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Foto: Papageno Musiktheater
Foto: Papageno Musiktheater

Papageno Musiktheater

Wo die Träume leben

Das Papageno Musiktheater am Palmengarten feiert in diesem Monat sein 25-jähriges Bestehen. Lars Bürger, Mitglied der Theaterleitung, schildert dessen bewegte Geschichte.
Das Papageno Musiktheater wurde 1997 von Hans-Dieter Maienschein und seiner Frau Renate gegründet. Erste Vorstellungen fanden im ehemaligen Volksbildungsheim in Frankfurt statt. Dann wurde der Siesmayer-Saal im Palmengarten das feste Domizil. Hier trat Maienschein zum ersten Mal 1998 als Papageno in der von ihm selbst inszenierten Kleinen Zauberflöte auf. Nach dem lustigen Gesellen im bunten Gefieder nannte er sein Musiktheater im Palmengarten. „Der Zoo hat ein Theater, warum sollte der Palmengarten nicht auch eins haben“, dachte Maienschein, als er des Reisens müde war. Fast fünfzehn Jahre lang war er mit seinem Kindertheater durch Europa gezogen. Mittlerweile selbst Vater eines Kleinkindes, sehnte er sich nach einem festen Mittelpunkt seines Lebens und Wirkens. Zuerst liebäugelte er mit einem Zelt am Mainufer. Aber dort drohte immer wieder das Hochwasser. So wandte er sich an Dr. Matthias Jenny, und der Direktor des Palmengartens überließ ihm tatsächlich den Siesmayer-Saal in seinem Eingangsschauhaus.

Doch im Siesmayer-Saal war es nicht nur eng. Da der Raum auch für hauseigene botanische Vorträge genutzt wird, musste die Papageno-Truppe ihr Bühnenbild immer wieder auf- und abbauen. Das war auf Dauer zu mühsam. Dennoch konnte Maienschein hier noch Humperdincks „Hänsel und Gretel“ mit Live-Musik aufführen. Als der Kinderspielplatz südlich des Palmengartenweihers abgerissen wurde, durfte der Prinzipal dort hinter dem Palmenhaus ein Zirkuszelt aufschlagen. Im März 1999 eröffnete er seine neue Spielstätte mit einer Bearbeitung der Märchenoper „Rusalka“. Auch „Oliver Twist“, „Die kleine Hexe“, „Der kleine Muck“ und „Cinderella“ fanden hier Obdach. Bis das luftige Domizil im Sommer 2002 bei einem heftigen Unwetter zusammenbrach. Das Ensemble stand vor dem Ruin.

Sportreporter Dieter Kürten wusste Rat. Er bat Dietmar Hopp, Mitbegründer der SAP, um Hilfe. Dank einer großzügigen Spende konnte Maienschein schon im Januar 2003 am selben Ort ein neues Theaterhaus eröffnen. Wie eine schlummernde Raupe duckt sich die stählerne Bogenkonstruktion mit ihrer grünen, lichtundurchlässigen Membran unter das Laubdach des Palmengartens, gebaut von der Berliner Architektin Felicitas Mossmann mit 199 Plätzen und steil ansteigender Tribüne. Für Maienschein gibt es „nichts Schöneres als leuchtende Kinderaugen“. In Frankfurt-Riederwald geboren, zog er schon als Achtjähriger mit dem Bollerwagen von Kindergarten zu Kindergarten, um die noch Kleineren mit selbst erfundenen Theaterstückchen zu unterhalten. Mit neun verfiel er der Oper, als er Humperdincks „Abendsegen“ im Radio hörte. Was war schon das Theater in der Ernst-Reuter-Schule gegen die Oper „Hänsel und Gretel“, mit der er in den Städtischen Bühnen Bekanntschaft machte!

Dann lernte er Mozart kennen und verliebte sich schließlich in die italienische Oper, vor allem in die Musik von Puccini. Nach seiner Ausbildung als Schauspieler in Frankfurt und verschiedenen Engagements tauschte er eine beginnende Karriere als Nachrichtensprecher im ZDF wieder gegen das Theater ein. Die Faszination von Musik und Bühne ließ ihn nicht los, und selbst als nichtklassischer Sänger besteht er auch rezitativisch seinen Rigoletto, Gianni Schicchi oder Bajazzo. Über 120 Rollen hat er mittlerweile gespielt und über 100 Inszenierungen auf die Bühne gebracht. In nahezu allen seinen Inszenierungen steht er nach wie vor auf der Bühne.

Ohne Musik geht bei Maienschein gar nichts. Er will seine kleinen und großen Gäste fesseln, indem er die Stimmungen eines Schauspiels, einer Oper, eines dramatisierten Märchens oder eines anderen Prosatextes mit Musik unterlegt. Über die Verbindung von klassischer Musik mit Sprechtheater werden Kinder einfach und leicht an das Schauspiel und auch an die Oper herangeführt. Für „Die Schneekönigin“, sein erstes Stück auf Tournee, hatte er Griegs Musik noch vom Band spielen lassen. Mittlerweile engagiert er für die Kindervorstellungen am Nachmittag zwei Musiker, die etwa Shakespeares „Sommernachtstraum“ nach Purcells Komposition am Klavier und mit Violine begleiten, und für die Erwachsenen am Samstagabend noch eine Cellistin und einen Klarinettisten dazu.

