiterin Cabrini brachte drei Appelle hervor: Zum einen brauche es mehr gut ausgebildete Lehrer, die sich auf die heterogene Schülerschaft einlassen und Lehrangebote schaffen, mit dem sie „jedes Kind abholen“. Zum anderen sollen nicht möglichst viele Kinder in eine akademische Ausbildung „gezwängt“, sondern auch das Handwerk gewürdigt werden. Sonst führe die Tendenz zu einem „Akademiker-Proletariat“. Schließlich solle auch in der Elternschaft ein neues Denken einsetzen, dass sie ihre Kinder ermutigen, einen Beruf zu ergreifen, der ihre Existenz sichern kann, aber nicht unbedingt ein von einem Hochschulabschluss abhängig sein muss.

Auch Rauin sagte, dass jemand, der Lehrer werde, für den Beruf geeignet und motiviert sein müsse. Auf den Vorwurf, es gebe zu wenig engagierte Lehrer, entgegnete er, dass diese zu wenig unterstützt würden. „Die Lehrer sind auf sich allein gestellt.“ Er appellierte an eine Zusammenarbeit aller Beteiligten wie Lehrern, Sozialarbeitern und Eltern, um das Bildungsproblem zu lösen.
 
12. November 2013, 12.15 Uhr
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