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Euphorisch melancholisch – Natascha Leonie im Orange Peel

aufmacherWer das Konzert von Natascha Leonie zur Präsentation des Debütalbums „Forget Humble“ im Herbst in der Fabrik in Frankfurt verpasst hat, der hat jetzt am 21.12., 20 Uhr noch einmal Gelegenheit, die in London lebende Frankfurter Singer/Songwriterin live zu sehen. Im Orange Peel in der Kaiserstraße 39 (Hinterhaus), einem neuen Club mit Patina und viel Atmosphäre. Wir haben vorab schon mal mit Natascha Leonie gesprochen

Du hast im Oktober in der brechend vollen Fabrik den Release Deines Debütalbums „Forget Humble“ gefeiert, warst präsent in allen regionalen Medien und hast damit sicher für Erstaunen gesorgt bei jenen, die dachten, da kommt eine neue Sängerin quasi aus dem Nichts.... Aber Natascha Leonie hat eine Geschichte...


Aus dem Nichts? Aus dem Schatten? Schattenmorellen? Springforellen mag ich nicht! Sag doch mal Bouillon! (Janosch) Es war ein ganzes Stück Arbeit bis es endlich soweit war! Wir haben monatelang darauf hin gearbeitet, und waren froh, dass der Tag endlich kam und alles gut geklappt hat!

Und Du hast nicht nur aktiv Musik gemacht, sondern warst auch Konzertpromoterin? Wie kam es dazu?

Ich habe Damien Rice kennen gelernt, als ich noch in Frankfurt zur Schule ging und er noch auf der Straße spielte. Er saß eines Nachts in Galway an einer Ecke, als ich mit meiner Freundin Katja aus einem Pub kam. Wir kamen ins Gespräch und haben uns dann ein paar Wochen später in Hamburg wieder getroffen. Als er mal nach Frankfurt kam, habe ich ein Konzert im Club Voltaire organisiert. Ein paar Monate später dann auch in anderen Städten. Daraufhin riefen dann seine Freunde aus Irland an und wollten auch alle mal kommen und spielen. Und plötzlich war ich nach dem Abi mit halb Irland auf Tour durch Deutschland unterwegs.

Du bist Frankfurterin, lebst aber in London... Dahin sind schon viele Popstars übersiedelt, Björk aus Island, Tina Dico aus Dänemark... Hatte der Umzug musikalische Gründe?

Ja und nein. Ich hatte die Möglichkeit, dort am College Musik zu unterrichten. Und da mein Freund in London wohnte, bot es sich an. London war nie meine Traumstadt und ich dachte eher, ich würde mal nach Irland ziehen! Inzwischen lebe ich aber gerne dort und gerade musikalisch ist es natürlich von Vorteil.

Natascha _Leonie_London_0159
Wenn man wie Du Channel-Hopping betreibt, wie lässt sich da eine gute Liveband halten?

Halten schon mal gar nicht! Es kommt immer darauf an, wer gerade Zeit hat und in welchem Land ich gerade unterwegs bin, denn die Jungs leben auf England, Irland, Spanien und Deutschland verteilt. Immer alle Reisekosten zu decken, ist heutzutage unmöglich. Zum Glück kann man aber heute schnell und einfach Probenmitschnitte per Email versenden, so dass jeder weiß, wie die Songs arrangiert sind und sie sich verändern. Es gefällt mir keine feste Band zu haben, denn die Konzerte sind dadurch nie ‚überprobt’ oder steril routiniert. Die Lieder entwickeln sich immer wieder anders, je nachdem wer gerade dabei ist. Dadurch bleibt es spontaner und abwechslungsreicher.

Erzähle mal was zu Deinen Musikern. Da sind ja echte Charakter darunter wie Dein Geiger Christophe Capewell?

Ich habe auf Tour versucht, mit der Kamera fest zu halten, was diese Band ausmacht. Leider sind die Witzbolde vor der Kamera immer alle ganz verhalten. Christophe sieht aus als wie ein irisches Rumpelstilzchen das ich am Ende eines Regenbogens unter einem Topf Tofu hervorgezogen habe, geigt aber wie ein junger Gott. Harry sieht aus wie ein Matrose, wegen des Barts und des Akkordeons. Ich hoffe ich kann ihn irgendwann überreden, einen Anker mit meinem Namen auf seinen Arm zu tätowieren, dann kann er als Pirat auf dem Traumschiff anheuern. Gegen diese beiden Zirkuspferdchen sehen Ronny, Kayvan und Nico geradezu langweilig aus, nur weil sie gelernt haben sich anzuziehen und zu rasieren!