Mit „Sugar“, einer Musicalversion des Billy-Wilder-Films „Manche mögen’s heiß“, hatte Maienschein seine dritte Spielstätte im Palmengarten eröffnet – ein großer Erfolg. Seitdem gibt es das Papageno Musiktheater auch für die Erwachsenen im regelmäßigen Abendprogramm. Darunter das eigens kreierte „Opernschauspiel“: Er will keine große Oper bieten, sondern den Opernstoff auf das Wesentliche fokussieren und die schönsten Musikstücke mit einem professionellen Kammermusik-Ensemble darbieten. Und sein Konzept gibt ihm Recht: Bis zu 55 000 Zuschauer besuchen jährlich sein Theater.

Mittlerweile arbeitet er nicht nur mit ehemaligen und aktuellen Opernstars wie Luana DeVol und Gail Gilmore, sondern auch mit Nachwuchssängern eng zusammen. Ihnen bietet Maienschein ein Forum in Opern-Schauspielen, Operetten, Musicals und in der sehr erfolgreichen Konzertreihe. Und unter seiner Führung nehmen junge wie gestandene Sänger auch die Herausforderung ambitionierter Projekte an: Im Juni 2009 feierte beispielsweise eine halbszenische Fassung des „Liverpool Oratorio“ dank der persönlichen Erlaubnis McCartneys Uraufführung in Frankfurt. Für die kleinen Zuschauer zieht das Papageno-Ensemble hingegen seit 2008 jedes Jahr zur Weihnachtszeit für einige Vorstellungen in die Alte Oper Frankfurt.

Im Frühjahr 2019 erlangte das Papageno Musiktheater bundesweite Aufmerksamkeit für die Uraufführung des Musikdramas „Die Kinder der toten Stadt“, das sich mit dem Schicksal der Kinder und Jugendlichen im Ghetto Theresienstadt im Jahr 1944 auseinandersetzt. Für die Produktion wurde ein eigenes Kinder-Casting ausgeschrieben, um die Hauptrollen authentisch zu besetzten. Verstärkt wurde das Ensemble durch Mitglieder des Kinderchors der Oper Frankfurt. Schirmherrin der Produktion war die bekannte Schauspielerin Iris Berben, die seither auch einen Platz als Ehrenmitglied im Förderverein des Theaters übernommen hat. Sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übersendete persönliche Grüße.

Nachdem die Spielzeit 2018/19 mit über 290 Vorstellungen und mehr als 56 000 Besuchern einen neuen Rekord aufgestellt hatte, führte die Corona-Pandemie im März 2020 zu einer jähen Unterbrechung der Erfolgsgeschichte. Über Nacht musste der Spielbetrieb eingestellt und zehntausende Euros an bereits verkauften Tickets zurückerstattet werden. Wieder einmal stand das Theater vor dem Aus. Nur mit Hilfe unzähliger privater Spenden konnte das Theater am Leben gehalten werden. Während der Spielbetrieb pandemiebedingt ruhen musste, wurden erneut neue Wege beschritten und ein neues Projekt ins Leben gerufen.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums wird eine Edition veröffentlicht, die aus mehreren Gewerken besteht. Im Bilderbuch „Papageno – Die Suche nach dem Zuhause der Phantasie“ begibt sich der kleine Papageno auf eine abenteuerliche Reise, kreuz und quer durch Frankfurt, und begegnet dabei den Protagonist:innen aus 25 Jahren Papageno-Geschichte. Dem Buch liegt eine CD bei. In „Papagenos Märchenschatz“ wurden etliche der schönsten Lieder und Melodien aus unseren Produktionen professionell aufgenommen und mit kleinen erläuternden Wortbeiträgen von Theaterleiter Hans-Dieter Maienschein verknüpft. Auch ein DVD-Theaterporträt mit dem Titel „Wo Träume leben“ liegt der Edition bei. Im Frühjahr 2022 wird eine klassische Vinylschallplatte mit dem Titel „Congratulations“ die Edition komplettieren. Darauf singt Anna Maria Kaufmann die beliebtesten Musical-Lieder aus unseren Produktionen.

Aktuell laufen die Vorbereitungen für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs auf Hochtouren. Nach der festlichen Präsentation der Jubiläumsedition, für die am 15. Oktober der Mozartsaal der Alten Oper angemietet wurde, wird der Spielbetrieb in unserem Haus ab dem 23. Oktober wieder beginnen. Das Eröffnungskonzert wird eine „Italienische Opernnacht“ sein. Am 30. Oktober feiert dann im Kinderprogramm das musikalische Märchen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ Premiere.

Dieser Text ist zuerst in der Oktober-Ausgabe (10/21) des JOURNAL FRANKFURT erschienen. Den Link zur ePaper-Ausgabe finden Sie hier.
 
11. Oktober 2021, 12.40 Uhr
Lars Bürger/aufgezeichnet von Christian Rupp
 
 
Fotogalerie:
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