Seit April war das Goethe-Haus am Großen Hirschgraben hinter einem Gerüst verborgen, weil Alterung und Bauschäden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen notwendig machten. Die Fassade musste renoviert und das gesamte Schieferdach erneuert werden. Rechtzeitig zu Goethes Geburtstag am 28. August und zur Goethe-Festwoche soll das Haus nun wieder zu sehen sein, teilt das Goethemuseum mit.
Seine heutige Gestalt erhielt das Goethe-Haus 1754/55, als Goethes Vater zwei ältere kleine Fachwerkhäuser zu einem repräsentativen Wohnhaus umbauen ließ - einem verputzten Fachwerkbau mit vorkragenden Geschossen auf einem Sockel aus Mainsandstein. Nachdem Goethes Mutter 1795 das Haus verkauft hatte, ging es durch mehrere Hände und erlebte manche Veränderung. Es wurde jedoch nach einer gründlichen denkmalpflegerischen Untersuchung in alter Form wiederhergestellt, als das Freie Deutsche Hochstift das Haus 1863 erwarb und als Dichtergedenkstätte öffentlich zugänglich machte. 1944 wurden die Fachwerkobergeschosse im Krieg zerstört, der Sandsteinsockel und die Brandmauer beschädigt. Da die baulichen Gegebenheiten zuvor genau dokumentiert worden waren, konnte Goethes Elternhaus 1951 originalgetreu rekonstruiert werden.
Bei den jetzt durchgeführten Arbeiten, die das Architekturbüro Rincón/von Wedel betreute, wurde größter Wert auf ein sensibles und historisch korrektes Vorgehen gelegt - in direkter Abstimmung mit dem Denkmalamt. Um die Sanierungsmaßnahmen vorzubereiten, wurde die Rekonstruktion von 1951 untersucht und mit den vorhandenen Plänen und Schwarzweißfotos der Vorkriegszeit abgeglichen; zudem wurden Erkenntnisse über andere Frankfurter Bauten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts herangezogen. Die Naturschieferdeckung konnte hinsichtlich des Materials und der handwerklichen Verarbeitung genau nach historischem Vorbild erneuert werden. Die Sandstein-Restaurierung wurde mit höchster Vorsicht durchgeführt, die Natursichtigkeit des Steins belassen.
Nicht ganz einfach war die Fassadengestaltung, da keine authentischen Farbmuster des Ursprungsbaus erhalten sind. Die ockergelbe, ins Orange spielende Tönung der letzten Jahrzehnte entsprach nicht dem typischen Kolorit des 18. Jahrhunderts, sondern war auf den Versuch zurückzuführen, die Putzfläche mit dem rötlichen Sandsteinsockel zu harmonisieren. Nach dem Befund älterer Farbspuren und in Analogie zu Frankfurter Bauten aus derselben Entstehungszeit wurde nun ein Anstrich in einem helleren Gelb gewählt, von dem sich die taubengraue Fassung des Holzwerks elegant abhebt. Damit erstrahlt das Goethe-Haus in einer Farbgebung der frühen Goethezeit, wie sie etwa von den Frankfurter Stadtansichten des Malers Christian Georg Schütz d. Ä. bekannt sind.
Die Arbeiten brachten noch einen Fund von historischer Tragweite ans Licht: Auf einem Konsolstein, den Johann Caspar Goethe 1755 aus den beiden älteren Häusern in seinen Umbau einfügen ließ, wurde über einem Steinmetzzeichen die Jahreszahl 1615 entdeckt. Daraus lässt sich die genaue Entstehungszeit des ursprünglichen Baus ableiten, in dem Goethe 1749 geboren wurde.
Die Kosten für die genannten Arbeiten wurden von der Stadt Frankfurt, dem Land Hessen und dem Bund zu gleichen Teilen vollständig übernommen.pia