Du hast in Frankfurt, London und Dublin Songs für Dein Album produziert. Wie kam es dazu?

In London habe ich unter anderem in einem Studio unterrichtet, wo ich auch umsonst aufnehmen konnte. Mit der Zeit habe ich mich auch zu Hause soweit eingerichtet, dass ich dort Gesang aufnehmen kann, denn dazu habe ich am liebsten meine Ruhe. In Dublin habe ich aufgenommen, da es einfacher war für mich mit Laptop dorthin zu fliegen, als für die Iren mit Instrumenten nach London. Und da Ronny in Frankfurter Studios arbeitet kam das auch noch auf die Liste und wurde letztendlich unser Hauptquartier!

Dein Album überrascht nicht nur musikalisch, sondern auch mit einem selbstbewussten Titel: „Forget Humble“. Eine Art Selbstsuggestion, Aufbruchstimmung und die Ermunterung an Dich selbst, jegliche Art von Zurückhaltung und Schwäche aufzugeben?

So könnte man es auch sagen, ja! Wobei Schwächen bei Musikern ja zum Glück die Stärken sind.

Der Bär in Dir scheint gefragt – der taucht ja als Eisbär schon auf Deinem CD-Cover auf. Was hat es denn mit den Tieren bei Dir auf sich?

Der Eisbär ist eigentlich nur die Verbildlichung der Worte forget humble. Er verkörpert die Eigenschaften, die ich für dieses Projekt aus mir herausholen kann und will. Aber ich erwarte nicht, dass das jemand versteht. Einigen wir uns auf es ist mein Lieblingstier?

Natascha_Leonie_Seele_Foto_www.detlef-kinsler.deIm Journal Frankfurt stand zur Veröffentlichung des Albums: Ein musikalisch und textlich so souveränes Album hat man aus Frankfurt selten gehört. Natascha Leonies Singer/Songwriter-Definition scheint geprägt von US-amerikanischem Country-Pop und fast klassischem englischen Folk, zum Teil mit einfühlsamer Geige instrumentiert. Und auch die Klassik hat Spuren hinterlassen. Besonders berührend sind ihre Piano-Balladen. Findest Du Dich da wieder als erklärte Eklektikerin?

Na klar! Ich mag Musik, sobald sie authentisch ist. Ob das auf der Blockflöte oder der Telecaster passiert ist mir egal. Ich esse ja auch nicht jeden Tag chinesisch. Die Engländer essen Pommes zur Lasagne, aber da sagt keiner was!!!!!!

Erkläre mal Deine Affinität zu Folk und Country, ein nicht gerade alltägliches Phänomen in Deutschland und auch selten (höre Truckstop bis The Boss Hoss) gut gelöst...

Ich tue mich mit solchen Begriffen immer schwer. Folk sagt man heute zu der Kombination von Gitarre und Gesang. Ich nenne so etwas Singer/Songwriter, auch ein Begriff, der eigentlich nicht viel Sinn macht. In meinem Fall ist Folk glaube ich das Kürzel von Irish folk und daran ist natürlich mein Geiger Schuld! Hätte er Klarinette gespielt, würden es die Leute vielleicht Jazz nennen. Die Musikstile sind ja eigentlich nur die Verziehrungen und Schnörkel, die dem Lied als Basis aufgemalt werden. Die Lieder entstehen als Lied an sich. Der Stil des Arrangements entsteht je nach Laune und Location. Wenn man sich Hut, Sporen und affektierte Dialekte wegdenkt, ist Country eine super Sache! Vor allem Paul White (einer der Gitarristen auf „Forget Humble“) ist ein großer Country-Fan. Und wenn man erst mal ein Banjo, eine Resonator- und eine Pedal-Steel-Gitarre im Studio aufgebaut hat, kommt der Rest von ganz alleine. Wenn ich „Bisquit“ alleine am Klavier spiele, hat es mit Yehaaa nichts mehr am (Cowboy)Hut.

Auch wenn es schöne Uptempo-Nummern auf Deinem Album gibt, Du Dich eingängigen Melodien nicht verschließt und auch Problem mit dem Mainstream liebäugeln kannst – schlummert in Dir tief drinnen die große Melancholikerin, die in der Musik ihre Ventile sucht?

