Während der Buchmesse sind die Niederlande und Flandern in der Stadt omnipräsent. Im Portikus hingegen werden zwei Belgier gezeigt: Mit ihrer Schau "White Suprematism" greifen sie die westliche Gesellschaft an - optisch.
Tamara Marszalkowski /
Flächige weiße Gebilde ragen im Portikus in die Höhe: In der Schau "White Suprematism" zeigt das belgische Künstlerduo Jos de Gruyter und Harald Thys kleine und große Skulpturen. So unterschiedlich sie in ihrer Form auch sind, so gleich sehen sie doch alle aus: weiß lackierter Stahl, scharfe Kanten, geometrische Flächen. Ob klein oder groß, sie alle tragen ein Porträt auf einem weißen Blatt Papier mit Bleistift gezeichnet. Manch ein Gesicht kommt einem bekannt vor, manches wirkt einfach wie ein Allerweltsgesicht. Da ist zum Beispiel einer, der aussieht wie ein nordkoreanischer Diktator oder einer, der aussieht wie ein CDU-Politiker. Die leichten Bleistiftzeichnungen stehen in hartem Kontrast zum schweren Stahl, auch wenn die weißen Blätter auf ihrem weißen Untergrund fast untergehen.
De Gruyter und Thys zeigen hier alles andere als willkürlich gewählte Gesichter. Sie interessieren sich besonders für sonderbare Charaktere. Menschen, die sehr eigene Ansichten haben und in ihrer Kopfwelt leben. Meist verwenden sie viel Energie darauf aus der Masse herauszustechen und gerade das macht sie wieder so blass. Inspiration für solche Figuren finden die Künstler entweder in der Öffentlichkeit oder auch auf Youtube. Diese spezielle Eigenschaft, die den Figuren innewohnt, spiegelt sich auch in den Stahlkonstruktionen wieder. Da ist eine Gruppe kleiner Skulpturen, die wirken als würden sie sich regelrecht winden, biegen und schier brechen. So sehr scheinen sich die kleinen Figuren anzustrengen, um irgend möglich aus diesem weißen Rauschen ausbrechen. Doch sie fallen kaum auf.
Nicht nur die Gesellschaft im universalen Sinne ist gemeint. Die große Anordnung in der Mitte, die über sechs Meter in die Höhe strebt, nennen die Künstler "White Elements (American Composition)". Und tatsächlich sieht sie aus wie ein Empire State Building. Da gibt es auch einen italienisch anmutenden Torbogen oder eine "German Composition". Doch immer ist die westliche Gesellschaft gemeint.
Der Titel der Ausstellung ist an den Suprematismus angelehnt, eine Stilrichtung der Moderne. Sie entstand in Russland und stellte die Empfindung in den Vordergrund. Die gegenständliche Darstellung der Natur überwand man und reduzierte alles auf geometrische Formen. Auch de Gruyter und Thys übersetzen mit ihren Skulpturen alles auf eine geometrische Ebene. Im Portikus macht sich eine eindringliche Ödnis breit. Manch einen Besucher verleitet sie zum nachdenken. Den anderen dann eher zum Selfie-machen.
>> "White Suprematism", bis 20. November 2016, Portikus, Alte Brücke 2 / Maininsel. Mehr Informationen unter www.portikus.de.
>> Am 3. November 2016 soll es einen Artist-Talk mit Jos de Gruyter und Harald Thys und einem Fake-Orgel-Konzert im Portikus geben.