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Klassiker bis Kitsch zum Mitnehmen

24. Frankfurter Bücherschrank eröffnet

In Zeilsheim eröffnete Verkehrsdezernent Stefan Majer am Montag den 24. Frankfurter Bücherschrank. Aber wie sieht es eigentlich mit den anderen 23 aus? Geht das Konzept auf oder sind die Schränke längst leergeräumt?
Der erste Bücherschrank in Frankfurt wurde im November 2009 eingeweiht und er ist nach wie vor der Beliebteste von ihnen. Am frühen Abend ist der Merianplatz voll von Urlaubern, die das Sommerwetter genießen und Geschäftsleuten, die dem Feierabend entgegengehen. Viele von ihnen verharren vor dem Stahlkasten mit Rostoptik und Glastüren, in dem rund 250 Bücher dicht an dicht stehen. Bei den meisten Passanten handelt es sich um alte Hasen in der Schranknutzung. Sie stöbern regelmäßig durch das wechselnde Sortiment, suchen sich nach Cover oder Titel ein Exemplar aus und bringen gelesene Bücher aus der heimischen Bibliothek mit.

Einer von ihnen ist der 44-jährige Brendan Berk, dessen Stammschrank im Oeder Weg steht: „Ich bin ein echter Fan des Bücherschranks. Er steht quasi vor meiner Haustür und deshalb bin ich jeden Tag hier und stöbere durch das Sortiment. Ich nehme auf gut Glück ganz verschiedene Bücher mit. Wenn mir eins besonders gefällt, behalte ich es und bringe eines von meinen Büchern, die ich nicht mehr lese, zurück. Das Konzept macht einfach Spaß und ist immer wieder überraschend.“ Der Schrank im Oeder Weg, der seit November 2010 existiert, war mit dem Standort Merianplatz ein Experiment des Projekts „Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume“.

Dessen Ziel war es, öffentliche Plätze für mehr als nur Verkehr und Fortbewegung zu nutzen. Verkehrsdezernent Stefan Majer (die Grünen) erklärt das wie folgt: „Sobald wir das Haus verlassen, sind wir ja schon auf der Straße. Für das Verkehrsdezernat geht es hier nicht nur um einen Ort, an dem man von A nach B kommt. Für uns ist die Straße ein freier Ort der Kommunikation. Genau das wollte das Projekt fördern und das ist unter anderem durch die Bücherschränke gelungen. Denn hier geht es nicht nur um den materiellen Austausch von Büchern: Man trifft an den Schränken neue Leute, kommt mit ihnen ins Gespräch und redet über Literatur.“ Die durchweg positive Resonanz der Bürger habe dazu geführt, dass man auch nach Ende des Projekts die Bücherschränke weiterführt. Die Entscheidung, wo ein neuer Schrank aufgestellt wird, und dessen Finanzierung übernehmen die entsprechenden Ortsbeiräte. Sie suchen auch passende Paten, die sich um „ihre“ Schränke kümmern und für Ordnung sorgen.

Der Pate eines Schranks in der Berger Straße ist Joachim Raabe von Eaglebauer Enterprises. Die Idee, eine Patenschaft zu übernehmen, kam von seiner Frau, aber auch er war gleich begeistert und wandte sich an den Ortsbeirat. Seit zwei Jahren sieht er bei seinem Schrank nun nach dem Rechten – im wahrsten Sinne des Wortes, wie Stefan Majer meint: „Unsere Schränke unterliegen zwar keiner Zensur, aber sollte jemand ‚Mein Kampf‘ oder Pornos in den Schrank legen, werden diese von den Paten entfernt.“ Probleme dieser Art hat Joachim Raabe aber nur selten: „Solche Aktionen kommen nicht sehr häufig vor.“ Die Bürger in Bornheim seien bei Ankunft des Schranks erst mal misstrauisch gewesen, weil es ein neues Konzept war, das sie noch nicht kannten und bisher noch nicht hatten. Jetzt gebe es aber viele regelmäßige Nutzer der Schränke, von denen Bauer gutes Feedback bekomme. Die Nutzer kämen aus allen Altersstufen und Nationen. Bisher habe es noch keine schwerwiegenden Beschädigungen gegeben. Allerdings passen mittlerweile alle auf den Schrank auf. „Wenn nachts Betrunkene randalieren wollen, kommt eine klare Ansage von einem Anwohner aus dem Fenster und dann ist auch wieder alles in Ordnung“, sagt der Pate.

Insgesamt gab es in der Geschichte der Frankfurter Bücherschränke nur zwei schwerwiegende Beschädigungen: Ein Schrank wurde ausgeräumt, ein anderer mitsamt seines 60 Zentimeter tiefen Fundaments umgeworfen. Bis auf diese Ausnahmen sind die Schränke aber wohl robust genug, um Attacken zu trotzen, außerdem werden sie ja von ihren Nutzern geschützt.

Diese schätzen besonders die Unkompliziertheit der Schränke. Die 72-jährige Antje Jörger meint dazu: „ Als echte Leseratte werde ich immer ganz kribbelig, wenn ich keine neuen Bücher zuhause habe.“ Deshalb habe sie im Laufe der Jahre immer mehr Bücher angesammelt, die sie nicht mehr lese. Jetzt stehen immer noch Bücherkisten bei ihr im Keller, die sie nach und nach zum Bücherschrank an den Dornbusch bringen möchte. „Eben habe ich mir überlegt, auch selbst mal ein Buch auszuleihen. Ich bin Mitglied in einer Stadtbibliothek und finde das Prinzip sehr praktisch. Ein Bücherschrank ist noch unkomplizierter“, meint Frau Jörger. Die Schränke haben keine konkreten Öffnungszeiten und eine Mitgliedskarte ist auch nicht nötig. Allerdings sind die Bücher auch älter. „Man kann nicht mit einer bestimmten Erwartung herkommen, aber beim Stöbern erlebt man vielleicht positive Überraschungen oder kann einfach mal etwas anderes ausprobieren“, erklärt sie. Überraschend ist das Sortiment der Bücherschränke sicherlich: In den Regalen stehen Thriller von Stephen King, neben Romanen mit Titeln wie „Stimme des Herzens“ und Klassiker wie „Liebe in Zeiten der Cholera“ teilen sich ein Fach mit „Tausend miesen Tennis Tricks“ oder dem „Jahrbuch der Sozialarbeit 1976“. Die Schränke dürften also für jeden Geschmack etwas bereithalten – nun auch in Zeilsheim.

 
24. Juli 2013, 10.48 Uhr
Franziska Winterling
 
 
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