Wenn ich gut gelaunt und verliebt die Blumenwiese entlang hopse, habe ich meistens keine Ambitionen, dass in ein Lied umzusetzen. Dann bin ich ja mit Zufriedenheit gesegnet und habe Besseres zu tun. Wenn die Blumen verwelkt sind und ich alleine oder in schlechter Gesellschaft mit einer Flasche abgestandenem Pils vor dem Fernseher sitze schon eher. Ich fühle mich aber melancholisch sehr wohl, denn es bedeutet nachdenklich zu sein. Und somit hat man den Feind - die Gleichgültigkeit – überwältigt und kann richtig euphorisch melancholisch ein Lied schreiben und sich dadurch wiederum selbst mit Zufriedenheit segnen. Und wenn ich nicht gestorben bin, dann denke ich noch heute.

In Deinem Info stand – mit schönen Grüßen auch an Tori Amos, Damien Rice und Alanis Morrisette –, dass Du Dich gerne auch mal mit Beziehungsproblemen mit „beinah sonnigem Humor“ auseinander setzt? Ist damit ein eigentlich positiv klingender Titel wie „Monuments“ gemeint, wo Du aber mit sehr interessanten Bildern einen Ex zerpflückst?

Alles falsch! „Monument“ hat gar nichts mit einem Ex zu tun! Aber da kannste mal sehen! Eigentlich ist es auch egal, ob es sich um eine Liebesbeziehung im klassischen Sinne handelt oder nicht, denn die Probleme sind ja eigentlich trotzdem die gleichen. Wo das mit dem Humor herkommt...hmmm. Damit ist vielleicht meine Selbstironie gemeint. Die brauch ich auch ganz dringend! Wenn man nicht über sich lachen kann, machen Fehler keinen Spaß.

Und dann gibt es romantische Liebeslieder wie „Armchairs“, die aber auch nicht ganz ohne sind...

Nicht ganz ohne was? Drama? Herzschmerz? Ich sehe „Armchairs“ gar nicht als romantisches Liebeslied. Es ist nur eine Momentaufnahme, symbolisch für Fehlentscheidungen wenn man so will. Ich glaube wäre ich in den „Armchairs“ geblieben gäbe es „Forget Humble“ vielleicht gar nicht. Aber ich habe daraus gelernt Pläne umzuschmeißen, wenn sie sich nicht richtig anfühlen.

Du hast Dein Album fast im Alleingang gemacht – der Ausdruck eines echten Indie-Geistes?

Zu viele Köche verderben den Brei! Ich arbeite gerade an einem Album, dass ich nicht alleine schreibe.... Mal schauen, was dabei rauskommt! Ist aber ganz top secret...

Im Dezember legst Du noch ein paar Konzert nach, u.a. am 21.12. im Orange Peel. Was darf Dein Publikum da so kurz vor Weihnachten von Dir erwarten und was ist für 2010 alles geplant?

Der 21.12. wird der Abschluss einer Deutschlandtour und auch der sentimentale letzte Auftritt in diesem wahnsinnig spektakulären Jahr! Ich bestehe auf Tränen. Ganz großes Kino. Vielleicht ein Fünfteiler. Ich werde mich für jedes Lied umziehen, wie Madonna, aber trotzdem live singen. Und die Pyrotechniker üben jetzt schon, wie sie das emotionale Feuerwerk mit Stichflammen übertrumpfen können. Von der Lasershow will ich gar nicht erst anfangen! Und die Tänzerinnen.... Ach ein Augenschmaus für Jung und Alt! 2010? Also auf jeden Fall sind Schweden, Spanien, Irland, England und Deutschland auf der Tourliste. Wenn ich es vor dem Sommer (Festivals juhu!) noch schaffe auch die USA. Ich hoffe für meinen überwältigenden Auftritt im „Tatort“ (Link) natürlich auf einen Oscar. Wenn ich mit dem Boomerang besser umgehen kann vielleicht auch mal eine Kochsendung. Aber nur wenn meine Band den Reiner Calmund auch bedienen darf, denn wenn ich noch einmal das Wort Schinkenplatte höre lerne ich Saxophon!

Interview: Detlef Kinsler, Fotos: Promo, Detlef Kinsler
 
18. Dezember 2009, 15.31 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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