Eine restaurierte Kostbarkeit

Schätze unterm Firnis

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Dem Schächer-Fragment verhalfen die Städel-Restauratoren Stephan Knobloch und Annegret Volk wieder zu neuem Glanz. Wir warfen einen Blick hinter die Kulissen.

Anett Göthe /

Die Gemälde-Restaurierungswerkstatt des Städel Museums ähnelt einer Mischung aus Atelier und Labor, mit Staffeleien und zahlreichen Untersuchungsgeräten wie Mikroskopen, einer digitalen Röntgenanlage sowie einer Infrarotkamera. Mit diesen technischen Hilfsmitteln kommen die Restauratoren den Kunstwerken so nah, wie es ein Museumsbesucher niemals dürfte. Dank der hier arbeitenden Experten kann der Besucher die Botschaft von mitunter jahrhundertalten Kunstwerken, die durch die Zeit in Mitleidenschaft gezogen wurden, endlich wieder wahrnehmen, wertschätzen und verstehen.

Aktuell zeigt das Liebieghaus die Ausstellung „In neuem Glanz“, die von Jochen Sander, Sammlungsleiter für deutsche, holländische und flämische Malerei vor 1800 im Städel, kuratiert wurde und in deren Mittelpunkt das frisch restaurierte Schächer-Fragment des „Meister von Flémalle“ steht. Das um 1430 entstandene Kreuzabnahmeretabel, von dem nur ein kleiner Teil – die obere Hälfte des rechten Flügels – erhalten blieb und das sich seit 1840 in der Städelsammlung befindet, wurde zwar bisher von der Kunstwissenschaft hoch gepriesen, jedoch vom breiten Publikum oftmals unterschätzt und falsch eingeordnet. „Ich habe das Schächer-Fragment mit der Darstellung des ‚Bösen Schächers‘ im Städel als ein autonomes Tafelbild in einer Rahmenkopie angetroffen“, erläutert Stephan Knobloch, der die Gemälderestaurierung im Städel Museum leitet. „Wir hegten schon lange den Wunsch, dieses Werk zu restaurieren“, betont Knobloch. Schon bei früheren Röntgenbefunden entdeckten die Restauratoren Hinweise, dass das Fragment mehrfach überarbeitet wurde: So fanden Sie im linken Bereich des Bildes einen übermalten Engelsgewand-Zipfel und schadhafte Stellen des goldenen Pressbrokat-Hintergrundes, die im Zuge früherer Restaurierungen struktur- und farbfremd ergänzt wurden. Das strahlende Gold des Hintergrundes verlor sich durch verschiedene Überzüge von Firnis, die die Wahrnehmung von Raum im Bild und die gesamte Ästhetik stark veränderten. „Da stimmte eigentlich gar nichts mehr“, betont Annegret Volk, die die gemäldetechnologischen Untersuchungen vornahm und das Restaurierungskonzept entwickelte. Nur wenig erinnerte noch an die charakteristische Leuchtkraft und die dreidimensionale Wirkung der Malerei des „Meisters von Flémalle“. „Unsere ersten Untersuchungen an dem Fragment dienten dazu, zu verstehen, was eigentlich vom Original noch vorhanden war“, erklärt Volk. Je weiter die Restaurierung voranschritt, umso konkreter wurden ihre Vorstellungen davon, wie das Werk im ursprünglichen Zustand einst gewirkt hatte. In vielen kleinen Versuchen probierte sie, was an Restaurierungstechniken eigentlich möglich ist. „Dabei stand immer an oberster Stelle, dass das Werk auf keinen Fall geschädigt werden durfte“, sagt Volk. Die Entscheidung, ein Kunstwerk im Zweifelsfalle nicht zu restaurieren, um das Risiko seiner Schädigung zu vermeiden, müssen Restauratoren immer wieder aufs Neue treffen.

Nicht nur die ästhetische Dimension eines Kunstwerkes spielt bei der Restaurierung eine Rolle, sondern auch dessen ursprüngliche Funktion, Bedeutung und das verwendete Material. „Vor allem die Objektgeschichte ist ein wichtiger Parameter“, ergänzt Knobloch. Das restaurierte Werk sollte nicht wie frisch gemalt aussehen, sondern vielmehr den natürlichen Alterungsprozess und seine Historie erkennen lassen. „Wir waren uns von Anfang an einig, das Werk wieder als Fragment auszustellen“, betont Volk. Die Außenseite zeigt nur noch bruchstückhaft eine Darstellung des Hl. Johannes, die lange Zeit unter einer Schicht schwarzer Farbe verborgen war. „Das ist nur noch ein Fragment eines Fragments“, bemerkt Knobloch und fügt hinzu: „Da wir nicht belegen können, wie es im Original aussah, ist es nicht mehr seriös rekonstruierbar. Daher belassen wir es in diesem Zustand.“

In neuem Glanz, Ffm: Ausstellung, Liebieghaus Skulpturen Sammlung,
bis 18.2.2018, Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Eintritt: 7 Euro


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