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Die romantische Mousoncompagnie

So ist das: selbst wenn man in einer Liebesnovelle von Kurt Tucholsky versinkt, wird man an Frankfurter Geschichte erinnert. Zumindest findet sich in der 60er-Jahre-Ausgabe von Schloss Gripsholm nicht nur eine Anzeige von Aral, sondern auch eine von J.G. Mouson & Cie. Heute wird der Name Mouson nur noch mit der gleichnamigen Kulturinstitution im Ostend in Verbindung gebracht. Damals jedoch vor allem mit der Creme Mouson ("Der Creme mit Tiefenwirkung") und eben diesem hier:
Mouson Lavendel
Die Anzeige ist betextet mit den unter heutigen Reklamemaßstäben geradezu lyrischen Worten
Ein zarter Duft ist wie eine Welle der Sympathie – wie eine Botschaft von Herz zu Herz. (Sie werden uns zustimmen, wenn Sie die Seiten 125/126 ff nochmals nachlesen.)

Tatsächlich ziemlich erotisch, was sich da zuträgt. Und wie damals wird das Buch immer noch als Rowohlts Rotationsroman (rororo) verlegt (allerdings ohne Werbung, komisch eigentlich). Hier der besagte Ausschnitt, in dem Kurt seiner geliebten Prinzessin untreu wird und Sybille ("Es war schön, sie laufen zu sehn; sie hatte lange Beine, einen gestrafften Oberkörper, und ihr dunkelblaues Schwimmkostüm leuchtete auf dem rasigen Grün.") küsst:

Ich trat ein. Sie lagen im Bett, Billie in meinem: sie hatte einen knallbunten Pyjama an, auf dem hundert Blumen blühten, jetzt sah sie aus, wie die wilde Lieblingsfrau eines Maharadschas... sie lächelte ruhig in ihr Rätselblatt. Sie war beinah schön. »Was willst du?« fragte die Prinzessin. »Mein Eau...« - »Haben wir all ausgebraucht!« sagte sie. »Nu wein man nicht -- ich kauf dir morgen neues!« Ich brummte. »Habt ihr denn fertig gelöst?« -- »Wenn wir dich brauchen, rufen wir dich... Gute Nacht darfst du auch sagen!« Ich ging an sie heran und sagte artig zu jeder gute Nacht, mit zwei tiefen Verbeugungen. »Billie, was haben Sie für ein schönes Parfüm!« Sie sagte nichts; ich wußte, was es war. Das Parfüm »arbeitete« auf ihrer Haut -- es war nicht das Parfüm allein, es war sie. Und sie hatte für sich das richtige ausgewählt. Die Prinzessin bekam einen Kuß, einen ganz leise bedauernden Kuß. Dann ging ich. Die Tür blieb offen. (...)

Schloss Gripsholm »Gib mal Billie einen Kuß!« sagte die Prinzessin halblaut. Mein Zwerchfell hob sich -- ist das der Sitz der Seele? Ich richtete mich auf und küßte Billie. Erst ließ sie mich nur gewähren, dann war es, wie wenn sie aus mir tränke. Lange, lange... Dann küßte ich die Prinzessin. Das war wie Heimkehr aus fremden Ländern.

Sturm!

Als Zephir begann es - wir waren »außer uns«, denn jeder war beim andern. Es war ein Spiel, kindliche Neugier, die Freude an einer fremden Brust... Ich war doppelt, und ich verglich; drei Augenpaare sahen. Sie entfalteten den Fächer: Frau. Und Billie war eine andre Billie. Ich sah es mit Staunen.

Ihre Züge, diese immer ein wenig fremdartigen Züge, lösten sich; die Augen waren feucht, ihre Gespanntheit wich, und sie dehnte sich... Der Pyjama erblühte bunt. Nichts war verabredet, alles war wie gewohnt -- als müßte es so sein. Und da verloren wir uns.

Und so weiter und so fort. Wer die Ausgabe von 6,90 Euro für das wirklich lustig-leichte Lesevergnügen scheut, der kann das Buch auch online lesen: bei der freien digitalen Bibliothek. Und nun noch ein romantisches Wochenende.
 
4. Januar 2008, 16.00 Uhr
Nils Bremer
 
 
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