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Theater-Tipp im Titania
Freies Schauspiel Ensemble inszeniert „Das dreißigste Jahr“
Das Freie Schauspiel Ensemble inszeniert Ingeborg Bachmanns Erzählung „Das dreißigste Jahr“. Es geht um die Selbstzweifel des namenlosen Protagonisten in einer Doppelbesetzung.
Ein junger Mann erwacht in einer Lebenskrise. Er ist 29 Jahre alt – zumindest so viel weiß er. Doch in seinem dreißigsten Lebensjahr fragt er sich zum ersten Mal, was genau sein Leben ausmacht: Nichts erscheint ihm unverrückbar, nichts ließe sich nicht wieder zurücknehmen, nichts baut sein Leben auf oder verleiht einem Lebenskonstrukt seine Statik. So fühlt er sich identitätslos, als ein Namenloser. Doch er macht sich auf die Suche nach sich selbst und seiner Rolle in der Welt.
Ingeborg Bachmanns Erzählung „Das dreißigste Jahr“ erzählt von dieser Selbstfindung. In Rom und in Wien, auf Zugreisen oder beim Trampen sammelt der namenlose Protagonist Erfahrungen, entzieht sich alten Einflüssen und setzt sich neuen aus. Im Kontrast zu dieser Ortsvielfalt siedelt das Freie Schauspiel Ensemble seine Adaption des Textes nur auf einem schmalen Bühnensteg an. Das Leben wird darauf zu einem Drahtseilakt, zugleich dient der Steg als eine Art Gefühlsbarometer für den Protagonisten oder als ein Zeitstrahl zwischen Geburt und Tod.
„Wer möchte ich gewesen sein? “
Bettina Kaminski und Ives Pancera verkörpern in einer Doppelbesetzung den Protagonisten, oder vielmehr: sein Innenleben. Weder spielen sie den Text naturalistisch, noch tragen sie ihn einfach vor. Stattdessen finden sie äußere Abläufe für innere Vorgänge. Mal jubelt der eine, während der andere verzweifelt. Mal lasten sie schwer aufeinander. Mal entzweien sie sich und finden dann wieder zusammen. So bildet sich ein Reifungsprozess ab.
Am Ende der Reise wird der Protagonist verstehen, dass er anders fragen sollte. Statt „Wer möchte ich werden?“ muss seine Frage lauten: „Wer möchte ich gewesen sein?“ Für diese großen Fragen wählt die Inszenierung kleinste Mittel. Sie bietet keine Live-Musik und keine Videoeinspielungen, kein großes Schauspielensemble und kein aufwendiges Bühnenbild. Aber mit ganz wenig schafft sie es, ganz viel zu vermitteln.
Info
Das dreißigste Jahr, Schauspiel, Ffm: Freies Schauspiel Ensemble, Titania, Basaltstraße 23, 20./27.4., 20 Uhr, 28.4., 18 Uhr
Ingeborg Bachmanns Erzählung „Das dreißigste Jahr“ erzählt von dieser Selbstfindung. In Rom und in Wien, auf Zugreisen oder beim Trampen sammelt der namenlose Protagonist Erfahrungen, entzieht sich alten Einflüssen und setzt sich neuen aus. Im Kontrast zu dieser Ortsvielfalt siedelt das Freie Schauspiel Ensemble seine Adaption des Textes nur auf einem schmalen Bühnensteg an. Das Leben wird darauf zu einem Drahtseilakt, zugleich dient der Steg als eine Art Gefühlsbarometer für den Protagonisten oder als ein Zeitstrahl zwischen Geburt und Tod.
Bettina Kaminski und Ives Pancera verkörpern in einer Doppelbesetzung den Protagonisten, oder vielmehr: sein Innenleben. Weder spielen sie den Text naturalistisch, noch tragen sie ihn einfach vor. Stattdessen finden sie äußere Abläufe für innere Vorgänge. Mal jubelt der eine, während der andere verzweifelt. Mal lasten sie schwer aufeinander. Mal entzweien sie sich und finden dann wieder zusammen. So bildet sich ein Reifungsprozess ab.
Am Ende der Reise wird der Protagonist verstehen, dass er anders fragen sollte. Statt „Wer möchte ich werden?“ muss seine Frage lauten: „Wer möchte ich gewesen sein?“ Für diese großen Fragen wählt die Inszenierung kleinste Mittel. Sie bietet keine Live-Musik und keine Videoeinspielungen, kein großes Schauspielensemble und kein aufwendiges Bühnenbild. Aber mit ganz wenig schafft sie es, ganz viel zu vermitteln.
Das dreißigste Jahr, Schauspiel, Ffm: Freies Schauspiel Ensemble, Titania, Basaltstraße 23, 20./27.4., 20 Uhr, 28.4., 18 Uhr
18. April 2024, 07.47 Uhr
Julian Mackenthun
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Julian Mackenthun
Julian Mackenthun, geboren 1993, studierte Englisch und Geschichte an der Goethe-Universität. Seit 2020 leitet er das Theater-Ressort des Journal Frankfurt. Mehr von Julian
Mackenthun >>
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27. Juli 2024
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