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Fauler Sauber

0804_herlManche Sachen bleiben einfach aktuell. So wie die folgende Kolumne von Michi Herl aus dem Jahr 2004.

Katalog für künftige Maßnahmen der „Stabsstelle Sauberes Frankfurt“. Zur alsbaldigen Umsetzung empfohlen von Bürger Herl.

1. Die Idee, künftig alle Sonnenschirme im Innenstadtbereich zu vereinheitlichen, ist im Kern zu begrüßen. Anzustreben allerdings, dass auch alle Kellner gleich aussehen und gleich heißen, am besten „Karl-Heinz“. Weibliches Personal ist aus Gründen der innenstadtverschmutzenden Menstruationsgefahr nicht zugelassen.

2. Es ist untragbar, dass Gäste im Innenstadt­bereich verschiedene Speisen zu sich nehmen. Da isst der eine eine Bratwurst, der andere ein Schnitzel! Wo kommen wir denn hin. Zu einem sauberen Frankfurt gehört die Egalisierung des Essensangebots: Rippchen für alle, Vegetarier kriegen nur den Knochen serviert, da sie ja bekanntlich kein Fleisch ­essen.

3. Ist auch beim Rippchen das letzte Wort noch nicht gesprochen. Empirische Untersuchungen von Bürger Herl ergaben, dass in dieser Stadt mindestens zwei Dutzend verschiedene Arten von Rippchen angeboten werden. Es ist also Zeit für eine Sonderkommission der Stabsstelle zur Normung der Rippchen. Ein Frankfurter Rippchen muss 183 Gramm schwer sein, einen Fettanteil von 22 bis 24 Prozent haben, und die Krümmung des Rippenbogens muss sich im Bereich zwischen 17 und 19 Grad bewegen. Verkauft ein Wirt fettere, schwerere oder krummere Rippchen, verliert er sofort seine Innenstadtkonzession und muss im Speck­gürtel neu anfangen.

4. Im Zuge dessen empfiehlt sich auch eine Uniformierung von Passanten. Wer schon unbedingt in die City zu Fuß möchte, hat einen grauen Poncho mit der Aufschrift „Ich liebe ein sauberes Frankfurt“ anzulegen. Der Poncho besteht aus Maismehl und ist nach Verlassen der Innenstadt rückstandsfrei aufzuessen. Wird ein Besucher der Stadt von Mitarbeitern der Stabsstelle beim Verfüttern des Ponchos an Tauben erwischt, so hat er an Ort und Stelle unter Aufsicht des Außendienstmitarbeiters die Tauben zu verzehren.

5. Das Sprechen in der Innenstadt ist verboten. Erlaubt ist lediglich der Satz „Jawoll, Herr Außendienstmitarbeiter der Stabsstelle Sauberes Frankfurt“. In Ausnahmefällen sind Abwandlungen wie „Zu Diensten, Herr ...“ oder „Ergiebigst, Herr ...“ zu tolerieren. Vom Ablecken der Schuhe ist aus hygienischen Gründen abzusehen.

6. Hunde haben künftig ihre Haufen selbst zu entfernen und müssen ihre Halter ständig anleinen, da diese in letzter Zeit zu einem immer größeren Sicherheitsrisiko werden. Unlängst wurden gar Rentnerinnen vermummt bei ­einer Demonstration auf dem Römer gesehen. Für den Fall, dass diese sich wehren, werden die Hunde mit Pfefferspray ausgerüstet.

7. Einführung der Maut für Autos in der Innenstadt. Künftig erhält jeder Autofahrer, der die City ansteuert, pro angefangenem Kilometer 32 Cent ausgezahlt, außerdem pro Minute Stehen mit laufendem Motor weitere 12 Cent. Warum dies so sein muss, ist Bürger Herl zwar nicht bekannt, doch die im Magistrat werden schon wissen, warum sie das Autofahren in Frankfurt immer attraktiver machen. Es muss also etwas mit „Sauberkeit“ zu tun haben.

8. Im gesamten Innenstadtbereich gilt ab sofort eine Mindestgeschwindigkeit von 80 km/h. Für Kraftfahrzeuge mit integrierten Bassboxen, tiefer gelegtem Fahrgestell, verbreiterten Reifen gilt eine Mindestgeschwindigkeit von 120 km/h, ebenso für alle Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen MTK, OF, HG und VB.

9. Daraus ergibt sich ein Mehrbedarf an Park­häusern. Die Tiefgarage unter dem Roßmarkt ist zwar ein tauglicher Ansatz, doch keine ausreichende Lösung. Es müssen also alle Wohnhäuser in der City zu Parkhäusern umgebaut werden, wohn­hafte Menschen sind sowieso ein potenzieller Stör­faktor, da es nie auszuschließen ist, dass sie Zigarettenkippen aus Fenstern auf den Gehweg werfen oder gar sich selbst.

10. Radfahrer sind schlimmer als Tauben. Also sollten speziell geschulte Kampfbussarde künftig Radfahrer im Sturzflug angreifen und ihnen in die Schädelschwarte hacken. Die dabei entstehende Sauerei ist von den Hundebesitzern zu beseitigen; zu diesem Zwecke dürfen sie kurzzeitig von der Leine gelassen werden.

11. Der unmotorisierte Aufenthalt am Main ist ab sofort nur noch Enten, Möwen und der Oberbürgermeisterin gestattet.

Erschienen im Journal Frankfurt, 8/2004
 
3. Juni 2009, 11.37 Uhr
Michi Herl
 
 
Fotogalerie:
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